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Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)

Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Sündiges Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Mallory
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Die Oper Don Giovanni hatte sie aufgewühlt – sie einerseits begeistert und andererseits erschreckt.
    Seufzend betrachtete sie den schlummernden Mann im Bett. Wünschte sie sich dieses Leben? Wenn es das Einzige war, das sie mit ihm teilen durfte? Sie dachte an Charlotte Chatsworth, die sie nicht verurteilen, sondern einfach nur sehen wollte. Mit einer Kapuze getarnt, war sie in die Oper gekommen – trotz des fragwürdigen Publikums an diesem Abend – , um die Geliebte ihres Verlobten kennenzulernen. Und um zu sehen, was ihr die eigene Zukunft bringen würde.
    Miranda nahm ihr Negligé von der Bank am Fußende des Bettes. Es war aus zartem, durchscheinendem Stoff und, anders als ihre braven, zweckmäßigen alten Nachthemden, geschaffen, um einen Mann zu erfreuen. Sie zog es an und griff nach dem passenden Morgenrock, verknotete den Gürtel in ihrer Taille.
    Sie würde nicht mehr lange in seinem Haus bleiben können. Eine Geliebte brauchte ihren eigenen Haushalt. Ihr eigenes Personal. Hier würde die Ehefrau leben, wenn sie sich in London aufhielt. Bei diesem Gedanken war ihre Kehle plötzlich wie zugeschnürt. Sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Diesen Weg hatte sie schließlich aus freien Stücken gewählt. Großer Gott, die andere Frau in Maxims Leben hatte ihr gewissermaßen ihren Segen erteilt.
    Von einer seltsamen Schwäche erfasst, berührte sie ihre Stirn. Kopfschüttelnd tastete sie nach einer Kerze und Zündhölzern. Im Dunkeln streifte ihre Hand eine Klinke. Sehr gut. Sie öffnete die Tür und betrat den angrenzenden Raum, das Wohnzimmer. Hoffentlich machte sich sein Kammerdiener hier noch nicht zu schaffen.
    Doch sie traf niemanden an. Sie entzündete eine kleine Lampe und sank in einen Sessel. Um ihre Gedanken zu ordnen, bevor Maxim erwachte, sie umarmte und sie wieder ganz durcheinanderbrachte. Wieder einmal.
    Sanfter Lampenschein fiel golden auf die Einrichtung. In diesem Raum war sie noch nie lange gewesen und fühlte sich deshalb ein wenig als Eindringling, der hier nichts zu suchen hatte. Sie stand auf und ging zu den Regalen hinüber. Hier wirkte alles sehr persönlich. Berührbar. Voller Leben. Ganz anders als unten in dem steifen Roten Salon. Jene Wesenszüge, die sie aus der Korrespondenz mit seinem zweiten und dritten Ich sowie aus Gesprächen auf dem Landsitz kannte und die sie manchmal in seinem Gesicht sah, wenn sein Blick tief in ihr Herz drang – sie traten ihr in diesem sehr privaten Raum entgegen.
    Sie strich über die Buchrücken. Schöne Erstausgaben. Seltene Werke. Persönliche Lieblingslektüre. Im Halbdunkel stolperte sie gegen die Schreibtischkante. Als sie nach einem Halt griff, berührte sie eine Mappe, und ein Blatt Papier glitt heraus, mit einer schwungvollen Handschrift bedeckt.
    Neugierig holte sie die Lampe, um besser sehen zu können. Die acht Elemente der Verzauberung las sie auf dem Briefbogen, den das Wappen von Maximilian Landry, Viscount Downing zierte.
    Aha, sie befand sich also in dem Zimmer, in dem »Eleutherios« zu schreiben pflegte. Mirandas Körper durchlief ein eigenartiges Zittern. Zwar hatte sie keine Bestätigung mehr gebraucht, aber dennoch war es ein merkwürdiges Gefühl, es direkt vor Augen zu haben. Gleichzeitig meldete sich ihr schlechtes Gewissen, weil sie in seinen privaten Papieren wühlte. Trotzdem öffnete sie die Mappe, fand einige Manuskriptteile und Zettel voller Notizen.
    Wird sie zustimmen, wenn Sie mit einer Herausforderung an sie herantreten? Tapfer hat sie die Wette akzeptiert.
    In ihren Augen müssen Sie lesen, dass Sie gewonnen haben.
    Enthüllen Sie ihre Hände.
    Ihre Lider verengten sich. Was war das? Jedenfalls handelte es sich nicht um Konzepte für eine Fortsetzung des Manuskripts, sondern um Überlegungen älteren Datums, die sie betrafen. Diese Zeilen enthielten den Schlüssel zu ihrer Verführung. Nur um sie ging es. Darum, wie er sie gewinnen und besitzen konnte. Hingeworfene Sätze, durchgestrichene Worte, Fragezeichen – ein Tanz mit Feder und Tinte. Auch wenn ihr Name nicht ausdrücklich erwähnt wurde, meinte sie, ihn dort wie ein Brandmal zu sehen. Und ihr kam es plötzlich vor, als habe er ihr ebenfalls ein Brandmal aufgedrückt, um seinen Besitzanspruch zu demonstrieren.
    »Miranda?«
    Ihre Finger verkrampften sich, als er sich von hinten näherte. Sie hörte das Geräusch seiner nackten Füße auf dem weichen Teppich.
    »Was machst du da?« Er trat an ihre Seite, sah das Papier in ihrer Hand und erstarrte.

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