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Taqwacore

Taqwacore

Titel: Taqwacore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Knight
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neben ihrem Sessel stand.
    Sie lehnte sich vor und boxte mir kräftig in den Magen.
    Amazing Ayyub kam nach Hause und sagte, er wisse nicht, ob er seinen Job noch habe, weil er nicht zur Tankstelle zurückgegangen sei. Er erwähnte irgendwelche medizinischen Experimente, für die er seinen Körper gegen schnelles Geld zur Verfügung stellen könnte.
    Die Sonne ging unter. Ich machte das Du’a, das mein Vater mich gelehrt hatte. Jehangir war in seinem Zimmer eingeschlafen; ich wollte zuerst hören, was er zu sagen hatte, bevor ich Lynn anrief.
    Sayyed hatte uns einen Gebetsplan aus der örtlichen Moschee mitgebracht, der am Kühlschrank hing. Als es Zeit für Maghrib war, ging ich die Treppe hinauf und klopfte zuerst bei Rude Dawud an, dessen Zimmer gleich links neben meinem lag. Als ich die Tür öffnete, erblickte ich Albert, der aufrecht dastand, mit den Armen fuchtelte und einen Sermon über Babylon hielt, während Dawud an seinem Schreibtisch saß.
    »Rude Dawud«, sagte ich, »Mann, es ist Zeit fürs Gebet.«
    »Ich komme gleich nach unten, Bruder.«
    Dann ging ich zu Umars Zimmer und klopfte. Er öffnete die Tür und begrüßte mich.
    »Wa aleikum assalam«, gab ich zurück. »Zeit für Maghrib.«
    »Alhamdulillah, Bruder.« Hinter Umars rechter Schulter konnte ich die Flagge von Kaschmir und Jammu ausmachen.
    Dann ging ich weiter zu Jehangir.
    Klopfte einmal, keine Antwort. Klopfte ein zweites Mal. Und ein drittes Mal. »Das ist Sunna«, hörte ich Umar hinter mir sagen. »Drei Mal klopfen ist richtig.« Umar ging ins Badezimmer, um Wudu zu verrichten. Ich öffnete Jehangirs Tür und ging hinein.
    Das Erste, was ich sah, war Jehangir, der bäuchlings auf dem Bett lag. Das zweite war die 90 x 150 cm große amerikanische Flagge an der hinteren Wand, daneben ein Wandbehang, auf dem die al-Haram-Moschee in Mekka abgebildet war. Dann gab es noch den üblichen Kram: Sid-Vicious-Poster, Flyer für Taqwacore-Konzerte, die er von der Westküste mitgebracht hatte, an die Wand geheftete Fotos von alten und neuen Freunden, bunt zusammengewürfelt in einer Dschamaat, wie sie hier auf Erden niemals zustande kommen könnte, denn Jehangir war so viel herumgekommen, dass die Protagonisten seiner Geschichten viel zu weit verstreut waren.
    »Hey«, sagte ich. »Zeit fürs Gebet.«
    »Ich habe geträumt, ich würde mit Johnny Cash was trinken«, sagte er, sein Kopf hing über den hinteren Bettrand hinaus.
    »Echt?«
    »Ja, Bruder.« Er setzte sich auf, und ich bemerkte, dass sein Iro vom Liegen ganz plattgedrückt war. »Hast du dir schon mal Johnny Cash angehört?« Diese Frage verblüffte mich.
    »Ich hör keine Countrymusik«, sagte ich und dachte, das wäre eine coole Antwort.
    »Johnny Cash ist doch nicht Country«, blaffte Jehangir mich an. »Er ist viel mehr als Country. Johnny Cash ist der einzig wahre Scheiß, Mann. Johnny Cash ist der Größte.«
    »Das wusste ich nicht.«
    »Dann weißt du’s jetzt.«
    »Also, was hast du geträumt?«
    »Wir waren in der Bar, in der A Boy Named Sue spielt. Dieser Saloon, weißt du, in dem er seinen Vater trifft und sie prügeln sich und verwüsten alles, zerkloppen die Stühle und krachen durch die Wände. Wir saßen da auf Barhockern, kippten ein paar Kurze und lachten, und ich wünschte mir, ich könnte wie er sein … ich wollte so gerne Johnny Cash sein, wie ich da neben ihm saß, und er war so verdammt alt und verwittert, von seinem Gesicht konnte man zehntausend Jahre Schmerz und Leben ablesen … und auch wenn wir da saßen, lachten und Lieder sangen, spürte ich im Inneren diesen Schmerz, weil ich so gerne wie er sein wollte, ein ganz stinknormaler, populärer Baritonsänger, jenseits von Raum und Zeit. Ich kann nie so sein, ein Typ, der jeden anspricht … ich bin viel zu sehr in diesen ganzen Kram mit den entrechteten Subkulturen verwickelt.«
    »Mist«, sagte ich.
    »Ich bin klein«, sagte Jehangir. »Ich bin so verdammt klein.«
    »Dein Name bedeutet ›Weltbezwinger‹, oder?«
    »Ja, irgend so was. Ich bin nach einem scheiß Mogulkönig benannt.«
    »Ich weiß.«
    »Sein Sohn hat das Tadsch Mahal gebaut.«
    »Hmhm.«
    »Sieh dir mal den Scheiß an«, sagte er und deutete auf ein kleines Foto an der Wand. Ich ging hinüber und entdeckte Jehangir, etwas jünger und mit einem Turban auf dem Kopf, er trug einen Salwar Kamiz und stand vor dem Tadsch Mahal, neben ihm ein älterer Mann in der gleichen Aufmachung, der außerdem noch eine Jinnah Kappe trug.
    »Das ist

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