Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)
Mein bester Freund ist Mobby.
Ich registriere mit Bedauern, dass es im Publikum unruhig wird. Oder spielt mir mein geschundener Verstand einen Streich? Ich komme ja schon dazu, mein Aussehen zu beschreiben. Mein Gott, haben Sie noch nie etwas von Taktgefühl gehört? Ich rede über die Liebe meines Lebens. Na gut, wieder hinsetzen und Klappe halten! Vergeben und vergessen! Es geht weiter.
Wie erwähnt, ist Mobby alt und viel herumgekommen. Vor drei Monaten, der Sommer stand in den Startlöchern, in den Nachrichten ging es nur um einen religiösen Fanatiker, der Menschen tötete, um mit ihren Seelen in den Himmel aufzusteigen, musste mein Mobby mal wieder in die Werkstatt. Der Keilriemen hatte seine Pflicht erfüllt und musste ausgewechselt werden.
Da ich an dem Tag noch kleinere Einkäufe zu erledigen hatte (auch ein Auftragskiller braucht mal Butter oder Klopapier), stieg ich notgedrungen auf den öffentlichen Nahverkehr um. Ich enterte einen miefenden Bus und erspähte nur noch einen freien Doppelsitz in dem überfüllten Gefährt. In dem Massentransportmittel roch es unangenehm nach Bürohengsten, die vorzeitig aus ihren Stallungen gelassen wurden. Eine Kombination aus Schleim und billigem Deo.
Ich setzte mich ans Fenster und sta rrte hinaus auf die graue Stadt. Draußen hatte ein Kind sein Eis fallen gelassen und bekam dafür einen gehörigen Anpfiff von seiner Mutter. Um mich herum herrschte ein mittellautes Gemurmel, das aus allen vorhandenen Himmelsrichtungen zu mir dröhnte.
Ich konzentrierte mich in dem Stimmengewirr auf ein Gespräch hinter mir, das sich zufällig um mich drehte. Zwei Sitzreihen von mir entfernt tuschelten zwei junge Mädchen. Sie flüsterten, waren aber immer noch zu laut für mein feines Gehör. Als Killer braucht man ein gutes Gehör. Wie Sie wissen kann hinter jeder Ecke (oder jedem Busch) der Tod lauern. Ich hatte die beiden bereits beim Einsteigen bemerkt, eine Blondine und eine beleibtere Brünette. Die schlanke Blondine hatte mich ein wenig zu lange angeglotzt und so mein Misstrauen geweckt. Neben ihr hockte ihre unmotivierte, füllige Freundin. Sie kaute Kaugummi und schien sich für nichts auf der Welt zu interessieren. Die Blonde sülzte sie fortwährend zu; die Brünette murmelte gelegentlich ein paar zustimmende Laute. Steigen wir in das Gespräch ein, soweit ich es noch zusammenkriege. Leichte Abweichungen inklusive.
» Sag mal, der Typ, der gerade eingestiegen ist, der sieht irgendwie aus wie Paulas Vater«, zirpte die Blonde. »Kann das sein?«
» Möglich, hab‘ nicht hingesehen«, gähnte die Gelangweilte.
» Ja, ich meine ja nur. Er ist es natürlich nicht, aber er sieht ihm zum Verwechseln ähnlich. Er hat dieselben kurzgeschorenen graumelierten Haare. Paulas Vater ist nämlich Offizier bei der Bundeswehr. Die müssen so eine Frisur tragen. Ich finde das bei einem Typen ja nicht so sexy.«
» Mh-mh.«
» Ob der Mann auch bei der Armee ist? Ich gehe jede Wette ein. Der hat so streng geguckt mit seinen dunklen braunen Augen, als wäre er es gewohnt, Leute zusammenzustauchen. Und sein Kinn, so gebieterisch und hervorstehend. Sehr männlich. Ich glaube, der Kerl ist auch gut in Form. Macht bestimmt regelmäßig Fitness. Die richtige Größe hätte er auch. So eins-fünfundachtzig. Was meinst du?«
» Was?«, gähnte die Mollige abwesend.
» Hey Sarah, ich rede mit dir! Wo bist du mit deinen Gedanken? Spreche ich mit der Wand? Ich wollte von dir wissen, ob der Mann beim Militär sein könnte?«
» Was weiß ich? Wer könnte denn nicht beim Militär sein?«
» Danke für die Hilfe«, stöhnte die Blonde. »Der Mann hat irgendetwas Geheimnisvolles an sich. Der weiß etwas, was wir nicht wissen. So ein Mist! Aber irgendwie denke ich doch nicht, dass der beim Militär ist.«
» Aha?«
» Ja, der hat einen Dreitagebart. Paula sagte mal, dass die Offiziere immer glattrasiert sein müssen.«
» Vielleicht hat er Urlaub.«
» Ach Sarah, du redest einen Unsinn! Soldaten machen nie Urlaub. Das heißt bei denen ‚Freigang‘, meine ich. Bestimmt ist der Kerl beim Geheimdienst oder so. Sein Anzug ist schwarz und offensichtlich nicht von der Stange. Der wurde edel ausgestattet. Wo könnte der arbeiten? Mann Sarah, hilf mir doch mal!«, stöhnte die Blonde.
» Der ist von der Müllabfuhr und geht zu einer Beerdigung. Meine Meinung.«
» Sehr komisch!«
» Denk doch, was du willst! Die Antwort ist genauso wahrscheinlich wie dein Quatsch von wegen Geheimdienst.«
So
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