Taqwacore
glaube, es ist ziemlich gut gelaufen.«
»Wie cool. Ich hätte besser sein können, aber ich bin froh, dass es erst mal vorbei ist.«
»Ja, auf jeden Fall.«
»Und, haltet ihr immer noch die Dschuma bei euch drüben ab?«
»Hmhm.«
»Cool … ich glaube, ich komme die Tage auch mal vorbei.«
»Echt?«, sagte ich mit leicht übertriebenem Nachdruck.
»Ja, ich war schon ewig nicht mehr bei einer Dschuma … und in meine alte Moschee werde ich nicht so bald zurückgehen.«
»Verstehe.«
»Also, dann sehen wir uns … diesen Freitag?«
»Inschallah«, sagte ich.
»Cool … bis dann.« Hatte ich ein Dschuma-Date?
Jehangir Tabari konnte gut mit Mädchen. Manchmal war die Religion ihm dabei sogar eine Hilfe. Wenn er ein Mädchen alleine erwischte, dann zog er seine übliche Show ab und sagte mit hochgezogenen Augenbrauen etwas Geistreiches wie: »Also, der Prophet Mohammed sagt, wenn ein Mann und eine Frau alleine sind, dann ist Scheitan der Dritte im Bunde, aber ich habe das nie kapiert … ich glaube, Allah hat uns alle geschaffen, um voneinander zu lernen und miteinander zu wachsen, und dem anderen Geschlecht derart aus dem Weg zu gehen, beschränkt einen nur im Wachsen, und es kommt mir beinahe so vor – nein, es ist bestimmt so –, als würde man damit eine von Allahs Gaben ausschlagen …«, und meistens hatte er damit Erfolg. Ich habe nie an Jehangirs Aufrichtigkeit gezweifelt – jedes seiner Worte war ehrlich gemeint und tief empfunden –, doch ich muss zugeben, er wusste, dass solche Monologe ihm sexuelle Anziehungskraft verliehen.
Seine islamische Nummer schien am besten bei nicht muslimischen Mädchen anzukommen, weil sie meistens nicht genug über die Religion oder Kultur wussten, um irgendetwas anderes als Faszination und Mitgefühl für seine inneren Kämpfe zu empfinden. Muslimische Mädchen waren im Allgemeinen sowieso nicht besonders unterhaltsam, erklärte er, weil sie von Geburt darauf konditioniert waren, keine sexuellen Regungen zu haben. Rabeya unterstützte diese These.
»Ich habe mir mein ganzes Leben lang angehört, dass es meine Aufgabe ist, Männer nicht in Versuchung zu führen«, erzählte sie mir, als wir am Küchentisch saßen. »Wenn du muslimische Frauen fragst, warum sie sich verhüllen, dann werden 99 Prozent antworten, um die Männer nicht zu reizen. So ein Scheiß, wo bleibt da die Eigenverantwortung?« Es war der richtige Moment, um sie zu fragen, warum sie vollständig verschleiert war, aber ich verpasste ihn. »Ich habe mich lange nicht mal getraut, überhaupt an Sex zu denken – jeglicher Impuls war einfach weg, ausgeknipst wie ein Lichtschalter. Wenn eine Frau Sex genoss oder ihre Sexualität offen ausdrückte, war sie automatisch eine Schlampe, die keine Selbstachtung hatte. Sex war etwas, das man seinem Ehemann gewährte, damit die Engel einen nicht bis zum Morgen verfluchten.«
»Wow«, antwortete ich. »Ich habe diesen Hadith schon einmal gehört, aber ich wusste gar nicht, wie sich so was anhört, wenn man eine Frau ist.«
»Ja, es nervt. Vor ein paar Jahren unterhielt ich mich mit einem Muslimbruder über die Ehe; Scheiße, ich war vielleicht sechzehn, ist das zu fassen? Sechzehn, und ich hatte keine Ahnung, wer ich war oder was ich von der Welt wollte, und meine Mutter schickte mir potenzielle Ehemänner. Aber wir redeten über Sex, und es war ganz genau so wie bei einem Vorstellungsgespräch – ich glaube, er wollte nur wissen, ob ich noch Jungfrau war. Er fragte, ob ich masturbierte, und ich sagte Nein, was der Wahrheit entsprach, weil mir so etwas wirklich nie in den Sinn gekommen wäre. Dann fragte er mich, ob ich es okay fände, es zu tun, und ich sagte Ja, ich könne nichts Schlechtes darin sehen. Daraufhin zitierte er irgendwelche scheiß Hadithe, in denen behauptet wird, ich würde am Tag des Jüngsten Gerichts mit schwangeren Händen wiederauferstehen.«
»Schwangere Hände?«
»Schwangere Hände.«
»Igitt«, sagte ich.
»Ja. Überliefert von Ata, Radiallahu anh .«
In diesem Moment hätte ich sie wirklich gerne gefragt, welche Philosophie sich hinter ihrer Burka verbarg, aber ich hatte das Gefühl, meine Chance schon verpasst zu haben. Sie stand auf und ging zum Kühlschrank. Jehangir Tabari kam herein, er legte Rabeya von hinten die Arme um die Schultern und lehnte seinen Kopf an ihren. »Hey«, sagte sie lässig, und sie schaukelten hin und her wie ein seltsames Geschwisterpaar.
»Wie heißt die frohe Botschaft?«, frage
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