Tango mit dem Tod
aufpassen. Sie sind doch auch nicht scharf auf einen Skandal, nicht wahr, Joe?"
„Um ehrlich zu sein, auch ein Skandal kann sein Gutes haben. Das Publikum ist wild darauf, zu erfahren, was seine Stars so treiben. Und was ihnen widerfährt."
„Wir reden hier aber nicht über Affären und das Sexleben der Stars", sagte Matt. „Wir reden über einen beinahe tödlichen Unfall. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie sich so etwas Ähnliches während der Dreharbeiten noch einmal wünschen. Ich jedenfalls würde so was auf jeden Fall gern vermeiden."
„Was wollen Sie damit sagen?"
„Dass wir dringend etwas unternehmen müssen."
„Und was, bitte, soll das sein?" fragte Joe verblüfft.
„Nun, das sollten wir mit Kellys Agenten und mit ihrer Managerin besprechen. Das ist eine ernste Angelegenheit. Aber wir haben keine andere Wahl, wenn wir Schaden von der Serie abwenden wollen. Und von Kelly natürlich."
„Natürlich", sagte Joe. Er fragte sich, warum er sich plötzlich so elend fühlte. Valentine Valley war seine Serie. Er hatte die Idee entwickelt, alle Einzelheiten ausgearbeitet. Und er betrachtete sie als sein Baby. Er wollte daran glauben, dass er es war, der bestimmte, was passierte. Aber natürlich wusste er, dass Matt Avery als Hauptsponsor den längeren Arm hatte.
Lance Morton ging vor der Unfallstation des Krankenhauses auf und ab. Er war der Ambulanz gefolgt, die Kelly hergebracht hatte. Außer ihm war weit und breit kein Mensch zu sehen. Niemand. Offensichtlich war es eine der ruhigeren Nächte in Los Angeles, der „Stadt der Engel", wie ihr Name übersetzt lautete, obwohl hier jede Sünde, die man sich nur vorstellen konnte, an der Tagesordnung war.
Die riesige Stadt flößte ihm nach wie vor Unbehagen ein.
Lance war ein Junge aus der Kleinstadt, aus dem Mittelwesten. Leute, die es nicht besser wussten, rissen gern Witze über Ohio. Aber es war ein guter Platz gewesen, um aufzuwachsen. Und auch ein guter Platz, um Musiker zu werden. Hier hatte er seine erste Band gegründet.
Er stand immer noch vor dem Eingang der Unfallstation, obwohl Kelly und ihr Agent schon längst wieder weg waren. Es hatte großes Gedränge gegeben vorhin. Er wusste nicht, wie so viele Leute so schnell von Kellys Pech erfahren hatten. Die meisten Leute, die sich hier eingefunden hatten, waren besorgt gewesen und hatten ihr zugewinkt. Aber er hatte auch einige Rufe gehört, dass Maria Valentine nun endlich bekommen hätte, was sie verdiene.
Er hätte es vielleicht geschafft, in das Gebäude zu kommen. Kelly kannte ihn nicht, nur ihr Agent Mel. Aber sie würde ihn bald kennen lernen, sehr bald.
Ja, er hätte versuchen können, in ihre Nähe zu kommen. Aber er hatte es nicht getan. Er war draußen geblieben wie ein abgewiesener Liebhaber. Oder ein schüchterner Bewunderer, der sich nicht in die Nähe seiner Angebeteten traut? Lance bewunderte Kelly seit langem. Und allein das Gefühl, in ihrer Nähe zu sein, hatte ihn in Hochstimmung versetzt.
Er spürte, dass er am ganzen Körper zitterte. Bald würden sie miteinander tanzen. Sie, das Ziel seiner Wünsche, würde dann ganz nah bei ihm sein. Bei ihm, dem Niemand aus Ohio im Mittelwesten. Dem kleinen Lance Morton, den auf der High School alle für einen Trottel gehalten hatten. Er würde mit Kelly Trent arbeiten.
2. KAPITEL
„So, ihr beiden", sagte Kelly. „Jetzt mal raus mit der Sprache, warum ich hier bin."
Eine Woche nach dem Unfall fühlte sich Kelly noch genauso verunsichert wie an dem Abend, an dem alles passiert war. Es kam ihr beinahe so vor, als hätten die wenigen Sekunden ihr ganzes Leben verändert.
Im Krankenhaus hatte man genau das festgestellt, was sie auch selbst schon für sich diagnostiziert hatte. Sie hatte ein paar Kratzer und blaue Flecke, aber sonst fehlte ihr nichts. Sie war immer noch erstaunt über das Ausmaß der Besorgnis bei ihren Kollegen und Freunden. Natürlich, in dem Moment, als der Unfall passierte, war sie erschrocken gewesen. Aber letztendlich war es doch nur ein Unfall gewesen, ohne weitere Folgen, und nun war alles vorbei. Das glaubte sie jedenfalls.
Aber so sehr sie auch protestierte, sie konnte ihren Freunden nicht ausreden, sich Sorgen um sie zu machen. Die hatten sie davon zu überzeugen versucht, dass es besser sei, auf ihren Auftritt in dem Vergnügungspark zu verzichten. Dass sie trotzdem in Begleitung von Mel nach Florida geflogen war, hatte vor allem mit den Leuten zu tun, die mit ihr ein Musikvideo produzieren
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