Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset
Öffentlichkeit zu stehen, der Traum, aus großer Höhe zu fallen, der Traum, durch eine fremde Stadt zu hasten, überzeugt, hinter der nächsten Ecke seinem Schicksal zu begegnen.
David überlegte, ob er seinen Fünfer wieder einstecken sollte, lehnte sich dann aber über den Kartenschalter und warf ihn dort auf den Tisch, der bis auf eine Schachtel Lucky Strike auf einem Danielle-Steel-Schmöker leer war. Dann mischte er sich unter das Gewühl im Hauptraum.
Die Derailers legten an Tempo zu, und die jüngeren Gäste tanzten nun Pogo wie bei einem Punkkonzert. Zu Davids Linken bildeten zwei Dutzend der älteren Paare einen zweireihigen Line-Dance. Als er genauer hinsah, fiel ihm auf, dass es doch nur eine Reihe gab. Die hintere Wand war verspiegelt, so dass die Tanzfläche doppelt so groß wirkte, wie sie eigentlich war.
Ein Glas zersplitterte. »Du gibst einen aus, Partner!«, rief der Sänger, während die Band zum Instrumentalteil überging, und die Tänzer johlten über seinen Witz, der vermutlich zündend genug wirkte, sagte sich David, wenn man reichlich Tequila intus hatte.
Der Tresen war ein Hufeisen mit einer Neon-Silhouette der Wild River Range darüber. Sie war rot-weiß-blau; in Wyoming schienen sie ihr Rot-Weiß-Blau ja wirklich zu lieben. Ein Neonschild in den gleichen Farben verkündete: DU BIST IN GOTTES LAND, PARTNER. Es wurde vom Budweiser-Logo zur Linken und vom Coors-Logo zur Rechten flankiert. Die Menge, die darauf wartete, bedient zu werden, stand dicht an dicht. Ein Barkeeper-Trio in weißem Hemd und roter Weste jonglierte mit Shakern wie mit blitzenden Revolvern.
Das Lokal war riesig wie eine Scheune – gut fünfhundert Leute machten hier einen drauf -, aber er sorgte sich nicht darum, ob er Willa hier fand. Meine Wünschelrute funktioniert, dachte er, während er eine Abkürzung über den Tanzboden nahm, fast selbst tanzend, um den wirbelnden Cowboys und Cowgirls auszuweichen.
Hinter dem Tresen und der Tanzfläche gab es eine schummerige kleine Lounge mit hochlehnigen Sitzecken. In den meisten tummelten sich Vierergruppen, mit etlichen Krügen zur Stärkung, und die Spiegelwand machte jeden Vierer zu einem Achter. Nur eine der Nischen war nicht voll besetzt. Willa saß allein da. Ihr braves Blümchenkleid fiel zwischen all den Jeanshosen, Jeansröcken und Hemden mit Perlmuttknöpfen ziemlich aus dem Rahmen. Auch hatte sie sich nichts zu trinken oder zu essen bestellt – der Tisch war leer.
Sie sah ihn zunächst nicht. Sie beobachtete die Tänzer. Ihre Wangen waren gerötet, und in den Mundwinkeln saßen tiefe Grübchen. Sie wirkte hier gänzlich fehl am Platz, aber er hatte sie nie mehr geliebt als gerade jetzt. Willa, am Rande eines Lächelns.
»Hi, David«, sagte sie, als er neben sie auf die Bank schlüpfte. »Ich hab gehofft, dass du kommst. Hab’s mir fast gedacht. Ist die Band nicht toll? So schön laut!« Sie musste fast schreien, damit er sie hörte, aber er sah ihr an, dass sie auch das genoss. Nach dem ersten Blick zu ihm hin wandte sie sich wieder den Tänzern zu.
»Die sind wirklich gut«, sagte er. Und das waren sie auch. Er spürte, wie der Sound ihn packte, trotz der Unruhe, die zurückgekehrt war. Nun, da er Willa endlich gefunden hatte, machte er sich wieder Sorgen darum, diesen verdammten Ersatzzug zu verpassen. »Der Sänger klingt wie Buck Owens.«
»Ehrlich?« Sie sah ihn lächelnd an. »Wer ist Buck Owens?«
»Egal. Schauen wir lieber, dass wir zum Bahnhof zurückkommen. Außer, du willst hier noch einen weiteren Tag hängenbleiben.«
»Das wär doch nicht das Schlechteste. Irgendwie mag ich diesen Ort – he, Achtung!«
Ein Glas flog in hohem Bogen über die Tanzfläche, schillerte kurz grün und golden im Licht der Bühnenspots und zerschellte dann irgendwo außer Sichtweite. Es gab johlenden Applaus – Willa klatschte ebenfalls -, aber David sah zwei Muskelprotze mit RUHE und SICHERHEIT in breiten Lettern auf den T-Shirts zielstrebig in Richtung der Abwurfstelle steuern.
»Das ist so’n Laden, wo man schon vor elf Uhr mit vier Schlägereien auf dem Parkplatz rechnen kann«, sagte er, »und oft noch kurz vor der Sperrstunde mit einer Massenschlägerei drinnen.«
Sie lachte und richtete die Zeigefinger wie Revolverläufe auf ihn. »Super! Das will ich sehen!«
»Und ich will zurück zum Bahnhof«, sagte er. »Wenn du in San Francisco schwofen gehen willst, dann machen wir das, versprochen.«
Sie zog einen Flunsch und schüttelte ihr rotblondes Haar
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