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Sturm

Sturm

Titel: Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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platziert hatte. Weiter entfernt saßen nur noch die Häuptlinge der drei großen Somer-Stämme und einige Händler, mit denen Anas Vater seit Jahren Geschäfte machte. Die Botschaft, die dahintersteckte, war für jeden im Saal deutlich lesbar. Man hinterging Somerstorm nicht, ohne den Preis dafür zu zahlen.
    »Das ist ein Witz.«
    Fürst Otar sprach so laut, dass Ana zusammenzuckte. Er saß auf einem der Ehrenplätze an ihrer rechten Seite. In einer Hand hielt er eine Bergziegenkeule. Fett lief über sein Handgelenk in den Ärmel seines Hemds und sammelte sich als dunkler Fleck am Ellenbogen. »Dieses ganze Fürstentum ist ein Witz.«
    Aus den Augenwinkeln sah Ana zu ihm hinüber. Otar war ein großer, fleischiger Mann. Sein Kopf war kahl, sein Gesicht voller roter Flecken und aufgeplatzter Adern. Früher hatte er als stärkster Kämpfer der Königreiche gegolten, doch aus seinen Muskeln war längst Fett geworden, das ihn nach unten zu ziehen schien und seinen Rücken krümmte.
    Otar bemerkte Anas Aufmerksamkeit. Er drehte den Kopf und sah sie aus blutunterlaufenen Augen an. »Ein Witz, verstehst du das?«, sagte er leiser.
    Sie wich seinem Blick aus. »Ihr seid betrunken, Fürst Otar. Vielleicht solltet Ihr Euch aus …«
    Er unterbrach sie. Sein saurer Weinatem strich über ihr Gesicht. »Ich lasse mir von dir nichts befehlen. Du und deine Familie, ihr seid niemand. Euer Gold gibt euch die Macht, einen guten Mann wie Marg zwischen Verräter und Bauern zu setzen, dabei solltet ihr vor ihm niederknien.«
    »Die Fürsten von Somerstorm knien vor niemandem.« Ana versuchte Entschlossenheit in ihre Worte zu legen, doch ihre Stimme zitterte.
    Otar lachte. Die Ziegenkeule in seiner Hand fiel auf den Teller zurück. Das Messer, das darauf lag, schepperte.
    »Fürsten von Somerstorm? Kleines Mädchen, ich sehe keine Fürsten von Somerstorm, nur einen Sklavenhändler und seine Brut.«
    Seine Stimme war wieder lauter geworden. Gesichter wandten sich ihm zu und dann rasch wieder ab. Niemand wollte in diesen Streit hineingezogen werden. Auf der anderen Seite des Hufeisens gingen die Unterhaltungen ungestört weiter. Ana blickte zu ihren Eltern und ihrem Bruder hinüber, hoffte, dass sie die Situation erkannten, in der sie gefangen war. Aber sie waren in ihre eigenen Gespräche vertieft. Von ihnen war keine Hilfe zu erwarten.
    »Mein Vater«, sagte Ana, als sie sich Otar wieder zuwandte, »hat das Fürstentum für seine Kriegsdienste erhalten. Es steht ihm zu.«
    »Ein Stück Felsen stand ihm zu, das niemand haben wollte, so war es gedacht. Ohne das verdammte Gold würden ihn heute alle noch den Sklavengeneral nennen, nicht Fürst von Somerstorm.« Otar schnaubte. »Fürst – als flösse auch nur ein Tropfen altes Blut durch seine Adern.«
    Er griff nach dem Messer und begann wütend, das Fleisch vom Knochen der Keule zu trennen. Ana spürte, wie ihr Herz hämmerte. Eine unsichtbare Grenze schien um sie und Otar entstanden zu sein, die niemand zu übertreten wagte. Selbst die Diener machten einen Bogen um sie.
    »Keiner sagt euch ins Gesicht, wie sehr wir euch verachten.« Otar richtete den Blick starr auf die Ziegenkeule. Knochen knirschten und Sehnen zerrissen unter der Messerklinge. »Wir sitzen an seinem Tisch, trinken seinen Wein, essen sein Fleisch, aber am liebsten würden wir ihm ins Gesicht spucken, diesem Sklavenhändler mit seiner Sklavenbraut und seinen Bastarden.«
    Er schien vergessen zu haben, dass Ana neben ihm saß. Sie wagte es kaum, sich zu bewegen, bemerkte mit Erleichterung die Gaukler, die am offenen Ende des Hufeisens hektisch begonnen hatten, ihre Instrumente und Requisiten aufzubauen. Eigentlich hätte die Vorstellung erst nach dem Essen anfangen sollen. Jemand hatte wohl erkannt, dass es Zeit war, die Aufmerksamkeit einiger Gäste voneinander abzulenken.
    »Und noch was.« Otar zog das Messer aus dem Fleisch und zeigte damit auf Ana. Sie wich zurück, doch im gleichen Moment fiel ein Schatten über den Fürsten und die fetttriefende Klinge in seiner Hand.
    Otar sah kurz auf, dann legte er das Messer zur Seite. Der Schatten verschwand. »Ich habe deinem Vater die Ehre erwiesen, ihm eine Verbindung mit dem ältesten Blut der vier Reiche anzubieten.« Seine Stimme zitterte vor Wut. »Er hat abgelehnt. Mein Sohn war wohl nicht gut genug für dich.«
    »Es waren bereits andere Arrangements getroffen worden. Euer großzügiges Angebot erreichte uns leider zu spät.« Das war die offizielle Begründung, die

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