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Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kein Irrtum. Ich stütze mich hier nicht auf meine eigenen Beobachtungen, sondern auf korrekte wissenschaftliche Analysen bekannter Sachverständiger. Ich selbst bin in diesen Fragen ein Laie. Wir sind nie leichtfertig, gnädige Frau, das entspricht nicht der Art der deutschen Wehrmacht. Wir haben den Fall Ihres Mannes gewissenhaft geprüft, und das Ergebnis heißt eindeutig – Selbstverstümmelung durch Injizierung von Sta-sta-nnn …«
    »Staphylokokken –«, sagte Julia.
    »Genau!« Jetzt klang seine Stimme schneidend und abgehackt. Er wandte sich ab und ging zu seinem mächtigen Schreibtisch zurück. Die dunkelroten Streifen an seiner Hose leuchteten auf, als er durch einen Sonnenstrahl schritt, der schräg durch die Gardine ins Zimmer fiel. Hinter dem Schreibtisch blieb er leicht vornübergebeugt stehen und stützte sich mit beiden Fäusten auf die Tischplatte. Julias Blick tastete sich von seinen blaugeäderten, braunbesprenkelten Greisenhänden empor, über den hellgrauen, seidig glänzenden Rock – das EK I. Klasse des Ersten Weltkrieges – rote Spiegel mit goldenem, stilisiertem Eichenlaub – ein finnisches Halskreuz – ein faltiger Hals – ein knöchernes, unbewegliches Gesicht – bis zu den blaßblauen, rotgeäderten Augen unter der zerfurchten Stirn und weißen, einer stachligen Bürste ähnlichen Haaren.
    Sie sah in seine Augen und sagte:
    »Gerade weil ich Ärztin bin und ihm bei seiner Arbeit geholfen habe, weiß ich, daß Sie unrecht haben. Was er getan hat, würde so bald kein zweiter tun. Er wollte anderen helfen, deshalb hat er einen Selbstversuch gemacht. Das ist die Wahrheit. Aber dann – dann wurde er wie ein Verbrecher eingesperrt und verurteilt. Deshalb habe ich ein Gnadengesuch eingereicht.«
    »Es hätte schlimmer sein können«, sagte der General ungeduldig. »Hören Sie zu, Frau Dr. Deutschmann: Ihr Mann war ein hinreichend bekannter Wissenschaftler. Deshalb haben wir ihn vom Wehrdienst zurückgestellt, solange es ging. Dann ging es nicht mehr, und er hätte einrücken müssen. Er tat es nicht, sondern infizierte sich mit dieser – eh – Krankheit. Das ist eindeutig Selbstverstümmelung. Und was seine Verurteilung zum Dienst in einem Strafbataillon angeht – es ist eine Einheit der deutschen Wehrmacht. Er muß sich bei dieser Spezialtruppe bewähren, dann wird er in eine andere Einheit kommen. Die Sache ist also für ihn sehr, ich muß schon sagen: sehr glimpflich abgelaufen.«
    »Ich habe gehört«, begann Julia wieder, obwohl sie wußte, daß ihre Worte und alles, was sie sagen konnte, an diesem Mann abprallen würden wie ein Ball an der Wand, »ich habe gehört, daß dieses Bataillon 999 …«
    »Was haben Sie gehört?« unterbrach sie der General.
    »Daß die Leute dort sehr schlecht – wie Verbrecher –«
    Der General hob gebieterisch die Hand. »Er ist Soldat«, sagte er kalt. »Sie sollen diesen Gerüchten nicht aufsitzen. Bei der Wehrmacht wird nicht gekegelt. Wir haben zu kämpfen. Nicht nur Ihr Mann wird es tun – Millionen andere tun es schon seit Jahren. Das ist alles, was ich dazu zu sagen habe.«
    »Ja –«, sagte Julia schwach.
    »Sehen Sie. Ihr Gesuch ist gegenstandslos. Bataillon 999 ist eine Truppe. Ob in der oder einer anderen …«
    »Ja«, sagte Julia.
    »Na also«, schloß der General, klappte einen Aktendeckel zu, sah auf und lächelte wieder.
    Julia ging. Es war umsonst. Sie stand draußen vor der großen Eichentür und stützte sich auf das Fensterbrett. Ob im Bataillon 999 oder in einer anderen Einheit –, dachte sie, er ist Soldat, Millionen andere auch, Strafbataillon, er muß sich bewähren, wenn er sich bewährt, dann –, Ernsti, dachte sie, Ernsti …! Und all die unendlich langen Wochen ihrer Verzweiflung und unnützen Hoffnung und des nutzlosen Kampfes um ihn, die endlosen bangen Nächte, der Prozeß, die Verurteilung, der Versuch zu einer Revision, das vergebliche Ankämpfen gegen Menschen, die ihn verurteilt hatten und gegen die genausowenig anzukommen war wie gegen den General – einer nachgiebigen, undurchdringlichen Gummiwand ähnlich, Angst, Furcht, versteckte Andeutungen oder brutale, harte Worte, und jetzt die endgültig vernichtete, letzte Hoffnung: all dies stürzte über sie zusammen, begrub sie unter sich wie eine Lawine dunklen Schnees. Sie sah mit großen, verstörten Augen um sich, ohne etwas zu sehen, sie verstand nichts mehr – was war es nur, was war es, was hatte der General gesagt?
    Als der junge Leutnant mit dem

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