Streitbare Frauen
dem besonderen Schutze Gottes. Thomas Garrett wird später sagen: »Ich kenne keine andere Person, egal welcher Hautfarbe, die so viel Vertrauen in die Stimme Gottes hatte.« 7
Als die Gefahr, aufgegriffen zu werden, in den Nordstaaten immer mehr zunimmt, schleust Harriet Tubman im Dezember 1851 zum ersten Mal Flüchtlinge direkt bis Kanada durch. Von nun an muss sie die Flüchtlinge oft erst einmal bei sich zu Hause verstecken, bis es sicher genug ist, sie weiterzubringen. Dabei stößt sie oftmals an die Grenzen des Möglichen: »Einmal beherbergte ich zeitgleich elf Flüchtlinge unter meinem Dach. Sie mussten bei mir bleiben, bis ich genügend Geld für die Weiterreise nach Kanada zusammenhatte. Es war die größte Gruppe, die ich jemals beherbergt hatte, und ich hatte Probleme, so viele Menschen mit Essen und Platz zu versorgen.« 8
Einer ihrer Mitstreiter ist Frederick Douglass, eine der berühmtesten Persönlichkeiten der afroamerikanischen Geschichte. Jahre später wird er an Harriet Tubman schreiben: »Als Du mich um eine Empfehlung batest, hast Du mich um etwas gebeten, was Du nicht brauchst. Ich brauche Deine Empfehlung weitaus mehr als Du meine, besonders, weil Deine herausragende Arbeit und Deine Hingabe im Kampf für die Versklavten unseres Lands allen so gut bekannt ist wie mir. (…) Vieles von dem, was Du getan hast, erscheint denen, die Dichnicht so gut kennen wie ich, unmöglich. Es ist mir ein großes Vergnügen und ein großes Privileg, Zeugnis über Deinen Charakter und Deine Arbeit abzulegen und ich sage denen, die es betrifft, dass ich Dich in jeder Hinsicht für ehrlich und vertrauenswürdig erachte.« 9
Mitte des Jahrhunderts erhält die Anti-Sklavereibewegung mächtigen Zulauf. Ursächlich dafür ist das Buch einer Frau aus Connecticut, das zum meistverkauften Buch der Vereinigten Staaten im 19. Jahrhundert wird: Harriet Beecher Stowes
Onkel Toms Hütte
. Bereits im Jahr seines Erscheinens 1852 werden mehr als 300 000 Exemplare verkauft. Das Buch, das die Geschichte des Sklaven Toms und seiner Familie schildert, erweist sich als stärkste Waffe der Abolitionisten im Kampf gegen die Sklaverei. Es tritt rund um die Welt einen enormen Siegeszug an und erlebt bis heute unzählige Neuauflagen. Innerhalb der Bewegung sowie innerhalb der schwarzen Gemeinschaft ist es jedoch aufgrund der Passivität, die Onkel Tom an den Tag legt, nicht unumstritten. Für viele ist Duldung nicht die richtige Antwort auf Tyrannei. Der Begriff »Onkel Tom« mutiert zum Schimpfwort für assimilierte Afroamerikaner. Harriet Beecher Stowe erhält jedoch auch Unterstützung von populären Schwarzenführern wie Frederick Douglass, der dem Buch in seiner Zeitung über Jahre hinweg großen Raum einräumt.
1854 erleidet die abolitionistische Bewegung einen herben Rückschlag. Im sogenannten Kansas-Nebraska Act wird die Frage der Sklaverei zur Angelegenheit der Einzelstaaten erklärt. Damit wird der 1820 verabschiedete Missouri Kompromiss, der die Sklavenhaltung in den westlichen Gebieten regelt und wonach nördlich von 36° 30’ die Sklaverei verboten ist, ausgehebelt. Die Abschaffung der Sklaverei scheint damit erneut in weite Ferne zu rücken.
Aufgrund dieser Entwicklung erhält eine alte Idee neue Nahrung. Schon seit Langem werden verschiedene Möglichkeiten diskutiert, das Sklavenproblem zu lösen. Harriet Beecher Stowe gehört der American Colonization Society (ACS) an, einer 1817 gegründeten Gruppe, die ehemaligen Sklaven eine neue Heimatin Afrika geben will, da sie der Ansicht ist, dass freie Schwarze in den USA niemals in Frieden würden leben können. Zu diesem Zweck gründet die ACS 1822 in Afrika die Kolonie Liberia als Zufluchtsort für Afroamerikaner. Bis 1860 emigrieren 13 000 frei geborene Schwarze und ehemalige Sklaven nach Liberia. Die ACS finanziert zwischen 1817 und 1865 147 Schiffe, die insgesamt 18 959 Passagiere nach Liberia bringen. Auf jeden Passagier kommen in etwa zehn Anfragen für eine Übersiedlung nach Westafrika. Auch schwarze Organisationen wie die African Civilization Society plädieren für die Heimkehr ehemaliger Sklaven nach Afrika. Bei vielen scheitert die Emigration jedoch schlicht und einfach am Geld für die Überfahrt.
Es gibt jedoch auch viele Abolitionisten, die den Schwarzen in den USA ein menschenwürdiges Leben ermöglichen wollen und nichts von der Emigration nach Afrika halten. Einer der radikalsten Kämpfer für die Befreiung der Sklaven ist John Brown aus Connecticut.
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