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Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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rasende Perlenschnüre über sie hinweg, zwei – drei – vier Minen schlugen ganz nahe ein, neue Leuchtkugeln, aber es war, als wäre das Feuer zögernder geworden, weniger wütend. »Nur Ruhe – Ruhe –!« zischte Schwanecke zu dem in einer Bodenmulde liegenden Deutschmann. »Der Feuerzauber geht vorbei …«
    Hinter dem Panzer konnten sie ausgezeichnete Deckung finden. Es galt nur, bis dahin zu kommen und dort abzuwarten.
    Jetzt belebte sich das Feuer wieder, wurde wütender, in der Ferne hörte man dumpfe Artillerieabschüsse. Und wahrscheinlich hatten die Russen doch etwas gesehen, denn das Feuer lag immer besser, es konzentrierte sich immer genauer dorthin, wo sie lagen, und es konnte nur noch Augenblicke dauern, bis es sie erwischte. Schwanecke drehte den Kopf zurück, schrie: »Auf – Panzer –!« sprang wie von einem Katapult abgeschossen auf und durchraste mit wenigen, großen Sätzen die Entfernung zum Panzer und warf sich dort nieder, wühlte sich in den Schnee unter dem Stahlkoloß, heftig atmend, doch sich bereits einigermaßen sicher wähnend. Es mußte schon ein Artillerievolltreffer kommen, wenn es ihn hier erwischen sollte!
    Dann sah er zurück.
    Jetzt sprang auch Deutschmann hoch. Tief gebückt, ein laufender, keuchender Schatten, Leuchtspurmunition zischte an ihm vorbei, zwei, drei Minenexplosionen, jetzt war er bereits ganz nahe, noch einige Schritte – und nun sah Schwanecke, er sah es richtig, er bildete sich das nicht nur ein, er sah, wie die rötliche Linie eines Phosphorgeschosses durch Deutschmanns Kopf schlug, in der Augenhöhe, er sah, wie es Deutschmann mitten im Satz zurück – und zugleich steil in die Höhe riß, wie immer bei Kopfschüssen, gleichzeitig schlug ganz in der Nähe eine Mine ein, umgab Deutschmann mit einer Schneewolke und schleuderte Schwanecke Schnee und Dreck ins Gesicht.
    Er wischte sich die Augen aus, fuhr sich mit der Hand verzweifelt über das Gesicht und rief: »Ernst – he – Professor – Professor!«
    Und wieder: »Professor – Professor –!«
    Nichts.
    Schwanecke kroch zurück, schnell, auf Knien und Ellbogen, sich nicht mehr um die Hölle um sich kümmernd.
    Deutschmann stöhnte. Lallend, kaum verständlich kamen heisere, glucksende Laute aus seinem weit aufgerissenen Mund: »Kopf – Karl – Karl –!« Und nun schrie er laut, gedehnt, schrill: »Karl – Karl –!«
    »Ja – ich bin hier – ich bin hier – ich bin hier!« keuchte Schwanecke und sah entsetzt auf den Blutbrei oberhalb Deutschmanns Mund. Es gab keine Nase mehr, keine Augen, keine Augenbrauen, nur Fleischfetzen, Knochensplitter, und mitten daraus kamen pfeifende, gurgelnde Laute und lallende, unverständliche Worte.
    Schwanecke sah sich verzweifelt um, richtete sich dann kurzentschlossen auf, packte Deutschmann unter den Armen und zog ihn gegen den Panzer auf die den russischen Gräben abgewandte Seite. Deutschmann schrie, und sein Schreien schnitt wie mit tausend Messern in Schwaneckes Gehirn, er sah auf Deutschmanns schleifende Beine und sagte sich: »Auch das – auch das –! Mein Gott!«
    Deutschmanns linkes Bein schleifte ganz verdreht und viel länger als das rechte hinter dem Körper. Unter dem Knie war das Hosenbein zerfetzt und blutig.
    Dann lagen sie halb unter dem Panzer.
    »Ich bringe dich zurück, Doktor, Professor, ich bringe dich zurück«, keuchte Schwanecke, »keine Bange, ich bring' dich zurück!«
    »Bein – was ist – mein Bein …!«
    »Dich hat's ein bißchen erwischt, Professor, wart mal!«
    »Bein – ich – ich – ich – – –«
    Schwanecke schnallte mit fliegenden Händen Deutschmanns Koppel los und band das zerschmetterte Bein oberhalb des Knies ab. Dann riß er das zerfetzte Tuch der Hose auseinander und schloß für einen Augenblick die Augen, als er die schreckliche Wunde sah: Deutschmanns Bein hing nur noch an zwei, drei Hautfetzen. Seine Kopfwunde konnte warten. Aber dies hier – er konnte verbluten … Er sagte: »Ich bring' dich zurück, Professor, is' nicht so schlimm, Professor, is' halb so schlimm, ich bring' dich zurück, keine Bange!«
    »– Ja – nicht du mußt – du mußt – 'rüber …«
    »Halt jetzt die Klappe!«
    Verbandspäckchen! Wo war das Verbandspäckchen?
    »Tut's weh, Professor?«
    »Ja – die Augen …«
    Das Feuer der russischen Schützen konzentrierte sich auf den Panzer. Aber Schwanecke kümmerte sich nicht darum. »Die Augen, bloß der Luftdruck«, log er, »is' bloß der Luftdruck, du kennst das, Professor,

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