Tagebücher
ohne hinzusehn: Bitte seid ein wenig ruhig. Ich habe einen Gast. Ich bitte um etwas Rücksicht. Als er wieder in sein Zimmer zurückgieng und den unveränderten Lärm hörte, stockte er einen Augenblick, wollte nochmals zurückgehn, besann sich aber anders und kehrte in sein Zimmer zurück.
Dort stand ein etwa 18 jähriger Junge beim Fenster und sah auf den Hof hinab. Es ist schon ruhiger sagte er als Rense eintrat und hob seine lange Nase und seine tiefliegenden Augen zu ihm auf. Es ist gar nicht ruhiger sagte Rense und nahm einen Schluck aus der Bierflasche die auf dem Tische stand, Ruhe kann man hier überhaupt nicht haben. Daran wirst Du Dich gewöhnen müssen, Junge 159
Ich bin zu müde, ich muß mich durch Schlaf zu erholen suchen, sonst bin ich in jeder Hinsicht verloren. Was für Mühen sich zu erhalten! Kein Denkmal braucht solchen Aufwand von Kräften, um aufgerichtet zu werden.
Die Argumentation im allgemeinen: Ich bin an F. verloren.
Rense, ein Student, saß in seinem kleinen Hofzimmer und studierte. Die Magd kam und meldete, ein junger Mann wolle mit Rense sprechen. Wie heißt er denn? fragte Rense. Die Magd wußte es nicht.
Ich werde hier F. nicht vergessen, daher nicht heiraten
Ist das ganz bestimmt?
Ja, das kann ich beurteilen, ich bin fast 31 Jahre alt, kenne F. fast zwei Jahre, muß also schon einen Überblick haben. Außerdem aber ist hier meine Lebensweise eine derartige, daß ich nicht vergessen kann, selbst wenn F. keine solche Bedeutung für mich hätte. Die Einförmigkeit, Gleichmäßigkeit, Bequemlichkeit und Unselbstständigkeit meiner Lebensweise halten mich dort, wo ich einmal bin, unweigerlich fest. Außerdem habe ich einen mehr als gewöhnlichen Hang zu einem bequemen und unselbständigen Leben, alles Schädigende wird also noch durch mich verstärkt. Endlich altere ich doch auch, Umwandlungen werden immer schwerer. In alledem aber sehe ich ein großes Unglück für mich, das dauernd und aussichtslos wäre; ich würde mich auf der Gehaltsleiter und in den Jahren fortschleppen und immer trauriger und einsamer werden, solange ich es eben berhaupt aushielte
Du hast doch aber ein solches Leben Dir gewünscht?
Das Beamtenleben könnte für mich gut sein, wenn ich verheiratet wäre. Es gäbe mir in jeder Hinsicht gegenüber der Gesellschaft, gegenüber der Frau, gegenüber dem Schreiben einen guten Rückhalt, ohne allzuviel Opfer zu verlangen und ohne auf der andern Seite in Bequemlichkeit und Unselbständigkeit auszuarten, denn als verheirateter Mann hätte ich das nicht zu fürchten. Als Junggeselle aber kann ich ein solches Leben nicht zu Ende führen.
Du hättest aber doch heiraten können?
Ich konnte damals nicht heiraten, alles in mir hat dagegen revoltiert, so sehr ich F. immer liebte. Es war hauptsächlich die Rücksicht auf meine schriftstellerische Arbeit, die mich abhielt, denn ich glaubte diese Arbeit durch die Ehe gefährdet. Ich mag Recht gehabt haben; durch das Junggesellentum aber innerhalb meines jetzigen Lebens ist sie vernichtet. Ich habe ein Jahr lang nichts geschrieben, ich kann auch weiterhin nichts schreiben, ich habe und behalte im Kopf nichts als den einen Gedanken und der zerfrißt mich. Das alles habe ich damals nicht berprüfen können.
Übrigens gehe ich bei meiner durch diese Lebensweise zumindest genährten Unselbständigkeit an alles zögernd heran und bringe nichts mit dem ersten Schlag fertig. So war es auch hier.
Warum gibst Du alle Hoffnung auf, F. doch zu bekommen?
Ich habe jede Selbstdemütigung schon versucht. Im Tiergarten sagte ich einmal: "Sag "ja", auch wenn Du Dein Gefühl für mich als nicht genügend für eine Ehe ansiehst, meine Liebe zu Dir ist groß genug, um auch das Fehlende zu ersetzen und überhaupt stark genug, um alles auf sich zu nehmen. " F. schien durch meine Eigenheiten beunruhigt, vor denen ich ihr im Laufe eines großen Briefwechsels Angst eingejagt hatte. Ich sagte: "ich habe Dich lieb genug, um alles abzulegen, was 160
Dich stören könnte. Ich werde ein anderer Mensch werden. " Ich hatte, wie ich jetzt, da alles klar werden muß, eingestehen kann, selbst zur Zeit unseres herzlichsten Verhältnisses oft Ahnungen und durch Kleinigkeiten begründete Befürchtungen, daß F. mich nicht sehr lieb hat, nicht mit aller Liebeskraft deren sie fähig ist. Das ist nun, nicht ohne meine Mithilfe allerdings, auch F. zu Bewußtsein gekommen. Ich fürchte fast, F. hat sogar nach meinen letzten zwei Besuchen einen
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