Tagebücher: 1909-1923
die ich mir machte, als ich mich heute nachts etwa gegen 3 Uhr ins Bett legte. (Selbstmord, Brief an Max mit vielen Aufträgen)
Ihr Brief überrascht mich sehr. Es überrascht mich nicht, daß Sie mir schreiben. Warum sollten Sie mir nicht schreiben? Sie schreiben zwar, daß ich Sie hasse, es ist aber nicht wahr. Wenn Sie alle hassen sollten, ich hasse Sie nicht und nicht nur deshalb, weil ich kein Recht dazu habe. Sie sind zwar im Askanischen Hof als Richterin über mir gesessen, es war abscheulich für Sie, für mich, für alle – aber es sah nur so aus, in Wirklichkeit bin ich auf Ihrem Platz gesessen und bin noch bis heute dort.
In F. täuschen Sie sich vollständig. Ich sage das nicht um Einzelheiten herauszulocken. Ich kann mir keine Einzelheit denken – und meine Einbildungskraft hat sich in diesen Kreisen schon viel herumgejagt, so daß ich ihr vertraue – ich sage, ich kann mir keine Einzelheit denken, die mich davon berzeugen könnte, daß Sie sich nicht täuschen. Das was Sie andeuten ist vollständig unmöglich, es macht mich unglücklich zu denken, daß F. aus irgendeinem unerfindlichen Grunde etwa sich selbst täuschen sollte. Aber auch das ist unmöglich.
Ihre Anteilnahme habe ich immer für wahr und gegen sich selbst rücksichtslos gehalten. Auch den letzten Brief zu schreiben, ist Ihnen nicht leicht gewo rden. Ich danke Ihnen dafür herzlich. “
Was ist damit getan? Der Brief sieht unnachgiebig aus, aber nur deshalb weil ich mich schämte, weil ich es für unverantwortlich hielt, weil ich mich fürchtete nachgiebig zu sein, nicht etwa, weil ich es nicht wollte. Ich wollte sogar nichts anderes. Es wäre für uns alle das beste wenn sie nicht antworten würde, aber sie wird antworten und ich werde auf ihre Antwort warten.
––––—er Tag des Urlaubs. 1/2 3 Nachts, fast nichts
––––tel gelesen und schlecht gefunden. Zweierlei
–––––mißlungen. Vor mir liegt das Bureau und
–––—ei der zugrundegehenden Fabrik. Ich bin aber
–––—ganz ohne Fassung. Und mein stärkster Halt ist
–-iger Weise der Gedanke an F., trotzdem ich im gestrigen
–—f jeden Versuch einer Anknüpfung abgewehrt habe. Ich habe jetzt 2 Monate ohne jede tatsächliche Verbindung mit F. (außer durch den Briefwechsel mit Erna) ruhig gelebt, von F. geträumt wie von einer Toten, die niemals wieder leben könnte und jetzt da ich eine Möglichkeit an sie heranzukommen, dargeboten bekomme, ist sie wieder der Mittelpunkt des Ganzen. Sie stört wohl auch meine Arbeit. Wie kam sie mir doch, als ich in der letzten Zeit manchmal an sie dachte, als der fremdeste Mensch vor, mit dem ich jemals zusammengekommen war, wobei ich mir allerdings sagte, daß diese ganz besondere Fremdheit ihren Grund darin hat, daß F. mir näher als irgendein anderer Mensch kam oder wenigstens von den andern in diese Nähe zu mir gestellt wurde.
Das Tagebuch ein wenig durchgeblättert. Eine Art Ahnung der Organisation eines solchen Lebens bekommen.
21 (Oktober 1914) Seit 4 Tagen fast nichts gearbeitet, immer nur eine Stunde und nur paar Zeilen, aber besser geschlafen, Kopfschmerzen dadurch fast verloren. Keine Antwort von Bl., morgen ist die letzte Möglichkeit
25. (Oktober 1914) Fast vollständiges Stocken der Arbeit. Das was geschrieben wird scheint nichts selbständiges, sondern der Widerschein guter früherer Arbeit. Antwort von Bl. ist gekommen, ich wegen der Beantwortung vollständig unentschieden. Gedanken so gemein, daß ich sie gar nicht aufschreiben kann. Die gestrige Traurigkeit. Als Ottla mir bis zur Treppe nachgieng, von einer Ansichtskarte erzählte, -hatte und irgendeine Antwort von mir haben wol––-nichts sagen. Vor Traurigkeit vollständig unfähi––—ich nur mit den Schultern ein Zeichen geben. ––––der Geschichte des Pick trotz einzelner Vorzüge, die W–Gedichtes von Fuchs heute in der Zeitung
1. XI 14 Gestern nach langer Zeit ein kleines Stück gut vorwärtsgekommen, heute wieder fast nichts, die 14 Tage seit meinem Urlaub sind fast gänzlich verloren. – Heute teilweise schöner Sonntag. In den Chotekschen Anlagen Dostojewskis Verteidigungschrift gelesen. Die Wache im Schloß und beim Corpskommando. Der Brunnen im Palais Thun. – Viel Selbstzufriedenheit während des ganzen Tags. Und jetzt vollständiges Versagen bei der Arbeit. Und es ist nicht einmal Versagen, ich sehe die Aufgabe und den Weg zu ihr, ich müßte nur irgendwelche dünne Hindernisse
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