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Taqwacore

Taqwacore

Titel: Taqwacore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Muhammad Knight
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nicht, was in Saudi-Arabien passiert ist?« Er sah aus, als würde er gleich losheulen.
    »Nein, Bruder. Was denn?«
    »Eine Schule hat gebrannt und die Mutawween ließen die Mädchen nicht raus, wenn sie ihre Abajas nicht anhatten. Zwei sind gestorben.«
    »Oh Gott.«
    »Das ganze verdammte Gebäude hat gebrannt, Yakhi. Die Kinder rannten herum und schrien, sie saßen in der Falle und konnten nicht raus, wegen der verfluchten Polizei.«
    »Die Mutawween, sagtest du?«
    »Ja. Die Kommission zur Förderung von Tugend und Unterbindung von Laster.«
    »Wenn das Tugend ist.«
    »Ob Rabeya es schon weiß?« Mit diesen Worten öffnete er die Tür und ging hinein.
    Ich saß auf dem Fußboden in Jehangirs Zimmer und sah mir die Fotos von seiner Pakistanreise an. »Fuck all Government« von Crass nervte im Hintergrund. Jehangir saß auf seinem Bett und las die Rückseite eines Plattencovers.
    Auf fast allen Fotos stand er lächelnd vor irgendeiner Sehenswürdigkeit, mit bedecktem Kopf und einige Jahre jünger als der Jehangir, den ich kannte. Jehangir barfuß und in Jeans vor der wunderschönen, rot-weißen Badshahi-Moschee, der Zierde von Lahore aus der Mogulzeit; Jehangir watend in einem steinigen Bach im grünen Tal von Swat; Jehangir, der auf dem Basar von Rawalpindi über den Preis für einen Ziegenkopf verhandelt; Jehangir vor den buddhistischen Ruinen von Taxila; Jehangir, der aus einem psychedelisch bemalten Ken-Kesey-Bus steigt; Jehangir auf dem Chaiber-Pass, der sich durch grüne Berge zieht; Jehangir vor der Faisal-Moschee – ein Geschenk Saudi-Arabiens –, der größten Moschee der Welt, die aussieht wie ein Raumschiff mit vier langen Raketen. Jehangir legte Roger Miret and the Disasters auf, es ging los mit »New York Belongs to Me«.
    »Ich werde das echt machen«, sagte er.
    »Was machen?«
    »Ein Konzert veranstalten.«
    »Ein Konzert?«
    »Ein Punkkonzert. Ein Muslim-Punkkonzert. Ich rufe die Taqwacore-Bands in Kalifornien an, und wir finden einen Termin, an dem sie alle Zeit haben hierherzukommen. Das wird eine ganz große Sache. Ich glaube, das könnte klappen. Freitagnachmittag kommen immer viele Muslime zu uns, und Freitagabend kommen viele Kuffar-Punks; wenn wir die alle am selben Ort zur gleichen Zeit versammeln können, dann sind das eine ganze Menge.«
    »Ich kann mir nicht mal vorstellen , wie diese Welten zusammenkommen sollen, Jehangir.«
    »Weil du nie in Kalifornien warst.«
    »Ich weiß nicht …«
    »Da gibt es eine ganze Szene. Kalif ornia, Mann.« Er lachte und warf das Plattencover wie ein eckiges Frisbee nach mir. Auf der Vorderseite war ein Porträt von Ayatollah Khomeini, seine Augen und sein Mund waren mit ausgeschnittenen Buchstaben überklebt, wie auf dem berühmten Sex-Pistols-Cover mit Queen Elizabeth. Über den Augen stand: »Salaams up the Ass«; über dem Mund: »The Ghilmans«. »Gute Band«, erklärte er. »Die Ghilmans gibt es schon ziemlich lange. So wie ich es verstehe, geht es bei ihnen um so ein punkiges Sufi-Ding. Sie sind zwar spirituell, aber im Sinne von ›Fickt euch, ihr religiösen Arschlöcher‹, und sie sind nicht gerade scharf drauf, den Islam zu einer soziopolitischen Sache zu machen.«
    »Aha.« Ich drehte das Cover um und las ein paar der Songtitel auf der Rückseite. »Shaykh Omar Bakri Can Suck My Cock«, »Protocols of the Elders of Zion«, »Houri Gash«, »Fuck the Umma«, »Our Holy Prophet Fingered His Six-Year-Old-Bride in Her Dirty Asshole«, »Where Mullahs Fear to Tread«, »Allah’s Name Was Found in a Honeycomb«, » I Twirled the Kaaba On The Tip of My Dick«.
    »Bei Taqwacore geht es hauptsächlich darum, Sprüche rauszuhauen und die Leute zu ärgern«, erklärte er, als er sah, was ich für ein Gesicht machte. »Die Leute sind so unentspannt und emotional, was Religion betrifft, und nehmen das alles so ernst, manchmal braucht man da einen Punk, der sagt: ›Scheiß auf euch, scheiß auf euch, scheiß auf euch und auf alles, wofür ihr steht, ihr seid so voller Scheiße und ihr habt Sperma in den Haaren.‹ Niemand sollte sich einbilden, er sei etwas Besseres.«
    »Aber wie können diese Typen Muslime sein? Sie sind völlig respektlos gegenüber dem Propheten und allem …«
    »Ich weiß es nicht, aber es sind Muslime. Du kannst sagen Muhammadu rasulullah und trotzdem zugeben, dass er ein Pädophiler war, oder? Der Typ war ein Mensch und genauso fähig, etwas Schlechtes und Krankes zu tun, wie jeder andere auch. Das ist nichts Besonderes.

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