Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
Vom Netzwerk:
darüber, dass der Mann von seinem Vater keinen richtigen Lohn für seinen Wachdienst gefordert hatte.
    "Der König bezahlt diese Männer." Llauks Vater schritt kräftig aus. "Sie achten darauf, dass alles seine Ordnung hat. Es gibt hier sehr viele von ihnen."
    Wächter? - Vom König bezahlt? Llauk begann, sich für einen neuen Beruf zu interessieren: Königlich bezahlter Wächter, der mit einem Spieß herumläuft und auf Stoffballen herumsitzt. Ein Mann, zu dem alle freundlich waren - freundlich sein mußten - denn er hatte ja einen Spieß.
    "Es gibt ein Sprichwort in Thedra", erklärte der Vater auf dem Weg in die Stadt weiter, "`Du kannst nicht husten, ohne dass die Wache dich hört', lautet es. Manchmal habe ich das Gefühl, dass etwas Wahres daran ist. - Allerdings tragen die Felsgänge die Geräusche auch sehr weit."
    Das war doch etwas anderes, als das Leben in der Werkstatt auf der Hochebene von Idur, wo die Sklaven einen ermorden konnten, ohne dass der nächste Nachbar es gehört hätte. Thedra gefiel Llauk.

    Die Gespräche, die der Vater mit den Händlern führte, interessierten Llauk nicht sonderlich. Trotzdem war er ganz aufgeregt. Die hohen Felsen um ihn herum, die engen Straßenschluchten, die langen, dunklen Gänge in den Felsen selbst, in denen die Holzsohlen ihrer Schuhe so schön klapperten, das war alles neu für ihn.
    Erstaunt schaute er sich immer wieder um. Männer und Frauen jeden Alters begegneten ihnen und huschten nahezu lautlos vorbei. Llauk entdeckte, dass die Sohlen ihrer Holzschuhe allesamt mit Leder beschlagen waren. Solche Schuhe würde Llauk auch bekommen, wenn er erst einmal in Thedra wohnte, das stand fest.
    Und erst die Kontore der Kaufleute! Nie hätte Llauk gedacht, dass es so viele Stoffballen auf der Welt gab. Deckenhoch stapelten sich die feinsten Stoffe in den leuchtendsten Farben in den Kavernen der Händler. Oftmals war kaum noch genug Platz für den flachen Tisch vorhanden, an dem die Kaufleute sich bei den Verhandlungen niederhockten, um Wein zu trinken und sich allerlei unwichtige Dinge zu erzählen, bevor sie zur Sache kamen.
    Immer wieder mußte Llauk zu den Regalen hinüberschauen, in denen so unermeßliche Werte gestapelt waren. Nicht nur einheimische Ware war hier eingelagert; auch Tuchsorten, die Llauk noch nie gesehen hatte, warteten hier, tief im Händlerfelsen von Thedra, auf ihre Käufer. Auch gab es Stoffe in Webarten, von denen Llauk sich nicht vorstellen konnte, wie sie gemacht worden waren.
    Besonders hatte es ihm eine Rolle feinen, weißen Gewebes angetan, das im Schein der Öllampe nahezu metallisch schimmerte. Es war ein offener Ballen, und das heraushängende Ende des Stoffs bewegte sich leicht bei jedem Lufthauch. Nie hatte Llauk ein feineres Gespinst gesehen.
    "Seide!", erklärte der Händler, der Llauks Blick bemerkt hatte. "Die Elle zu vier Bronzestücken."
    Llauk konnte es nicht fassen. Vier Bronzestücke, das bekam sein Vater für einen ganzen Ballen feinsten Tuchs, und das waren hundert Ellen.
    "Welch feines Garn das ist", stellte Llauk bewundernd fest.
    "Ein kleiner Wurm, sagt man, macht das Garn für diesen Stoff."
    Llauk mußte lachen. Der Händler wollte ihn wohl für dumm verkaufen. - Ein Wurm! Plötzlich blieb ihm das Lachen im Halse stecken. Zu deutlich wurde er an seinen schlimmen Traum erinnert. Zuerst hatte er die Menschen unter seine Knechtschaft genommen - dann die Tiere ... Mit einem gequälten Laut brach Llauks Gelächter ab.
    Mit einem seltsamen Gesichtsausdruck sah sein Vater ihn an. Auch der Händler wußte mit Llauks Benehmen offenbar nichts anzufangen.
    "Ihr habt Seide?", fragte der Vater, um das Gespräch wieder in Gang zu bringen. "Ein teures Gut!"
    "Finderware! Finder machen gute Preise." Der Händler grinste vertraulich.
    "Was sind Finder?" Llauk hatte sich wieder gefangen. Dieses Wort hatte er noch nie gehört.
    "Finderkapitäne", Der Kaufmann lehnte sich zurück und schaute verträumt zur Decke hoch, "das sind Männer mit starken, schnellen Schiffen und einer kräftigen Besatzung. Sie befahren die Seewege und halten Ausschau nach Schiffen, die von der Besatzung aufgegeben wurden, vielleicht weil eine Krankheit an Bord war, oder alle wahnsinnig geworden und in die See gesprungen sind. - Die Ware, die ein Finder an Bord entdeckt, gebührt ihm allein. Kein Mensch kann sie ihm streitig machen." Jetzt sah der Händler Llauk ins Gesicht. "Jetzt weißt du - vielleicht - was Finder sind."
    "Aber", Llauks Gesicht verriet reinste

Weitere Kostenlose Bücher