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Sturm

Sturm

Titel: Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Viertgeborene, wenn man die Zwillinge mitzählte, die dem Blick der Götter nur wenige Stunden lang entgangen waren –, er hatte keine Wahl. Sein Leben war vorbestimmt.
    So wie meines, dachte Ana, schob den Gedanken aber sofort zur Seite.
    »Red mit Vater darüber«, sagte sie. »Er wird dir erklären, weshalb er so gehandelt hat.«
    »Ja.« Gerit hörte ihr nicht mehr zu. Der Wind trug Ochsengeruch und Stimmen über den Hof. Die Gaukler waren da.
    Ana bog um die Ecke, die zum Haupttor führte. Dieser Bereich der Festungsanlagen war normalerweise der Fürstenfamilie und ihren Gästen vorbehalten. Der Boden war gepflastert, Fahnen und Banner im Grau und Gold Somerstorms wehten auf den Mauerzinnen. Die Sklaven, die hier arbeiteten, trugen grau-goldene Uniformen, nicht die sackähnliche Kleidung aus schwerer Wolle und Ziegenfellen, die einem sonst rund um die Festung begegnete. Bereits vor einigen Tagen hatten sie innerhalb und außerhalb der Mauern Zelte aufgestellt, um dem Gefolge der eintreffenden Gäste eine Unterkunft zu bieten. Ein Teil des Hofes war mit Fellen überdacht worden, unter denen sich Feuerstellen und Bierfässer befanden. Jetzt eilten sie mit Tabletts voller Bierkrüge zwischen den Ochsenkarren und den neugierigen Zuschauern umher.
    Die Gaukler drängten sich um die Feuerstellen. Einige saßen auf Strohballen, andere hatten sich Felle über die Schultern gelegt und wärmten ihre Hände an Krügen mit dampfendem Obstbier. Ihre Kleidung hing nass an ihren Körpern, und sie duckten sich jedes Mal, wenn eine Windböe durch den Unterstand fuhr. Nur wenige sprachen miteinander. Die meisten starrten vor sich hin.
    »Die sehen aber nicht sehr lustig aus«, sagte Gerit. »Was sind denn das für Gaukler?«
    Ana hob die Schultern und blickte zu ihren Eltern, die umringt von Wachen auf der Eingangstreppe standen. Zwei Gaukler, ein kahlköpfiger Zwerg mit krummen Beinen und ein junger, stark tätowierter Mann unterhielten sich mit ihnen. Ana hoffte, dass die beiden begriffen, welche Ehre der Fürst ihnen mit einer persönlichen Begrüßung gewährte.
    »Komm, mal sehen, was sie sagen.« Ana bahnte sich einen Weg durch die Ochsenkarren, Gerit folgte ihr. Es hatte aufgehört zu regnen, aber das Kopfsteinpflaster glänzte noch nass. Ihre glatten Ledersohlen schlitterten darüber.
    Ihre Mutter nickte Ana zu. Sie war eine selbstbewusste Frau, etwas größer als der Fürst, etwas schlanker als er und etwas strenger als er.
    »Daneel und Grom, dies sind meine Kinder, Ana und Gerit.«
    Die beiden Männer verneigten sich tief. »Ihr beschämt uns mit Eurer Großmut, Fürstin Marie«, sagte Daneel. Seine Aussprache war undeutlich. Ana bemerkte die eingefallenen Lippen und die hohlen Wangen unter den Tätowierungen. Daneel hatte keine oder nur noch sehr wenige Zähne. »Ihr gebt uns Bier und Brot und stellt uns Euren Kindern vor, als wären wir Euresgleichen«, fuhr er fort. »Unsere Gebete werden Euch stets einschließen, denn mehr haben wir nicht zu entgegnen.«
    Die Fürstin neigte den Kopf. Sie schien antworten zu wollen, aber Gerit kam ihr zuvor.
    »Warst du in der Ewigen Garde?« Die Frage schoss aus ihm heraus.
    Daneel sah ihn an. »Das werde ich häufig gefragt, aus ersichtlichen Gründen. Aber die Antwort wird Euch leider enttäuschen. Ich hatte nie die Ehre, in der Ewigen Garde zu dienen. Ich war nur ein Matrose, den die Götter mit der fleckigen Krankheit gestraft haben, wofür, wissen nur sie selbst.«
    »Ach so.« Ana sah die Enttäuschung auf Gerits Gesicht.
    Daneel lächelte. »Vielleicht ist das aber auch eine Lüge. Vergesst nicht, wäre ich in der Ewigen Garde gewesen, so wäre ich jetzt ein Deserteur. Man nennt die Garde schließlich nicht die Ewige Garde, weil man kommen und gehen kann, wie man will. Aber warum, würdet Ihr Euch dann fragen, würde jemand die Garde verlassen wollen, wenn er doch alles getan hätte, um ein Teil von ihr zu werden? Darauf müsste ich antworten, dass es wahrscheinlich die Liebe zu einer Frau wäre, die einen aufrechten Offizier ins Unglück stürzen und ihn zwingen würde, sein Gesicht hinter Tätowierungen zu verbergen und sich zwischen Taugenichtsen und Halsabschneidern zu verstecken.«
    Gerits Augen leuchteten. »Ist das wahr?«
    »Ihr seid der Sohn des Fürsten. Es wäre unverschämt von mir, Euch zu diktieren, was Wahrheit und was Lüge ist. Darüber solltet Ihr selbst bestimmen.«
    Gerit runzelte verwirrt die Stirn. Ana lachte. »Du bist sehr eloquent, Daneel. Ist dies

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