Sturm ueber Thedra
abpressen. Geht jetzt wieder an eure Arbeit und mischt euch nicht in unsere Belange."
"Genau", brabbelte Tees, wobei er den Kopf leicht anhob, der vor seiner Brust baumelte.
"Wir werden fahren!" Tana war aufgestanden und sprach laut und schnell. Wir werden auf eigene Kosten reisen. Gerit und ich werden das Rätsel um die bunten Glasuren lösen! Haltet eure Kassen gefüllt, Zunftmeister - denn bei unserer Rückkehr gibt es unser Wissen nicht umsonst!"
Wieder hob Tees seinen Kopf an und schielte von unten in Tanas Richtung. "Ihr seid den Zünften verantwortlich, ihr könnt nicht nach Belieben reisen."
Raban stand mühsam auf. "Genau!"
"Ihr habt es nicht anders gewollt! - Ich sage mich los von Zunft und Stadt!", sprach Tana die Formel und war damit ab sofort nicht mehr den Weisungen ihres Obmanns unterworfen.
"Isch ssage misch los von Ssunft und Sdatt! Genau!" - Breitbeinig hatte Gerit sich neben Tana aufgebaut. Auch er war nun frei in all seinen Entscheidungen.
"In zwei Tagen mit der Abendflut werden wir zur Kaiserstadt aufbrechen", gab Tana bekannt. "Mögen die Götter euch beschützen. - Und Weisheit verleihen", konnte sie sich eine kleine Ergänzung nicht verkneifen.
Erstaunt sahen die Obleute den beiden nach, wie sie ohne weiteren Gruß in den Gang hinaustraten.
"Feiner Kerl, dieser Gerit", stellte Tees fest. "Guter Plan."
"Genau!" Raban war völlig seiner Meinung. - Mutig! - Sehr mutig! - Aber diese Frau - unmöglich!"
"Genau!", bekräftigte Tees und goß die Becher noch einmal voll.
Seit Tagen schon saß Teri neben ihrem gepackten Bündel und wartete darauf, dass es endlich losging. Von Anfang an hatte ihre Stiefmutter sie in alle ihre Pläne eingeweiht, und es war selbstverständlich, dass die zehnjährige Teri sie und Gerit auf der Reise begleiten würde.
"Die Zunftmeister sind ein Haufen trunkener Narren!" Wütend kam Tana in die Höhle gestürmt und setzte sich steif auf ihr Lager. "Kein Geld für unsere Reise. Und keine Genehmigung! Das ist un-glaub-lich!"
Gerit war im Eingang stehengeblieben und machte beruhigende Zeichen zu Teri hinüber, die bei den ersten Worten Tanas erschreckt aufgesprungen war.
Tana deutete seine Gesten falsch. "Du warst mir auch keine große Hilfe!", ging sie auf ihren Gefährten los. "Einfach dasitzen und kein Wort sagen. Haben wir dafür nächtelang zusammengesessen und an unserem Plan gearbeitet, nur damit du dich von zwei Trunkenbolden mundtot machen läßt?"
Langsam, mit tapsigen Schritten ging Gerit auf Tana zu. "Wir werden fahren!", sagte er mit fester Stimme und legte Tana eine Hand auf die Schulter.
"Ach, lass mich doch in Ruhe", forderte Tana ihn leise auf, wobei sie ihn neben sich auf ihre Liege zog. Ein paar Augenblicke lang saßen die beiden dort stumm nebeneinander, dann fing Tana leise an zu lachen. "Hast du gesehen? Tees wäre fast vom Stuhl gekippt."
Jetzt mußte auch Gerit lächeln. "Und Raban konnte kaum noch stehen."
"Ge-nau!", bestätigte Tana, und plötzlich entlud sich ihre ganze Anspannung in brüllendem Gelächter.
Teri saß auf ihrem Bett und sah dem Treiben verständnislos zu. Erst stritten sich die Erwachsenen und dann lachten sie zusammen. Wußten sie eigentlich selbst, was sie taten?
"Wir werden fahren", hatte Gerit gesagt. Teri konnte nur hoffen, dass das auch stimmte. Höflich wartete sie ab, bis die Erwachsenen sich ausgealbert hatten, dann fragte sie Tana: "Wir fahren doch wirklich nach Tigan, oder?"
"Ja, Teri!" Tana konnte sich kaum beruhigen. Aber dann nahm sie sich zusammen. "Ja, Teri, wir werden auf die Reise gehen. - Auf eine große Reise. Ganz auf die andere Seite des Kontinents."
Gerit saß neben Tana und nickte ernst. "Wir werden bis zur Abreise in das Fremdenhaus ziehen müssen", stellte er fest. "Eine Lossagung von Zunft und Stadt ist kein Scherz. - Packt eure Sachen zusammen und kommt!"
"Fremdenhaus" Tief war das Wort in den Torbalken der Höhle am Schneckenhafen eingegraben. Dieses war der Ort, wo jeder Besucher Thedras die Nacht zu verbringen hatte.
Zu festgelegter Zeit ließen die Verkünder in Abständen dreimal ihre Fanfaren erschallen. Beim dritten Signal wurden die Tore der Herberge, und das große Schutztor am Hafen für die Nacht geschlossen. Besucher von außerhalb, die dann noch auf der Straße angetroffen wurden, bekamen das, was man, milde ausgedrückt, als Schwierigkeiten bezeichnen könnte.
Jeder Fremde, der nach dem dritten Hornsignal von der Wache ergriffen wurde, mußte von dieser unverzüglich
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