Stuermische Gefahr
befreien und …“
„Und Cameron wurde erst dan ach zu deinem Auftrag.“
Er blickte für einen Moment auf den Boden. Sie musste sich anstrengen , ihn zu verstehen, als er sagte: „Er ist es immer noch.“
„Du …“
„Er ist mein letzter Auftrag, dann bin ich raus aus dieser Sache und kann neu beginnen.“
*
Er wollte sie berühren, wollte sie wieder halten. Aber sie schien Meilen von ihm entfernt zu sein, obwohl sie direkt vor ihm stand. Er wollte ihr nichts verschweigen. Das wäre keine Basis gewesen. Aber würde sie mit all dem leben können? Sie musste Cameron schließlich mal geliebt haben. Aber verdammt noch mal, der Typ hätte sie eiskalt umgebracht und sie vorher womöglich noch misshandelt. Würde sie über ihren Schatten springen können? „Kannst du irgendetwas sagen?“
Es dauerte einen Moment, bis sie den Mund aufmachte. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich habe in dir einen wundervollen Menschen erkannt, als du ohne Gedächtnis warst.“
„Aber der Mensch bin ich immer noch.“
„Ich brauche Zeit Aidan.“
Das war nicht das, was er sich erhofft hatte, aber es war ein Anfang. Er musste sich einfach in Geduld üben.
Lily tauchte neben ihnen auf und räusperte sich. „Es gibt Schwierigkeiten. Darf ich dich um Hilfe bitten, Aidan?“
„Was ist denn los?“
„Sie streiten sich jetzt schon um Wasservorräte, ein paar Pfleger versuchen eine Schlägerei zu verhindern, aber wir könnten noch Hilfe gebrauchen.“
Er hätte gerne weiter mit Scarlett geredet, aber er musste helfen. Bereits jetzt die ersten Ausschreitungen im Superdome zu haben, wäre fatal. „Wo sind die Leute von der National garde?“
Lily zuckte bedauernd mit den Schultern. „Es ist keiner in der Nähe. Sie scheinen fast alle draußen zu sein.“
„Okay.“
„ Geht schon. Lily, ich werde deine Mutter holen. Die Zeit wird langsam knapp“, sagte Scarlett.
„Ich begleite dich.“
Scarlett hob abwehrend die Hand. „Nein, bleib du hier. Wenn sie sich hier die Köpfe einschlagen, wird jede Kranken schwester gebraucht. Ich schaffe es schon , sie zu überreden.“ Sie drückte Scarlett einen Kuss auf die Wange. Sie sah Aidan kurz an. Er konnte ihren Blick nicht deuten. „Jetzt ver schwindet schon. Ihr werdet gebraucht.“ Er ließ sich von Lily fortführen und auch Scarlett verschwand in der Menge Richtung Ausgang. Sie war stark, er musste sich keine Sorgen machen. Sie hatte auch genug Zeit, sie würden sich schon bald wiedersehen.
15
Lower Ninth , Sumpfgebiet New Orleans, kurz vor dem Haus der Blues gegen Mitternacht
Scarlett war froh, dass sie wenigstens Lilys Mutter retten konnte, wenn sie es schon bei ihrer eigenen Mutter nicht konnte. Diese Hilflosigkeit war Teil ihres Lebens und sie war auch deswegen gerne Krankenschwester, weil sie diese innere Ohnmacht mit ihrer Tätigkeit bekämpfen konnte. Sie musste verarbeiten, was Aidan ihr erzählt hatte. Würde sie damit leben können? Ihr Verstand sagte , die Antwort musste „nein“ lauten, aber wer war sie, dass sie über Gut und Böse entscheiden konnte? Und wenn sie auf ihre innere Stimme hörte? Hatte sie nicht selbst ein paar Mal den Wunsch verspürt , Cameron zu töten ? Sie hatte es nur vermieden, es vor sich selbst zuzugeben. Da war auch kein Bedauern gewesen, als Aidan Turner erschossen hatte. Eher Erleichterung und vielleicht sogar Genugtuung.
Aidan war ein guter Mensch. Die Erkenntnis sickerte während der Fahrt immer tiefer in ihr Bewusstsein. Er hatte um seinen Bruder gekämpft. Sein eigenes Leben für ihn riskiert und auch für sie. Er war ehrlich zu ihr. Dennoch war da immer noch dieser Wunsch wegzulaufen. „Verdammt noch mal.“ Es lag nicht an Aidan. Es lag an ihr. Sie hatte nur versucht, es auf Aidan und seinen Beruf zu schieben. Sie hatte dieses verdammte Problem zu vertrauen, sich fallen zu lassen. Wem hatte sie das zu verdanken? Cameron Evans. Er hatte doch etwas in ihr zerstört. V ielleicht konnte sie es wieder zusammen setzen. Mit Aidans Hilfe die Scherben in ihrem Inneren zusammenfügen.
Sie war fast am Haus angekommen. Das letzte Stück würde sie laufen müssen. Es waren nur ein paar Meter, aber der Boden war zu feucht, als dass sie mit dem Auto direkt vor dem Hauseingang hätte halten können. Sie wollte nicht riskieren , in sumpfiger Erde stecken zu bleiben. Die Zeit lief ihr davon. Sie schaltete den Motor aus und wunderte sich, warum sie immer noch ein Motorengeräusch hörte. Von hinten näherte sich ein
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