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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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was sie sehen sollten; etwas, das gleich hinter der nächsten Ecke lauerte, sie verspottete, darauf wartete, daß sie das eine Bindeglied von Informationen fänden, das alle Türen öffnen und sie zu Josh führen würde.
    Unwissenheit und Sünde. Die Worte deuteten auf ein Gefühl von Überlegenheit und Frömmigkeit. Albert Fletcher hegte Groll gegen Hannah. Einen Groll, der drei Jahre alt war. Rache ist eine Speise, die am besten kalt serviert wird. Dieses Zitat 535
    fand sich nicht unter den Botschaften auf dem Nachrichtenbrett, aber es hätte gepaßt.
    Da war Paul Kirkwood mit seinem Jähzorn und seinen
    Geheimnissen.
    Er hatte ihnen das mit dem Van verschwiegen. Was könnte er sonst noch verheimlichen? Vor den Fernsehkameras spielte er den Märtyrer und zeigte seiner Frau gegenüber Wut und
    Verachtung. Könnte es sein, daß er seinem eigenen Sohn etwas angetan hatte? Warum? Was in aller Welt könnte ihn zu so etwas getrieben haben? Josh zu entführen und dann die große Show vom trauernden Vater abzuziehen, dazu gehörte eine Seele schwarz wie Obsidian. Aber Megan wußte, daß solche Dinge passierten. Sie hatte Akten über andere Fälle gelesen, Fälle, bei deren Details ihr speiübel wurde, wo Eltern ihre Kinder auf die entsetzlichste Art mißbraucht und dann ihre Spuren mit Trauer verbrämt hatten.
    Kirkwood mußte heute auf dem Revier erscheinen, damit man seine Fingerabdrücke nehmen und sie mit den jetzt vorliegenden vergleichen konnte.
    Megan drehte sich der Magen bei dem Gedanken um, was das für Stunk geben würde. Wenn er darauf pochte, für die Presse den unschuldig Verfolgten zu spielen, dann wäre ihre Marke und ihre Karriere wahrscheinlich keinen Pfifferling mehr wert.
    Unwissenheit und Sünde. Die Worte dröhnten durch ihren Kopf, während sie langsam rückwärts die Ereigniskurve
    entlangging, vom heutigen Datum an. Sie las die stündlichen Anmerkungen, die wichtigsten, in rot geschriebenen Details, die unwichtigeren Fakten in Blau. Die Entdeckung der Jacke. Olies Selbstmord. Olies Verhaftung und Vernehmung. Der Anruf bei Hannah. Die Entdeckung der Sporttasche. Die erste Meldung, daß Josh vermißt wurde.
    Sie stand am Ende der Kurve. Tag Eins. Nullpunkt.
    17:30 – Josh verläßt GMK-Stadion nach Eishockeytraining.
    536
    17:45 – Krankenhaus ruft GMK-Stadion an, um mitzuteilen, daß Hannah sich verspäten würde.
    17:45 – Beth Hiatt holt Brian Hiatt am Stadion ab. Brian ist der letzte, der Josh sieht.
    18:00-19:00 – Während dieser Zeit beobachtet Helen Black, wie ein Junge in einen hellen Van vor dem GMK-Stadion steigt.
    19:00 – Josh erscheint nicht zum Religionsunterricht, den A.
    Fletcher leitet.
    19:00 – Hannah ruft Paul im Büro an. Keine Antwort.
    Hinterläßt Botschaft.
    19:45 – Hannah meldet Josh als vermißt.
    20:30 – Olie Swain im GMK-Stadion befragt. Hat den Anruf vom Krankenhaus, daß Hannah sich verspäten würde, nicht entgegengenommen.
    20:45 – Joshs Sporttasche auf dem Gelände des GMK-
    Stadions mit einer Nachricht gefunden: ein Kind verschwindet, Unwissenheit ist nicht Unschuld, sondern SÜNDE.
    Sie hatten das Verbrechen auf einen Zeitplan begrenzt. Was sie nicht hatten, war das Programm des Verbrechers. Wann, an welchem Tag hatte er beschlossen, Josh zu entführen? Was hatte er an dem Tag gemacht? Wen hatte er gesehen, mit wem
    geredet? Wer hatte ihn aufhalten können? Wenn der Typ vor ihm im Gemischtwarenladen sich entschlossen hätte, fünfzig Lotterielose zu kaufen und die Schlange zehn Minuten länger aufzuhalten, wäre Josh dann heute noch bei ihnen?
    Timing ist alles.
    Und Unwissenheit ist nicht Unschuld, sondern SÜNDE.
    Die Spannung packte Megan an den Schläfen wie eine
    Eiszange.
    Fester und immer fester.
    »Ich werde es sehen«, murmelte sie, »und herausfinden – dann nagle ich dir den Hintern fest!«
    537
    Ein scharfes Klopfen an der Tür kündete Natalies Auftritt an.
    Sie kam mit einem Stapel Papieren und Akten unter einem Arm und einer dampfenden Kaffeetasse in der rechten Hand herein.
    Ihre dunklen Augen hinter der großen roten Brille waren erschöpft und blutunterlaufen, erinnerten Megan daran, daß nicht nur ihr dieser Fall den Schlaf raubte.
    »Mädchen, du brauchst einen Kaffee«, verkündete Natalie und knallte die Tasse auf den Tisch.
    Megan hob sie hoch und atmete das Aroma ein, als wäre es Riechsalz.
    »Ich würde ihn intravenös nehmen, wenn ich könnte. Danke, Nat.«
    Natalie winkte mit einem Trio klappernder Holzarmbänder und einem

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