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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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in der Königsklippe zu wohnen, wo fast jeder Raum ein eigenes, winziges Fenster hatte; kein Vergleich mit Erins dunkler Kammer, oben, tief im Formerfelsen. So hatte Aels Vater denn einen Weiterer geschickt; einen Maler der sich darauf verstand, die Wände der engen Wohnhöhlen mit großen perspektivischen Landschaftsbildern so lebensecht auszuschmücken, dass der Eindruck entstand, die bemalte Wand sei gar nicht vorhanden.
    Es war der beste Weiterer der Stadt gewesen, und das Gemälde mußte ein Vermögen verschlungen haben. Dafür konnten sich Ael, Erin und ihre Gäste aber der Illusion hingeben, aus einem wandbreiten Fenster, über eine schroffe Klippenlandschaft hinweg, weit auf das Meer hinauszuschauen, auf dem in weiter Entfernung drei Großschiffe der Edelstein-Klasse dahinzogen. Der Maler hatte die Schiffe dargestellt, so gut er vermochte. Wenn auch ein Großteil des thedranischen Handels mit diesen Schiffen abgewickelt wurde, so durften sich ihnen doch nur Scharleute nähern. Der Weiterer hatte sie so gemalt, wie er sie gesehen hatte; als rasch dahinfliegende farbige Schatten in dunstiger Ferne.
    Zum Schluß war Aels Vater selbst zu ihrer neuen Wohnung hinaufgestiegen und hatte das fertige Bild bewundert. Ael war überglücklich gewesen, und Erin hatte ihr versprochen, noch eine weitere Öllampe aufzustellen, damit sie das Werk besser genießen könne.

    Ael lag still auf dem gemeinsamen Lager aus roher Schafswolle, nur dürftig mit einem großen Stück fein gewebten Leinens umhüllt. Nur die glänzenden Schweißperlen auf ihrer nackten Haut ließen ahnen, dass noch Leben in ihr war. Tana, die junge Formerin aus der Nebenwohnung hielt Wache bei der Kranken. Erwartungsvoll sah sie zum Eingang. "Sie atmet nur noch ganz flach", berichtete sie den eintretenden Männern und rückte eilig zur Seite.
    Wortlos schob sich Geron an ihr vorbei und legte die Hand auf die Stirn der Schwangeren. Kalt war der Schweiß auf Aels Stirn. Mit schnellen Griffen entblößte Geron ihren Leib. Er sah auf den ersten Blick, dass die Geburt unmittelbar bevorstand.
    Rasch griff Geron in sein Gewand und holte einen hölzernen Kasten hervor, den er geöffnet auf das Bett der Kranken stellte. Aus einer der vielen Phiolen, die der Kasten enthielt, tropfte er eine kleine Menge einer klaren Flüssigkeit auf ein kleines Stück Baumrinde und schob es der Kranken in den Mund. Auch wenn sie zur Zeit ohnmächtig war, so wollte er doch nicht das Risiko eingehen, dass sie im falschen Moment erwachte. Das Mittel würde ihr die Schmerzen nehmen, die er ihr unweigerlich bereiten mußte.
    Die nächste Phiole enthielt ein Pulver, von welchem Geron ein wenig auf einen silbernen Löffel nahm. Dann stand er auf, und streute den feinen Staub vorsichtig in den Öltank der nächststehenden Lampe. Schon nach wenigen Augenblicken begann die Flamme zu flackern und wurde dann so hell, dass Tana und Erin unwillkürlich etwas zurückwichen.
    In der gleißenden Helligkeit sah Geron, dass der Kranken wahrscheinlich nur noch durch ein Mittel zu helfen war, trotzdem tastete er mit sanften Fingern nochmals den prall gewölbten Bauch der Frau ab. Das Betäubungsmittel hatte schon gewirkt, sie gab keinen Laut von sich - auch nicht, als Geron versuchte, mit stärker werdendem Druck die Lage des Kindes im Mutterleib zu verändern.
    Schließlich gab er es auf. Aus dem Deckel des Kastens nahm er ein kleines, sehr scharfes Messer mit langem Griff.
    Erin stöhnte auf und Tana zog sich vom Bett zurück so weit sie konnte. Von dieser Operation hatten beide schon gehört. Sie hatten sogar andeutungsweise darüber gesprochen, als es Ael immer schlechter gegangen war. - Aber dass es wirklich so weit kommen würde - daran hatte keiner der beiden gedacht.
    "Kommt!" Geron winkte ungeduldig. "Haltet sie fest!“
    Geron arbeitete schnell und zielstrebig. Als Tana und Erin ihre Position eingenommen hatten, um Ael niederzuhalten, erneuerte er mit einigen Tropfen Blutbaumsaft die betäubende Wirkung des Korkstückchens im Mund seiner Patientin. Ein wenig Bitterlauchessenz, an der Schnittstelle auf die Haut gebracht, würde Entzündungen verhindern und die Heilung fördern. Noch bevor Tana oder Erin reagieren konnten, hatte Geron das schmale Messer aufgenommen und mit der kurzen, scharfen, Klinge einen tiefen Schnitt gesetzt. Ael stöhnte und begann sich zu bewegen. Mit bleichen Gesichtern griffen ihr Mann und die Nachbarin fester zu.
    Geron selbst hatte Zweifel, ob die Operation beide Leben

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