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Tablettenfee

Tablettenfee

Titel: Tablettenfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter K. Kubicza
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super. Zwei Flaschen Villacher Bier und ein Stück Salami waren alles, was sich ihm im Moment anbot. Konnte er es sich leisten wählerisch zu sein? Die Frage war beantwortet, als er eine der Flaschen mit einem lauten ›BLOP!‹ öffnete und einen kräftigen Schluck davon nahm. Er biss von der Salami ab wie von einer Karotte. Nun kehrten seine Gedanken langsam zurück in Richtung des unentschlüsselbaren Zettels.
    Bianca …? Wieder versuchte er sich zu erinnern. Wer war diese Bianca? War sie blond oder dunkelhaarig, war sie schlank oder …
    ›DING DONG!‹
    Ein jähes Läuten von der Tür unterbrach seinen zähen Gedankenfluss.
    In einem Automatismus stand er auf, schlurfte hin und spähte durch den Spion. Frau Ettmann – von nebenan. Ein wahres Nilpferd. Wobei er hoffte, dass dies nicht die Beschreibung für die Frau am Zettel war. Sein Blick erforschte weiter die Person vor der Tür. Da stand sie, wie alt war sie denn eigentlich? Sie musste eine Art außerirdisches Wesen sein, denn sie sah gleich aus, seit er sie kannte. Frau Ettmann war immer schon so irgendwo Mitte vierzig. Sie hatte grellblondes, gelocktes Haar und sah aus wie ein Nilpferd mit Perücke. Nicht schön – aber besonders – war auch ihr Lippenstift. Vermutlich hatte sie diese Sorte auf Vorrat gekauft, denn die Möglichkeit, dass es außerhalb des Faschings Nachfrage danach gab, war eher gering. Dieser Lippenstift leuchtete wie immer in Grellpink und ließ ihren Mund selbst im Halbdunklen sichtbar leuchten.
    Frau Ettmann ... er konnte sich nicht erinnern, jemals ihren Vornamen gehört zu haben. Alle sprachen immer nur von ›der Ettmann‹. Er musste grinsen, als er sich vorstellte, wie einer ihrer unzähligen Liebhaber zu ihr sagte: »Gehen wir heute Abend zu dir oder zu mir, FRAU ETTMANN?« ›Hrhr.‹
    ›DING DONG! DING DONG!‹
    Sie war hartnäckig. Ein weiterer Blick durch den Spion und eine kurze Interpretation ihrer Mimik ließen nichts Gutes erwarten. Dennoch schweiften seine Gedanken erst mal wieder zurück zu seiner Erinnerung an das Nilpferd – und ihre Liebhaber. Allesamt recht sonderbare Figuren. Die Ettmann war nie fix liiert. Bei ihr trafen sich alle möglichen Verlierergestalten zum Stelldichein. So war zumindest die Interpretation von Udo. Er versuchte sich an ein Ereignis zu erinnern. Neulich war das doch dieser ...
    ›DING DONG! DING DONG! DING DONG!‹
    Sie läutete ungeduldiger. Er guckte erneut durch den Spion. Der Blick der Ettmann hatte sich weiter verfinstert und wenn er nicht bald die Tür öffnen würde, dann würde es sich wohl von selbst erledigen. Noch ein paar Sekunden und sie würde mit dem Finger ohnehin die Klingel durch die Wand schieben und Udo dahinter entdecken. Die halbe gelutschte Salami noch im Mund und das Bier in der Hand öffnete er die Tür. Er war ganz sicher kein besserer Anblick als die Herren, die er eben noch belächelt und gering geschätzt hatte.
    »Herr Weikert, also ich muss schon sagen …«
    Das Nilpferd war aufgeregt, gleichzeitig bemerkte er den Duft einer Leberkäsesemmel in der Luft und erspähte auch noch den dazugehörigen Senf-Rest im Mundwinkel der Ettmann. Somit war die Frage nach der Herkunft des Geruchs geklärt.
    »…wirklich, ich versteh Sie nicht. Was sollte das heute in der Nacht?«
    »Hähhh? Heute in der Nacht?«
    Udos erster Gedanke war, dass das blondgelockte Nilpferd ihn verwechselte. Und wenn nicht? Dann bestand immerhin noch die Chance, heute noch den letzten Postflieger nach Australien zu erreichen und sich hier nie mehr blicken zu lassen. Der letzte Bissen der Salami kitzelte kurz seinen Gaumen, als er sich vor seinem geistigen Auge vorstellte, wie er sich womöglich heute in der Nacht mit dem schrillen Lippenstiftmonster vergnügt hatte. Niemals! Nein – bitte nicht …
    »Wie kommen Sie dazu, mich mitten in der Nacht aus dem Bett zu läuten? Andere Leute schlafen um drei Uhr morgens!«, schimpfte das Nilpferd in sein Gesicht und holte ihn zurück ins Hier und Jetzt.
    ›Uff, Glück gehabt. Heimat, ich bleibe dir treu.‹
    In seinen Gedanken sah er den Postflieger ohne sich an Bord abheben.
    »Sie brauchen gar nicht so blöd zu grinsen …«, sprach das Nilpferd, während sie mit einem Taschentuch ihre Mundwinkel reinigte.
    »Und wer ist überhaupt diese, diese… Bianca?«
    Die Frage war gekreischt und Udo konnte die erneut entfachte Aufregung aus ihrer Tonlage entnehmen. Er stockte. Hatte er eben richtig gehört? Hatte sie den Namen genannt, nach dem er sich

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