Tal der Träume
hatte, doch dann druckte die Zeitung eine Liste der Gründungsmitglieder ab, in der ihr Name nicht auftauchte. Sie war furchtbar enttäuscht und konnte nicht einsehen, weshalb man sie ausschließen sollte. Dann dämmerte es ihr. William! Er hatte so tief in dieser Kupfersache gesteckt und zudem die Einwände gegen den Bau der Kirche betrieben, dass er einfach nicht daran gedacht hatte. Mitglieder mussten ihren Klub unterstützen, es kostete Geld, ein verwildertes Gelände in einen anständigen Platz zu verwandeln. Und es wäre eine solche Ehre gewesen, als Gründungsmitglied zu gelten, denn Tennisklubs gehörten zu den wichtigsten sozialen Einrichtungen kleiner Städte.
Als er nach Hause kam, war sie den Tränen nahe und warf ihm sein Versäumnis vor.
»Wie konntest du bloß so vergesslich sein? Es ist das Einzige, was ich mir in dieser Stadt je wirklich gewünscht habe. Ich liebe Tennis und spiele ausgezeichnet. Du musst sofort die Spende übergeben und herausfinden, ob auch ein Mitgliedsbeitrag erhoben wird. Vielleicht müssen wir ihn noch entrichten. William, ich fühle mich so gedemütigt«, rief sie und brach in Tränen aus. »Wie kannst du nur so selbstsüchtig sein?«
»Schon gut«, beschwichtigte er sie. »Reg dich bitte nicht so auf. Ich habe einen Betrag gespendet, zehn oder zwanzig Pfund, dessen bin ich gewiss. Ich habe Leo das Geld in bar gegeben. Keine Sorge, falls Mrs. Mollard die Bücher des Klubs führt, wundert mich gar nichts mehr. Gleich morgen kümmere ich mich darum. Leo kann sich bei Christy Cornford erkundigen, was passiert ist. Dann bist du sofort Mitglied.«
Doch Harriet beschwor bereits ein anderes Szenario herauf.
»Du hast dich in letzter Zeit nicht gut mit Mollard verstanden. Könnte es sein, dass er sich deshalb an mir rächen will?«
»Unsinn! Ich hatte eigentlich keinen Streit mit ihm, jedenfalls nicht mehr als gewöhnlich. Er hat mir ein Projekt weggeschnappt, das weiß er nur zu gut. Den wichtigen Leuten in Adelaide ist klar, dass er die Sache in den Sand gesetzt hat, und das geschieht ihm recht. Ich schaue mich jetzt anderweitig um. Es hat keinen Sinn, sich mit ihm anzulegen. Er ist der Resident, und wir müssen mit ihm auskommen.«
»Du meinst also, dieses Versehen hätte nichts mit deinen Geschäften zu tun?«, fragte sie, noch immer verunsichert.
»Natürlich nicht. Am Samstag findet im Rathaus übrigens eine Minstrel-Show statt. Möchtest du hingehen?«
»Ich dachte, du magst so etwas nicht.«
»Manche von ihnen haben gute Stimmen, aber ich muss dich warnen, sie werden es mit dem hiesigen Publikum nicht leicht haben. In der Hitze läuft ihnen die schwarze Farbe in Streifen übers Gesicht. Ich verstehe nicht, weshalb sie sich überhaupt anmalen.«
Harriet lächelte schwach. »Ich werde nicht hinschauen.«
»Gut so, meine Liebe, hören wir einfach nur zu. Ich würde gern mal wieder die alten Lieder hören. Wie wäre es mit einem Spaziergang vor dem Essen?«
Harriet war einverstanden, aber nicht ganz getröstet. Sie wusste, ihr Platz auf der Gründerliste war unwiederbringlich dahin.
Am nächsten Tag standen ihr jedoch weitere Probleme ins Haus. Tom Ling brachte ihr einen Brief von Mrs. Maudie Hamilton, Sibells Schwägerin.
Harriet lächelte und fragte sich, was die exzentrische Dame wohl zu sagen hatte. Vermutlich handelte es sich um eine Erinnerung an ihr Versprechen, die Stationen der Hamiltons zu besuchen. Sie wollte mit William hinfahren, sobald das Wetter es erlaubte, doch die Anwesen der Oatleys hatten selbstverständlich Vorrang. Vielleicht könnten sie eine Rundreise machen und dabei die weithin berühmte Gastfreundschaft der Hamiltons genießen …
»Sehr geehrte Dame«, lautete die barsche Anrede, und Harriet prüfte noch einmal, ob der Umschlag wirklich an sie adressiert war.
Sehr geehrte Dame,
als eine der Frauen, die ihre Kopfbedeckung selbst wählen, sei sie nun schwarz, weiß, gescheckt oder ein Teewärmer, möchte ich einer gesellschaftlichen Aufsteigerin wie Ihnen vorschlagen, zunächst den Rat Ihres Ehemanns einzuholen, bevor Sie dessen Freunde beleidigen.
Viele Grüße,
Mrs. M. Hamilton
Harriet fielen beim Lesen fast die Augen aus dem Kopf. Was um Himmels willen hatte das zu bedeuten? Wann sollte sie diese dumme Person beleidigt haben?
Sie las den Brief noch einmal und konzentrierte sich auf die Stelle mit den Hüten. Maudie Hamilton trug ständig alte, schwarze Filzhüte, doch Harriet hatte nie ein Wort darüber verloren.
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