Sündiger Mond
bekomme, wenn Du mir von einer kleinen Affäre hier und da erzählst. Schließlich war diese Sache mit der freien Liebe meine Idee, und ich halte mich eigentlich nicht für eine so große Heuchlerin. Wenn ich Dich an der kurzen Leine halten wollte, würde ich Dich heiraten.
Apropos: Dein Argument, ich könnte für Jules und Inès eine »richtige Stiefmutter« sein, wenn wir verheiratet wären, ist nicht wirklich stichhaltig. Jules ist elf, Inès ist neun. Sie wissen, dass ich nicht ihre Mutter bin, schließlich leben sie bei ihr. Mich sehen sie nur, wenn sie Dich besuchen. Sie werden mich nicht plötzlich Mère nennen, wenn Du mir einen Ring an den Finger steckst, und das würde ich auch gar nicht wollen. Mir gefällt es wesentlich besser, die geliebte Tante zu sein. Die Rolle habe ich an Kitty schon bis zur Perfektion geübt, und sie liegt mir sehr. Ich liebe Deine Kinder so sehr, Rémy, und unsere
Beziehung zueinander ist so warm und herzlich, dass ich es so, wie es ist, perfekt finde. Das meine ich ernst, mein Schatz. Meinst Du nicht, Du klammerst Dich an Strohhalme?
Und um das Thema zu wechseln: Ich wollte Dir unbedingt noch erzählen, dass Kitty und Nils sich jedes Mal, wenn er die Post bringt, verstohlen küssen oder streicheln. Ach, wenn man doch noch mal sechzehn wäre. Allerdings sind die beiden schon zwanzig, respektive einundzwanzig, also eigentlich schon ein bisschen zu alt, um zu lange in diesem Vorspiel-Stadium stecken zu bleiben. Das Problem ist natürlich, dass Nils dieses Kirchenmädchen aus der Ferne anbetet. Hinzu kommt die nur allzu verbreitete Auffassung unter wohlerzogenen jungen Männern, dass man es mit einer Frau, die man mag und respektiert, nicht tun darf. Warum Frauen diese Auffassung auch noch ermutigen, entzieht sich meiner Kenntnis. Ja, ich weiß, ich habe gut reden, da ich mir meine Jungfräulichkeit bis vierundzwanzig bewahrt habe, aber das waren auch andere Zeiten damals. Kitty hat ein Diaphragma, seit sie neunzehn ist. Ich weiß es, da ich ihr zugeredet habe, es einsetzen zu lassen.
Da wir gerade von meiner Jungfräulichkeit sprechen und dem Bericht darüber, wie ich sie verloren habe – Deine Reaktion auf die Geschichte mit Claude im Landauer hat mich umgehauen. Zu behaupten, Du hättest Dich »emotional hintergangen« gefühlt, finde ich eine Spur zu melodramatisch, um nicht zu sagen, vorsintflutlich.
Hast Du diesen erotischen Film vergessen, den wir mit Margaux und Denis letztes Jahr im Sommer in Deinem Büro im Pathé-Cinéma gesehen haben, als alle schon nach Hause gegangen waren? Der, wo der Mann das Hausmädchen dabei erwischt, wie es sich mit dem Staubsaugerschlauch befriedigt, und er seine Frau zu einer kleinen Ménage à trois holt? Du hast mir gesagt, was die beiden Frauen miteinander gemacht haben, sei das Heißeste gewesen, was Du jemals gesehen hast.
Ich glaube es Dir sofort, denn kaum waren wir allein, hast Du mich auf die Knie gezwungen, deinen Schwanz herausgezogen und gegrollt: »Suce-le.« Ich werde schon nass, wenn ich nur daran denke, wie herrisch Deine Stimme geklungen hat. Und als Du mir sagtest, ich solle aufhören und mich über den Schreibtisch beugen, bin ich gekommen, ohne dass Du mich überhaupt angefasst hast, das einzige Mal in meinem Leben, dass mir so etwas im Wachzustand passiert ist. Wenn Du Dich erinnerst, habe ich pausenlos »Oh« geschrien, während Du in mich hineingehämmert hast – und dann noch ein paarmal, als Du auf dem Heimweg in diese Nebenstraße abgebogen bist, mich auf den Schoß gezogen und ihn mir erneut hineingesteckt hast. Du bist wirklich der heißeste Mann, dem ich je begegnet bin, und der beste Liebhaber. Ich habe solches Glück gehabt, Dich zu finden.
Aber ich werde rührselig. Ich habe diesen Film ja nur erwähnt, weil ich nicht verstehe, warum Du es »verstörend und unangenehm« findest, wenn zwei Männer es tun, während Du nichts dagegen hast, zwei Frauen dabei zu beobachten. Hast Du etwa Angst, Dein pénis könnte reagieren und Du müsstest über die Konsequenzen nachdenken? Ich frage ja nur, weil es mich verblüfft, dass ein so toleranter Mann wie Du so spießig reagiert.
Und jetzt wieder zu der wöchentlichen Folge von Emilys Abenteuer im Schloss, Teil zwei.
Die erwartete Aussprache zwischen Hickley und mir fand später an jenem Nachmittag statt. Er fand mich weinend in der Bibliothek. Das heißt, ich führte die Aussprache herbei, denn er starrte mich nur stumm an. Dass ich weinte, kannte er nicht an mir.
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