Stuermische Gefahr
Orleans erreichen würde. Aidan hatte das Abschleppseil aus dem geklauten Auto umfunktioniert und als Leine an das Brustgeschirr des Hundes gebunden. Während Lily es geschafft hatte , einen Rollstuhl für ihre Mutter zu organisieren, diskutierte Aidan jetzt mit einem der Sicherheitsleute, der den Hund einfach nicht in den Dome lassen wollte. Aus den Augenwinkeln sah er Lily, die ihre Mutter vor sich her schob.
„Gibt es ein Problem?“ , fragte sie.
„Gehören sie zusammen?“ , der Mann von der Nationalgarde musterte sie. Sie mussten schon ein illustres Bild abgeben. Eine übergewichtige, alte Frau, die vor sich hinschlummerte, die schöne Lily und dann ein Weißer mit einem Schäferhund im Gepäck.
„Ja“, sagte Lily.
Der Mann hob die Augenbrauen in die Höhe. Lily kam noch ein Stück näher. „Hören Sie, Sir. Das hier ist mein Verlobter. Er kümmert sich um den Hund. Er hat ihn für meine behinderte Mutter ausgebildet. Sie würden Sie umbringen, wenn Sie ihr den Hund wegnehmen.“
„Er ist also so eine Art Diensthund.“
Aidan musste sich das Grinsen verkneifen. „Ja, Sir.“ Fast hätte er noch eins draufgesetzt und behauptet, dass Lady auch schon im Militär ausgeholfen hatte, aber man sollte es ja nicht übertreiben. Der Mann überlegte einen Moment. „In Gottes Namen, dann nehmen Sie den Hund mit rein.“
„Danke.“ Dann drehten Lily und er sich schnell um und betraten den Dome, bevor der Mann es sich noch anders überlegen konnte.
Der Dome war voll.
„Wie gehen wir jetzt vor?“ , fragte Lily.
„Ich würde vorschlagen, du gehst mit deiner Mutter in den Patientensektor. Ich liefere schnell den Hund ab, dann komme ich nach. Scarlett wird sich sicher bei den Patienten aufhalten.“
Sie nickte , schob ihre Mutter ein Stück vorwärts, drehte sich dann aber noch einmal um. „Danke.“
„Das habe ich gerne getan.“
Sumpfgebiet, in der Nähe des Hauses der Blues, zwischen 5 :00 und 6 :00 Uhr morgens
Scarlett hatte keine Ahnung , wie viel Zeit vergangen war. Sie hatte mit dem schlimmsten gerechnet, aber Cameron hatte ihr bisher nichts angetan. Sie saßen irgendwo im Matsch. Er hatte eine Taschenlampe zwischen sie gelegt. Die Pistole war unaufhörlich auf sie gerichtet. Wo nahm er nur diese Ausdauer her? Mehrfach hatte sie versucht sie ihm zu entreißen, aber trotz seines geschwächten Zustandes hatte er ihre Versuche vereiteln können. Irgendwas trieb ihn unermüdlich an, Verse aus der Bibel aufzusagen, dann wieder in einem irren Tonfall zu lachen. Er war total durchgedreht, nichts erinnerte mehr an den beherrschten Geschäftsmann. Vor ein oder zwei Stunden hatte sie noch gedacht, dass Aidan und Lily kommen und sie suchen würden, wenn sie feststellten, dass sie nicht im Superdome war, aber ihre Hoffnung erstarb langsam. Sie war nicht weit vom Haus entfernt, wenn sie überhaupt eine Chance haben wollte den Sturm zu überleben, dann musste sie es zum Haus der Blues schaffen. Aber dazu musste sie erst mal Cameron überwinden. Wie schaffte er es , nicht einen Moment unaufmerksam zu sein, obwohl er geistesabwesend wirkte, während er seine Verse aufsagte? Die Verzweiflung in ihrem Inneren drohte Überhand zu nehmen. „Ich will nicht in diesem gottverdammten Sturm sterben, Cameron!“
Sie hörte es selbst an ihrer Stimme, sie begann hysterisch zu werden. Gar nicht gut. Dann würde sie am Ende noch die Waffe ignorieren und mit einer Schusswunde im Sumpf enden.
„Du sollst den Namen des Herrn nicht beschmutzen.“
Er richtete die Waffe wieder auf sie.
„Cameron, komm zu dir! Bitte, du bist noch geschwächt, ich bringe dich ins Haus , und wir warten den Sturm dort ab.“
„Du sorgst dich um mich?“ Er lachte.
Dieses Lachen ging ihr durch Mark und Bein. Wie sie ihn hasste. Sie hatte nie so empfinden wollen. Aber er hatte das Leben ihrer Mutter zerstört , und jetzt zerstörte er auch ihres.
Sie musste etwas tun, während sie fieberhaft nachdachte , fühlte sie die kleine Ausbuchtung in der Seitentasche ihres Sommerkleides. Vorsichtig griff sie in die Tasche, sofort war Camerons Aufmerksamkeit darauf gerichtet. Sie umfasste den Talisman, das Gris - gris fühlte sich warm an. Sie holte es hervor. Im Schein der Taschenlampe konnte sie sehen, wie Camerons Augen sich weiteten. Er wich ein Stück zurück, Scarlett war im ersten Moment überrascht, hatte er Angst? Die Waffe in seiner Hand sank ein Stück nach unten. Scarlett stand auf, ganz langsam, das Gris - gris
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