Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)
dem Leben eines Auftragskillers‘. Ich musste höllisch aufpassen, dass meine Geschichten den realen Fällen nicht zu sehr ähnelten. Ich wollte ja mit dem Buch kein Geständnis ablegen. Viel mehr meißelte ich in dem Buch meine Weltanschauung ein und öffnete dem Leser die Tür in meinen seelischen Abgrund. Was soll ich sagen? Ich bewies diesbezüglich Talent. Seitdem kann ich mich als Autor bezeichnen. Mein Schreibstil interessierte die Leute. Ich fand einen Verlag, der die Kurzgeschichten wegen ihrer ungewöhnlichen Authentizität schätzte und erregte damit nicht zu viel Aufmerksamkeit, um ungebetene Schnüffler anzulocken. Das Buch verkaufte sich sogar ganz ordentlich. Es wurde gewiss kein Besteller, aber es rangierte in seiner besten Woche auf Platz zweiundvierzig in den deutschen Lesecharts.
Für mich war en die Geschichten mehr als ein bescheidener Nebenverdienst. Sie hatten symbolischen Wert. Ich konnte mit der Welt sprechen, ohne mich zu enttarnen. Ein Sprachrohr für meine geschundene Seele. Und manche Menschen hörten mir tatsächlich zu. Ich war entsetzlich froh darüber. Vielleicht lebte ich doch nicht so realitätsfern, wie ich es manchmal von mir annahm. Eines Tages könnte ich ein stinknormalen Alltag führen und den Rasen in meinem Vorgarten mähen, die Nachbarskinder anschreien, wenn sie darüber trampelten. Außerdem hätte ich mit dem Schreiben ein Hobby für meinen Ruhestand, damit ich mich in Zukunft nicht ganz so sehr langweile.
Ich könnte noch viele Kurzgeschichten oder sogar einen ganzen Roman schreiben. Dafür habe ich genug erlebt. In meinem Kopf schlummert Stoff für tausende Seiten. Ein kaltblütiger Mörder in Rente auf den Bestsellerlisten. Kann man sich das vorstellen? Sie meinen, nicht? Wenn nicht, dann frage ich mich, warum Sie noch immer an meinen Lippen kleben. Erwischt! Aber Scherz beiseite! Ich will Sie nicht länger auf die Folter spannen. Es geht um Hanna und nicht um meine bescheidene Schreibkunst.
Sie hat mich von meinem Thron gestürzt und verdient deshalb die volle Aufmerksamkeit. Der Job begann auf dieselbe Weise wie immer, na ja fast...
Ich erhielt einen Anruf von einer unbekannten Nummer. Soweit nicht ungewöhnlich. Die Auftraggeber halten sich gerne im Verborgenen und mimen den geheimnisvollen Rächer. Viele haben schlichtweg Angst, dass ich doch irgendwann über sie plaudern könnte. Ich behaupte, dass ich schon die ein oder andere berühmte Stimme am Apparat erkannt habe. Warum auch nicht? Jeder hat Feinde und ich bin nicht billig. Man braucht Geld, um meine Dienstleistung zu buchen. Viel Geld. Zum Ausgleich stelle ich keine Fragen und arbeite zuverlässig. Ein fairer Deal für bei Parteien. So dachte ich anfangs auch bei diesem Auftrag. Ich ging vor ungefähr einer Woche an mein schrillendes Handy und meldete mich grußlos.
» Was gibt’s?«
Eine verzerrte Stimme antwortete mir. Sie klang mechanisch, als hätte der Geldsack am anderen Ende Kehlkopfkrebs und bräuchte so einen komischen Apparat, um zu reden. So viel Aufwand betrieben die Wenigsten, nur um anonym zu bleiben. Meine Alarmglocken sprangen sofort an. Hier ging es um etwas Großes und um viel Kohle.
» Andreas Storm?«
» Ja, Sie sind richtig.« Halleluja, jetzt kennen Sie meinen Namen. Ich hätte ihn gerne länger vor Ihnen verborgen, aber es funktionierte nicht anders. Ihre Neugier ist hoffentlich vorläufig befriedigt. Übrigens liebe ich meinen Nachnamen. Er ist eine Mischung aus Sturm und Strom. Ein wahres Blitzgewitter, nicht wahr? So breche ich für gewöhnlich über meine Opfer herein. Schnell und gnadenlos.
» Sie sind der Beste!«, sagte er selbstsicher. Es handelte sich nicht um eine Frage, vielmehr um eine Feststellung. »Ich habe einen lästigen Käfer in meinen preisgekrönten Petunien. Sie müssen ihn zerquetschen, bevor er die Blüten anknabbert.«
Ich verstan d und grübelte zugleich nach, in welchem Zusammenhang ich diese Formulierung schon einmal gehört hatte. Es lag mir auf der Zunge, aber ich weiß es bis heute nicht.
» Was kann ich für Sie tun?«, erkundigte ich mich professionell. Ich merkte sofort, dass der Kerl kein Schwätzchen über das Wetter halten, sondern schnell zum Punkt kommen wollte.
Die Roboterstimme forderte: »Sie müssen jemanden für mich töten. Wie Sie das anstellen, ist mir gleich. Hauptsache, die Landplage wird ausgerottet!«
Ich nickte vor mich hin. »Kein Problem! Um wen geht es?«
» Ihr Name ist Hanna Cramme, vierundzwanzig Jahre alt. Sie
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