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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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die Brauen.
    »Kommandier mich nicht rum«, konterte sie mit einem Anflug ihres üblichen Temperaments.
    »Was willst du dagegen machen, O’Malley? Mich mit deiner Krücke verhauen?« Sein gespielter Ärger kaschierte seine Besorgnis nur mangelhaft.
    »Reize mich nicht, ich bin grantig.«
    »Marsch zurück ins Bett, sonst übernehm ich die Regie.« Er zeigte ihr den Weg. »Natalie hat recht. Wir brauchen dich gesund und an deinem Arbeitsplatz zurück. Dieser Detektiv-Spaniel, den sie uns da für dich geschickt haben, macht mich fix 696
    und fertig.«
    Megan sah ihn an. »Hab ich das nicht auch …?«
    »Du bist wenigstens ein Cop«, schimpfte er. »Und dich kann ich küssen, wenn du mich verrückt machst.«
    »Marty gefällt das vielleicht auch. Hast du ihn gefragt?«
    »Sehr witzig. Komm jetzt, Megan, ich meine es ernst, ab in die Falle.«
    Megan ignorierte den Befehl und wandte sich wieder dem Fenster zu.
    Dieses Gerede über die Arbeit machte ihr ihre wacklige Position immer noch mehr bewußt. Die Angst schwoll in ihr an wie ein Ballon.
    Sie redete sich ein, damit fertig zu werden, so wie sie mit den meisten Kalamitäten fertig geworden war, nämlich allein. Mitch wollte nicht ihre Bürde, hatte klargemacht, was er sich vorstellte, eine kurze Affäre, keine Bindung, keine
    Komplikationen. Jetzt war sie eine unabsehbare Komplikation.
    Und der Druck einer ungewissen Zukunft steigerte sich weiter in ihr, drohend wie eine geballte Faust, und sie konnte es um die Welt nicht verhindern, daß ein paar Worte heraussickerten.
    »Vielleicht schaff ich den Job nicht mehr«, sagte sie kleinlaut,
    »hier nicht und anderswo auch nicht. Vielleicht nie mehr!«
    Sie beobachtete sein Spiegelbild im Glas, als er sich näherte.
    Eine Hand strich über ihr Haar, dann legte er sie auf ihre Schulter.
    »Ich dachte, du bist eine harte Braut«, er wackelte mit dem Zeigefinger. »Es ist vorbei, wenn es vorbei ist, O’Malley.« Ihr mißtrauischer Blick richtete sich auf sein Spiegelbild. »Ich weiß das mit deiner Hand, Schatz.«
    »Sag bloß nicht Schatz zu mir.«
    Er legte mit äußerster Behutsamkeit seine Arme um sie und hielt den Atem an, während sein Herz flehte, sie möge sich an 697
    ihn lehnen.
    Megan wehrte sich ihrerseits mit angehaltenem Atem gegen ihre Sehnsüchte, wartete, daß diese verebbten. Es war nicht klug, sich nach so etwas zu sehnen. Sie hatte das ihr ganzes Leben lang gewußt. Steh auf deinen eigenen zwei Beinen, O’Malley. Halt dein Herz fest. Das Schlimme war nur, sie fühlte sich zu schwach, um alleine zu stehen, und ihr Herz war längst entflohen. Sie hatte nichts mehr zu verlieren außer ihrem Stolz, und von dem waren ohnehin nur fadenscheinige Fetzen übrig.
    Die Tränen kamen trotz aller gegenteiligen Bemühungen. Ihr fehlte die Kraft, sich innerlich aufzurüsten, mit den Ver-teidigungsmechanismen, die ihre Seele so lange beschützt hatten.
    Sie konnte spüren, wie alles was sie je gewollt, je geliebt hatte, durch ihre Finger glitt, sie allein zurückließ, einsam und hilflos.
    Sie war soviel alleine gewesen, und es tat so furchtbar weh …
    Die Worte entrangen sich ihr widerwillig, wie die Tränen: »Ich
    … ich hab solche Angst.«
    Sie drehte sich um, drückte ihr Gesicht an seine Brust und weinte.
    Mitch legte seine Wange auf ihren Kopf und kniff die Augen zu. »Ist schon gut«, flüsterte er. »Ich bin für dich da, Megan. Du wirst nicht allein sein.«
    Er hob ihr Gesicht zu seinem und sah in ihre weit offenen, mißtrauischen Augen, die viel zu viel Enttäuschung gesehen hatten. Seine Hand umfing ein Gesicht, das so zerbrechlich, so hübsch war, daß ihm der Atem stockte. In diesem Augenblick sah er weder das blaue Auge noch die genähte Lippe. Das Gefühl, das in ihm wuchs, bereitete ihm eine Höllenangst.
    »Ich sage es jetzt, ich liebe dich, Megan.« Er schluckte und wiederholte entschieden: »Ich liebe dich.«
    »Nein«, sie löste sich von ihm, »nein, tust du nicht.«
    Mitch sah sie grimmig an. »Doch, das tu ich.«
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    »Nein.« Sie schüttelte den Kopf und humpelte auf das Bett zu, die Gummispitze ihrer Krücke quietschte auf dem polierten Boden. »Du liebst mich nicht, es ist Mitleid.«
    »Sag mir nicht, was ich fühle, O’Malley«, knurrte er. »Ich kann sehr wohl beurteilen, wenn ich in jemanden verliebt bin, und zwar in dich. Frag mich nicht, warum. Du bist die sturste, entnervendste Frau, die mir je begegnet ist. Deswegen weiß ich es erst recht.« Er hob nachdrücklich seine Rechte.

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