Sünden der Nacht
gefallen?«
»Ich will sagen, es gibt wesentlich wichtigere Dinge, auf die wir uns konzentrieren sollten. Das gilt sowohl für sie als auch für uns.« »Was soll denn das heißen? Glaubst du, meine Karriere wäre mir wichtiger, als Josh zu finden?«
Mitch erhob sich. »Ich höre dich nicht toben, weil unser einziger Verdächtiger tot ist. Das hast du ganz locker geschluckt. Aber wenn jemand wagt, dich anzugreifen, dann geht die Welt unter.«
Megan war sprachlos, konnte ihn nur anstarren. Schließlich wandte sie sich ab, rieb sich mit einer Hand über die Stirn und murmelte: »Ich hätte wohl damit rechnen müssen. Ein Mann ist ein Mann ist ein Mann ist ein Mann.«
»Was soll das heißen?«
»Das soll heißen, du kapierst überhaupt nichts«, keifte sie und drehte sich wieder zu ihm. Jeder Muskel ihres Körpers war steif vor Zorn, die Hände zu Fäusten geballt. »Meine Autorität und meine Integrität sind kompromittiert worden. Wenn das erst über Rundfunk und Fernsehen verbreitet wird, ist meine Glaubwürdigkeit einen Pfifferling wert. Vorausgesetzt, ich mache noch einen Job. Sogar der Vatikan hat mehr Sinn für skandalöse Publicity als das BCA.« Phantombilder von DePalmas Rage zogen durch ihren Kopf. Nixon als der Sensenmann, das Antlitz der Verdamnis.«
»Weißt du, wie ich diesen Job gekriegt habe, Mitch?« fragte sie. »Weil ich doppelt so hart und dreimal besser als jeder Mann dafür gearbeitet habe! Ich habe wie ein Berserker dafür gekämpft, weil ich an das, was wir tun, glaube.
Es gibt nichts , was mir mehr am Herzen liebt, als Josh Kirkwood ausfindig zu machen. Ich habe alles dafür gegeben, alles was ich weiß, jedes Quentchen Willen und Entschlußkraft, um den Jungen zurückzubekommen und den Kopf des Entführers auf eine Lanze zu spießen. Jetzt wird mir wahrscheinlich diese Befriedigung versagt bleiben, und die Ermittlung wird einen verdammt guten Cop verlieren, weil ich aus Dämlichkeit mein oberstes Prinzip gebrochen und mit einem Cop geschlafen habe.«
»Dämlich?« sagte er mit gefährlich ruhiger Stimme. »Das denkst du also über uns?«
»Was heißt hier uns ?« fragte Megan bissig. Sie hätte gerne geglaubt, daß ihre Beziehung etwas Besonderes war, aber sie konnte es nicht beschwören. Sie wollte glauben, daß er ihr jetzt diese Chance bot, aber traute ihm nicht über den Weg. So schnell entstand Liebe nicht. Liebe
existierte für sie überhaupt nicht. Diese Lektion hatte ihr das Leben vor langer Zeit erteilt.
»Es gibt kein uns«, fuhr sie fort. »Wir hatten Sex. Du hast mir nie irgendwelche Versprechungen gemacht. Bei Gott, du hast dir ja nicht mal die Mühe gemacht, deinen Ehering abzulegen, als du mit mir ins Bett gestiegen bist!«
Mitchs Blick fiel sofort auf seine linke Hand und den dicken Goldreifen, den er aus Gewohnheit trug. Er trug ihn, um sich zu bestrafen, um sich vor Frauen zu schützen, die vielleicht mehr wollten als ein kurzes Vergnügen. Und er funktionierte doch wie ein Talisman, oder etwa nicht?
Megan stand breitbeinig vor ihm, die Schultern zurückgeworfen, bereit, einen Schlag aufzufangen – physisch oder bildlich. So hart nach außen, innerlich so allein. Sie hatte ihre Prioritäten laut und deutlich verkündet: der Job, der Job und dann wieder der Job. Aber da war immer noch Schmerz in ihren Augen und dahinter Stolz, der ihr Kinn vortrieb. Er hatte sie dazu überredet, ihre Regeln zu brechen, gemeinsam Sex zu haben, ihr nichts geboten, und jetzt würde sie den Preis bezahlen.
Und zu was macht dich das, Holt? König der Arschlöcher?
Er atmete hörbar aus. »Megan, es tut mir …«
»Spar dir das.« Sie wollte das Wort nicht hören. Schlimm genug, es in seinem Gesicht geschrieben zu sehen. »Wir hätten es beide besser wissen müssen.« Sie redete sich ein, es wäre nicht Mitch, der ihr weh tat, sondern die Ungerechtigkeit einer Doppelmoral, die sie bestraft, weil sie sich vorübergehend ein Privatleben gegönnt hatte.
»Du mußt dir natürlich keine Sorgen machen.« Sie zwang sich zu einem unfreundlichen Lächeln. »Jeder weiß, daß Jungs eben so sind. Und ich bin es gewohnt, mit einer Axt über meinem Kopf durch mein Berufsleben zu hechten. Also, hey, das ist nichts Neues.«
»Megan …«
Er streckte eine Hand aus und wollte ihre Wange berühren. Sie schlug sie beiseite.
»Verdammt, Mitch Holt, wage ja nicht, mich zu bemitleiden!« Sie biß ihre Zähne zusammen. Sie hatte keine Waffe gegen Zärtlichkeit und wich vor ihm zurück. Ihr Mund war
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