Suendenpakt
ein guter Surfer wurde, war ich seine Babysitterin. Ich erinnere mich, dass er nie ohne eine Schüssel Rice Krispies ins Bett ging.
Trauer wandelt sich in Wut, als weitere Einzelheiten über die Morde zu uns nach unten sickern. Allen dreien hatte man aus kürzester Entfernung in die Stirn geschossen. Alle drei weisen Abschürfungen von Seilen an den Handgelenken auf. Und als man sie gefunden hatte, lagen sie wie auf einem Müllhaufen übereinander. Wir wissen, dass sie zwar
keine Engel, aber auch keine Verbrecher waren. Was ist also heute Abend passiert?
Ich wende mich von den aufgereihten Zehn-Millionen-Dollar-Strandhäusern ab und gehe zu den Krankenwagen. Unter den zwei Dutzend Polizisten, die dort ziellos herumlaufen, befindet sich eine Handvoll Einwohner, denen aus irgendeinem Grund gestattet wurde, sich dem Tatort zu nähern.
Einer dieser großen, kompakten Männer legt seinen Arm um die Schulter eines hoch gewachsenen, viel dünneren Mannes neben ihm. Scheiße, denke ich.
Sie stehen mit dem Rücken zu mir, aber ich weiß, dass der Größere Jeff Dunleavy ist, der andere sein jüngerer Bruder Tom. In diesem Augenblick werde ich von einem Schmerz gepackt, der, wie ich zu meiner Schande gestehen muss, nichts mit den drei toten Montauk-Jungs zu tun hat.
14
Tom
Der derzeitige Haufen der East-Hampton-Polizisten hatte noch nie mit einem furchtbaren, fast skatologischen Verbrechen wie diesem hier zu tun. Und das merkt man der Szene an: zu viele Polizisten, zu viele Leichen und zu viele Gefühle, die viel zu nah an der Oberfläche liegen.
Schließlich steckt Van Buren, der jüngste Detective, ein zehn mal zehn Meter großes Rechteck um die Leichen ab und lenkt das Licht vom Spielfeld zu den Leichen, damit die Forensiker nach Fingerabdrücken und DNA-Spuren suchen können.
Ich will Van Buren nicht stören, deswegen gehe ich auf Polizeichef Bobby Flaherty zu, den ich schon seit Ewigkeiten kenne.
»Ist Feifs Familie schon informiert?«, frage ich.
»Ich schicke Rust hin«, antwortet er und deutet mit dem Kopf auf einen Anfänger, der immer noch so grün im Gesicht ist wie ich vor einer Dreiviertelstunde.
»Lass mich das machen, Bobby, ja? Sie sollten es von jemandem erfahren, den sie kennen.«
»Das wird auch nichts nützen, Tom.«
»Mich muss nur jemand zum Bootshafen fahren. Dort steht mein Auto.«
Feifers Haus liegt im letzten noch ganzjährig bewohnten Viertel in einer ruhigen Sackgasse neben der Junior Highschool. Hier können die Kinder immer noch auf der Straße Baseball spielen, ohne überfahren zu werden. Familien wie die Feifs wollen ihre Kinder genau hier großziehen,
weil sie glauben, sich wegen solch unsäglicher Vorfälle wie diesem hier keine Sorgen machen zu müssen. Ja, das glauben sie.
Obwohl es schon spät ist, brennt noch Licht im Wohnzimmer. Wie ein Einbrecher schleiche ich mich ans Panoramafenster.
Vic und Allison Feifer und ihre noch minderjährige Tochter Lisa sitzen auf dem breiten, bequemen Sofa, ihre Gesichter vom Licht des Fernsehers beleuchtet. Eine Tüte vom Videoladen hängt über einem Stuhl - vielleicht sehen sie sich eine Schnulze an, weil das Kinn des alten Feifer auf seine Brust gefallen ist und Ali und Lisa wie gebannt auf den Bildschirm starren, während sie blind in die zwischen ihnen stehende Popcornschüssel greifen.
Ich weiß, der Schein kann trügen, aber sie wirken wie eine nette, zufriedene Familie.
Bevor ich auf den Klingelknopf drücke, hole ich tief Luft. Lisa, mit pinkfarbenem Pullover, an den Füßen weiße Fellhausschuhe, springt vom Sofa auf.
Ungeduldig reißt sie die Fliegentür auf und zieht mich zum Sofa hinter sich her, ohne dass ihr die ungewöhnlich späte Stunde meines Besuchs komisch vorkommt.
Aber sobald ich vor ihnen stehe, verrät mich mein Gesicht. Allison packt meinen Arm, und der alte Feif, ohne Schuhe und immer noch nicht ganz wach, erhebt sich mühsam.
»Es geht um Eric«, bringe ich heraus. »Ich kann gar nicht sagen, wie leid mir das tut. Man hat heute Abend an der Beach Road auf dem Grundstück von Wilson seine Leiche gefunden, zusammen mit denen von Rochie und Walco. Er wurde umgebracht. Es tut mir so leid, dass ich euch das mitteilen muss.«
Es sind nur Worte, aber sie sind hart wie Pistolenkugeln. Noch bevor sie über meine Lippen sind, ist Allisons Gesicht verzerrt. Sie schaut ihren Mann an, der genauso am Boden zerstört ist wie sie, ein Schatten der Menschen, die sie vor fünf Minuten noch waren.
15
Tom
Ich könnte
Weitere Kostenlose Bücher