Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
viel Geschütze, wie ich sie noch nie beisammen gesehen habe –!«
    Das war eine Wonne für Starobins Ohren gewesen. Das Abenteuer mit Tanja hatte er bereits vergessen – niemand sprach mehr von ihr, als wäre ihr Name tabu geworden – doch jeder wußte: So starb eine Verräterin. Wenn das Ganze vorbei war, so malte sich Starobin aus, wenn die Deutschen endgültig besiegt waren, dann wollte er endlich seine Anna Petrowna heiraten. Zugegeben, sie war nicht sehr schön, aber sie war verläßlich und auch sonst …
    In seine Gedanken und Träume versunken saß er vor dem Erdbunker und hörte und sah nicht, wie hinter ihm durch den Wald ein Mann kroch, mit heißen, glanzlosen Augen zu der Höhle und dem dick vermummten Mann starrend, über dessen Kopf blaue Rauchwölkchen aus der Pfeife kräuselten.
    Schwanecke.
    Hier war er richtig. Er hatte bereits eine Menge dieser Erdhöhlen gesehen, in denen Partisanen hausten, aber keine war so günstig gelegen wie diese hier. Alle anderen waren auf einem Haufen, zu zweit oder zu dritt, diese hier aber war weit und breit die einzige.
    Er war in den Wald gekommen, um sich zu verbergen. Einmal würde die sowjetische Front die deutschen Linien eindrücken. Dann würden auch die Partisanen weiterrücken, und er konnte sich überrollen lassen und in die Gefangenschaft gehen. Bis dahin mußte er es aushalten. Er war gut bewaffnet, hatte Munition, vielleicht würde er sich so eine Erdhöhle bauen wie die Partisanen. Ernähren mußte er sich von Diebstählen und Raub, es blieb ihm nichts anderes übrig.
    Der Hunger peinigte ihn. Es war schon der dritte Tag, ohne daß er etwas zwischen die Zähne bekam, und das konnte bei dieser Kälte nicht lange gutgehen. Dieser Erdbunker lag auf seinem Wege tiefer in dem Wald. Warum sollte er nicht versuchen …?
    Micha Starobin drückte seinen dicken Daumen in die Pfeife, dann sog er wieder am Mundstück, nickte zufrieden – und in diesem Augenblick kam das Ende. Er fiel nach vorne in den Schnee, wollte schreien und um sich schlagen und hatte das Empfinden, irgend etwas würde seinen Körper in zwei Teile schneiden. »Oh – oh«, gurgelte er erstickt und starb.
    Schwanecke hockte über ihm und blieb auf ihm sitzen, bis sich der Körper unter ihm streckte. Dann zog er das breite, lange Messer aus Starobins Rücken und untersuchte mit fliegenden Händen dessen Taschen. Ein Lederbeutel mit Machorka. Gut. Ein Blechdöschen mit grünem Tee … und nichts zu essen! Er verharrte und horchte gegen den Eingang in die Erdhöhle, in der eine heisere Frauenstimme plötzlich zu trällern begann. Also war es noch nicht zu Ende, er mußte auch noch eine Frau töten … im Bunker gab es sicher etwas Eßbares.
    In diesem Augenblick betrat Pjotr Sabajew Tartuchin die kleine Lichtung.
    Das Knacken eines Zweiges wirbelte Schwanecke herum.
    Tartuchin!
    Stumm standen sie sich gegenüber und sahen sich an.
    »Ach – du bist …« flüsterte Tartuchin.
    Schwanecke grinste.
    »Ich hab' gewußt … ich werde dich finden, und ich werde dich töten –«, sagte Tartuchin, immer noch flüsternd. »Ich hab' gewußt …«
    »Quatsch nicht so kariert – na, mach's schon! Versuch es doch!« Schwanecke hatte heute keine Lust, mit dem Messer zu kämpfen. Tartuchin war zu gefährlich. Aber er mußte es wohl tun, denn das Gewehr hatte er hinter dem Erdaufwurf des Bunkers liegenlassen, um beim Überfall auf Starobin nicht behindert zu werden. Und die Pistole steckte zu tief unter der Tarnjacke. Bevor er sie hervorholte, war der andere längst über ihm. So mußte es wohl mit dem Messer sein, das er in der Hand hielt – und dabei mußte er auch noch auf die Frau aufpassen, die in der Erdhöhle steckte. Man wußte ja, wie diese Partisaninnen waren!
    »Ich habe geschworen, ich habe geschworen …« murmelte Tartuchin, und in seiner Handfläche lag plötzlich, wie hingezaubert, ein langer Dolch.
    »Na, denn –!« sagte Schwanecke.
    »Ich werde dich töten …«
    »Daß ihr immer soviel quasseln müßt, du gelber Affe!«
    Ihre Augen waren stumpf und leblos. Tartuchin schlich gebeugt nach vorne, bis er nur noch wenige Schritte vor Schwanecke stand. Die heisere Frauenstimme im Bunker sang. Sie kümmerten sich nicht darum. Sie umkreisten einander wie zwei riesige Katzen, weich, mit geschmeidigen, gleitenden Bewegungen, und Schwanecke mußte plötzlich an einen Wildwestfilm denken, den er irgendwann gesehen hatte und wo sich ein Indianer und ein Weißer genauso umkreisten, mit Messern in

Weitere Kostenlose Bücher