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Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)

Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)

Titel: Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Ch Lichtenberg
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[RA 26]
    Vielleicht wird bald eine Zeit kommen, da wir sehen werden, dass wir in manchen Stücken über den Alten sind, in denen wir uns jetzt unter denselben glauben. In der Bildhauerkunst und Malerei ist dieses nur allzu klar. Winckelman war ein Enthusiast, ein Mann, der für die Alten eingenommen war, der sich selig pries, als er sich auf klassischem Grund und Boden befand, der seinen Geschmack nach den Mustern bildete, die er richten sollte. Bacons Venus in der Exhibition in Pall Mall könnte allemal, glaube ich, neben der Mediceischen stehn. Es gehört schon viel dazu, nach soviel gemachtem Lärm, ohne den Entschluss, nach Rom zu gehen, sich dem Vatikanischen Apoll zu Füßen zu werfen. Alle reisen hin in der Absicht, ihn anzubeten, und keiner, seine Gottheit zu untersuchen. [RA 29]
    Sich recht anschauend vorzustellen zu lernen, dass niemand vollkommen glücklich ist, ist vielleicht der nächste Weg, vollkommen glücklich zu werden. Es [ist] freilich niemand ganz glücklich, allein es sind sehr große Stufen in unserm Leiden, und das ist das Übel. [RA 32]

E.
[1775–1776]
    Gedanken über Tun und Schwätzen. [E 2]
    Er teilte des Sonntags Segen und oft schon des Montags Prügel aus. [E 3]
    Es hätte etwas aus seinen Ideen gemacht werden können, wenn sie ihm ein Engel zusammengesucht hätte. [E 9]
    Weil es sehr schwer hält, unsre großen Schriftsteller alle im Kopf zu behalten, so habe ich versus memoriales verfertigt, der Ausländer wegen. Dem Namen folgt allemal das Hauptwerk, das sie berühmt gemacht hat. [E 13]
    Ich danke meinem dick- und dünnschädelichten Landsleuten für die gute Aufnahme des Buchs. [E 14]
    Aristoteles hat angemerkt, dass unter allen Arten von Autoren die Dichter ihre Werke am liebsten haben. [E 15]
    Der poetische Szepter ist von ihm genommen. [E 25]
    Es ist ein großer Unterschied, welchen Weg man nimmt, um zur Erkenntnis gewisser Dinge zu gelangen. Wenn man mit Metaphysik und Religion in der Jugend anfängt, so geht man leicht in Vernunftschlüssen bis zur Unsterblichkeit der Seele fort. Nicht jeder andere Weg wird dazu führen, wenigstens nicht ebenso leicht. Wenn sich auch schon von jedem Wort einzeln ein deutlicher Begriff geben lässt, so ist es doch unmöglich, in einem sehr zusammengesetzten Schluss alle diese Begriffe gleich deutlich vor sich zu haben, in der Anwendung werden sie oft nach der Art verbunden, die uns von Jugend auf die gewöhnlichste und leichteste war. [E 30]
    Nichts ist schwerer in der Philosophie, als eine Sache ganz von Anfang zu nehmen und doch bei Betrachtung derselben von erworbenen Kenntnissen Gebrauch zu machen. Z. E. Über die Unsterblichkeit der Seele denken zu wollen, ohne vorher schon ein gewisses Ende zu sehen, ein gewisses Ziel; nicht beim 6ten Schluss schon eine Meinung zu ergreifen und den 8ten 9ten 10ten pp nur anzuhängen. Kann uns nicht das Denken in unserer materiellen Substanz ebenso außerordentlich vorkommen, weil wir dieses selbst sind? Je näher wir einem Gegenstand in der Natur kommen, desto unbegreiflich[er] wird er, das Sandkorn ist gewiss das nicht, wofür ich es ansehe. Ich begreife ebenso wenig, wie ein zusammengesetztes Wesen denken könne, als wie ein einfaches mit einem zusammengesetzten in Verbindung gebracht werden können … [E 31]
    In allen Sprachen sagt man: Ich denke, ich fühle, ich atme, ich habe Schläge bekommen und ich vergleiche, ich erinnere mich der Farbe, und ich erinnere mich des Satzes. Das, was sich in uns der Farbe, und das, was sich des Satzes erinnert, sind vielleicht ebenso wenig einerlei, als das, was die Schläge bekommt, und das, was vergleicht. Alles tut etwas bei allem, der Mensch fühlt sich in allem ganz, und wenn ich behalte, dass (a + x) × (a – x) gleich a2 – x2 ist, so hat vielleicht mein Daumen einen Teil davon zu behalten, wiewohl einen unbeträchtlichen, aber in manchen Menschen lebhaft genug, dass er ihnen bei Berührung einer Sache einfällt oder [sie] im Traum oder einem Fieber glauben, der Satz sei weiter nichts als ein Stückchen Leinwand. Es ist nicht so verdrießlich, ein Phänomenon mit etwas Mechanik und einer starken Dose von Unbegreiflichem zu erklären, als ganz durch Mechanik, das heißt die docta ignorantia macht weniger Schande als die indocta. Alle Bewegung in der Welt hat ihren Grund in etwas, was keine Bewegung ist, warum soll die allgemeine Kraft nicht auch die Ursache meiner Gedanken sein, so gut als sie die Ursache von Gärung ist? [E 32]
    Der Mann hat

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