Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)
studiert an der Leipziger Universität Pharmazie. Brünett, etwas mollig, braune Augen, nicht unbedingt die hübscheste Frau auf Erden. Mehr brauche ich Ihnen doch nicht zu erzählen, oder?«
» Dann wäre ich nicht der Beste«, stellte ich lächelnd fest. Tatsächlich hatte ich Aufträge schon mit weniger Informationen angehen müssen. Manchmal bekam ich falsche oder unvollständige Namen übermittelt oder nur grobe Beschreibungen der Zielpersonen. Suchen Sie mal einen schlanken Thomas in Berlin. Es glich oftmals der Nadel im Heuhaufen. Aber ich brachte meine Missionen immer zu einem erfolgreichen Ende. Man muss nur wissen, wo man die Hebel ansetzen muss. Bezüglich des Mädchens hatte ich sofort einen Plan in petto. Ich wollte Hanna über ihr Studium ausfindig machen.
» Okay«, röchelte mein Auftraggeber. »Ich zahle Ihnen dafür einhunderttausend Euro. Das liegt über Ihrem normalen Honorar, also sollte das in Ordnung gehen. Ich vertraue auf Ihr Können. Sie ist es mir wert.«
Ich nehme Hinrichtungen ohne Sonderwünsche sonst auch für die Hälfte des gebotenen Geldes an. »Sie haben sich über mich informiert. Wo bleibt da mein Verhandlungsspielraum?«, versuchte ich, einen Witz zu reißen.
Der Kerl war bierernst und ging nicht darauf ein. »Ich bezahle Sie per Check, sobald das Mädchen tot ist.«
» Wollen Sie irgendeinen Beweis für ihr Ableben?«, hakte ich nach.
Der Mann hustete in den Hörer. Vielleicht war er tatsächlich starker Raucher, oder er hatte sich einfach nur verschluckt. »Ich werde wissen, wenn es soweit ist. Sie haben vierzehn Tage Zeit, sonst suche ich mir einen anderen für die Arbeit.«
» Das wird nicht nötig sein«, beruhigte ich den Mann.
Bevor wir uns noch näher kennenlernen konnten, legte er auf.
Ich bewunderte ungläubig mein Telefon und zuckte die Achseln. Leute g ab es. Das unhöfliche Beenden des Telefonats bereitete mir keine weiteren Kopfschmerzen. Die meisten Auftraggeber redeten nur das Nötigste mit mir und vergaßen häufig ihre Manieren. Ich bin eben nicht viel besser als eine Hure, der man seinen Willen aufzwingen kann. Befehl, Ausführung, Bezahlung. Kuscheln kostet extra. Und niemand wollte sich länger als nötig mit mir herumschlagen. Manchmal ist mein Leben sehr einsam, aber ich habe mich damit arrangiert.
Ich setzte mich in meinen ausklappbaren Ledersessel und machte die Beine lang. Ja, lang, nicht breit. Die Assoziation mit einer Hure passt bei mir nicht auf jede Lebenslage.
Meine Gedanken galten nur Hanna Cramme, die keine vierzehn Tage mehr zu leben hatte und vermutlich gerade ihre Semesterferien mit ihren Freunden genoss. Vielleicht bereitete sie sich auf einen netten Abend mit Bier, Haschisch und Sex vor und stöhnte innerlich über den bald wieder bevorstehenden Studienalltag. Lernen und den Hintern im Hörsaal plattsitzen. Ich wollte ihr diese Sorgen abnehmen und gleichzeitig meinen Lebensabend weiter absichern. Jeder muss zusehen, wie er in dieser Welt zurechtkommt! Vorfreude auf den Job konnte ich aber nicht empfinden. Das sollte wieder so ein Auftrag werden, der mich nicht mit Stolz erfüllt, sondern mit Scham. Aber ich war dennoch fest entschlossen, am nächsten Tag nach Leipzig zu fahren. In die Stadt der Dichter und Denker, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Leipzig ist nicht unbedingt die schönste Stadt auf Erden, bei Weitem nicht. Aber sie versprüht ihr ganz eigenes Flair. Ein Mix aus DDR und Moderne, Wissenschaft und einfachem Bürgertum. Die Stadt ist äußerlich grau, besitzt dennoch ein buntes Herz. Sie leidet unter einem unsichtbaren Schild der Unterdrückung, das zu bersten droht. Ich gebe dieser ostdeutschen Metropole noch ein paar Jahre Zeit zum Gedeihen und sie könnte in den buntesten Farben erblühen. Der Ort besitzt Kultur durch Goethe, Schiller und Bach; sowie Geschichte durch die berühmte Völkerschlacht, die Napoleon 1813 in die Knie gezwungen hat. Unvergessen sind die Montagsdemonstrationen, die die DDR zum Einsturz gebracht haben. Auch wichtige Wirtschaftsunternehmen sind an diesem Ort heimisch geworden, zum Beispiel Außenstellen großer Automobilkonzerne. Trotzdem fehlt der Stadt das i-Tüpfelchen, um zu einem der bedeutendsten Orte des Landes aufzusteigen. Was nicht ist, kann natürlich noch werden.
Vielleicht irre ich mich auch mit meiner Meinung, denn so oft habe ich Leipzig noch nicht besucht. Ein Einheimischer wird wahrscheinlich anders über seine Heimat reden. Mich hat bislang nur eine Hand
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