Tanz des Verlangens
Geht ihm nicht weit genug aus dem Weg. Seine Fänge schärfen sich bei der kleinsten Provokation . Als ob ein lebendiges Wesen in mir wäre, das hungert. Das nach Blut giert und nach einer Kehle, die es zu zerfetzen gilt. Jedes Mal, wenn seine Wut ihn zum Handeln verleitet, vergiften erneut die Erinnerungen anderer seine eigenen.
Noch ist er so weit bei Verstand, dass er in der Lage ist, sein Ziel im Auge zu behalten – seine Brüder. Er wird Vergeltung üben an Nikolai und Murdoch Wroth, dafür, dass sie ihm das Unaussprechliche antaten. Sebastian, der dritte Bruder, ist ein Opfer so wie er, aber auch er muss beseitigt werden, aus dem einfachen Grund, dass er ist, was er ist.
Und meine Zeit rückt näher. Das erkennt er mit der Instinktsicherheit eines Tieres. Er hat sie gefunden, an diesem mysteriösen Ort der Sümpfe, der Dunstschleier und der Musik. Er hat Nikolai und Sebastian mit ihren Frauen beobachtet. Er hätte Neid verspüren können, als er seine Brüder mit ihnen lachen sah. Dass sie sie besitzergreifend berührten, mit Staunen in ihren klaren Augen. Aber der Hass erstickt jegliche Eifersucht, die nur zu Verwirrungen führt.
Nachwuchs wird geboren werden. Er wird auch ihre Frauen töten. Sie vernichten. Mich selbst vernichten. Bevor mich meine Feinde einholen.
Er rückt den Verband zurecht, der sich unter dem rechten Ärmel seines Hemdes verbirgt. Die klaffende Wunde darunter will einfach nicht heilen. Vor fünf Tagen wurde er von einem Traumdämon gezeichnet, der ihm mithilfe ebendieser Verletzung folgen kann. Der Dämon versprach ihm, dass sein sehnlichster Traum und meistgefürchteter Albtraum der Zeichnung folgen würden.
Er zieht die Augenbrauen zusammen. Bald wird der Jäger der Gejagte sein – sein Leben nähert sich dem Ende.
Ein Hauch des Bedauerns. Was bedauert er am meisten? Er versucht sich zu erinnern, wonach er sich so sehr sehnt. Die Erinnerungen eines anderen bombardieren ihn, explodieren in seinen Gedanken. Seine Hand schießt nach oben und presst sich gegen seine Stirn …
Nikolai betritt die Bar, gefolgt von Murdoch. Ihre Mienen sind ernst.
Sie sind gekommen, um mich zu töten. Wie er es erwartet hatte. Er hatte vermutet, dass er sie aus der Reserve locken könnte, indem er immer wieder hierher zurückkehren würde. Er lässt die Hand sinken, und langsam entblößen seine Lippen seine Fangzähne. In der nächsten Sekunde ist die Bar wie leer gefegt.
Dann … Stille. Seine Brüder starren ihn an, als ob sie einen Geist sehen würden. Draußen veranstalten Insekten einen Höllenlärm. Der näher kommende Regen tränkt die Luft. Als ein Blitz in einiger Entfernung einschlägt, tritt auch Sebastian ein und stellt sich neben die beiden anderen. Er hat sich mit ihnen verbündet? Das hatte er nicht erwartet.
Er nimmt die Sonnenbrille ab und offenbart seine roten Augen. Der Älteste, Nikolai, kann sich nur mit Mühe beherrschen, bei seinem Anblick nicht zurückzuweichen, doch dann reißt er sich zusammen und kommt auf ihn zu. Die drei scheinen überrascht zu sein, dass er bleibt, um es mit ihnen aufzunehmen, statt sich fortzutranslozieren. Sie sind stark und geschickt, aber dennoch erkennen sie die Macht nicht, über die er verfügt. Sie erkennen nicht, in was er sich verwandelt hat.
Er kann sie alle drei, ohne mit der Wimper zu zucken, abschlachten, und er wird es genießen. Sie haben ihre Schwerter nicht gezückt? Dann gehen sie ihrem Verderben entgegen. Ich darf sie nicht warten lassen.
Er springt auf, setzt über den Tisch und schlägt Sebastian mit einem Hieb k.o., der dessen Schädel bersten lässt und ihn gegen die hintere Wand schleudert. Noch bevor die beiden anderen auch nur einen Finger rühren können, um dem verletzten Bruder zur Seite zu springen, packt er sie bei den Kehlen. Er hält einen von ihnen in jeder Hand und drückt immer fester zu, während sie verzweifelt versuchen, sich zur Wehr zu setzen, um sich zu befreien.
„Dreihundert Jahre habe ich hierauf gewartet“, zischt er. Ihre Anstrengungen nutzen überhaupt nichts, ihre entsetzten Mienen stellen ihn zufrieden. Er drückt fester zu …
Hinter ihm knarrt Holz. Er springt zur Seite und schleudert seine Brüder dem neuen Angreifer entgegen. Zu spät. Der Lykae ist zurückgekehrt, er attackiert ihn mit gespreizten Klauen und schlitzt ihm den Leib auf. Blut schießt heraus.
Wütend schreit er auf und greift den Werwolf an, weicht Klauen und Zähnen mit unheimlicher Geschwindigkeit aus und wirft den Gegner
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