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Taqwacore

Taqwacore

Titel: Taqwacore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Muhammad Knight
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klassisch.«
    »Ja, mein Junge, von 1992.«
    »Können wir das mal auflegen?«
    Hannibal fasste die CD nur mit dem Zeigefinger und dem Daumen und drückte mit dem kleinen Finger eine Taste, um Tical auszuwerfen. Jehangir legte sie weg, damit Hannibal den Nubier einlegen konnte.
    »Allah U Akbar« begann mit einem Adhan, der immer wieder geloopt wurde: Allaaaaahu Akbaru’Allaaaah , bis der Beat langsam einsetzte. In diesen paar Sekunden schien Jehangir beinahe zu strahlen. Der Ruf des Muezzin kam in dem Song noch ein paar Mal vor.
    Wir entschieden uns für ein spätes Mittagessen beim Griechen auf der Elmwood Avenue, der bei den Studenten besonders beliebt war, weil er in der Nähe des Campus des Buffalo State College lag und man Tag und Nacht ein relativ günstiges Frühstück bekommen konnte. Hannibal bestellte das »2–2-2«: zwei Eier, zwei Pfannkuchen und entweder zweimal Speck, zwei Scheiben Schinken oder zwei Würstchen. Hannibal verzichtete auf Letzteres und nahm nur Eier und Pfannkuchen. Jehangir nahm irgendein Omelett und ich ein gegrilltes Käsesandwich.
    Hannibal war nicht gläubig, aber sein Vater war Muslim, früher war er Mitglied der Nation of Islam gewesen und davor ein Black Panther.
    »Mein Vater sagte neulich, dass Farrakhan jetzt Sunnit sei«, erzählte er uns und er betonte den Satz beinahe wie eine Frage.
    »So was habe ich auch gehört«, sagte Jehangir. »Er will bloß Geld von den arabischen Staaten.«
    »Vor einer Weile sagte er, er würde mit Elija Muhammad und W . D . Fard ein Raumschiff kapern.«
    »War es das Mutterschiff?«, fragte Jehangir. Hannibal lachte.
    »Keine Ahnung«, antwortete er. »Aber Farrakhan hat früher einiges bewirkt, auch wenn er ein Spinner ist. Und wenn er jetzt Sunnit ist, werden zumindest einige seiner Anhänger aufhören, die Weißen als Teufel zu betrachten.«
    »Den Juden wird das nichts nützen.«
    »Nein, bestimmt nicht.«
    »Hast du schon mal von dem alten Gefängnis in Carolina gehört?«, fragte Jehangir.
    »Was für ein Gefängnis?«
    »Es gibt ein altes Gefängnis irgendwo in Carolina, wo sie die Sklaven hinbrachten, gleich nachdem sie von den Schiffen runterkamen. Ich weiß nicht mehr, ob es in North oder South Carolina war. Es steht noch immer und ist heute so etwas wie eine Touristenattraktion. Jedenfalls stehen dort Ayat aus dem Koran an den Wänden, sie sind zweihundert Jahre alt und immer noch da.«
    »Wirklich?«
    »Ja, es müssen einige Muslime unter ihnen gewesen sein.«
    »Meinen Vater würde das sicher sehr interessieren – falls er es noch nicht weiß.«
    Als wir vom Parkplatz des Lokals herunterfuhren, nahm Hannibal die Brand-Nubian- CD heraus und fragte: »Wollen wir beten?«
    »Beten?«, fragte Jehangir. »Ist es denn schon Zeit?«
    »Es wird Zeit für Asr.«
    »Cool.«
    »Moment«, sagte ich. »ich dachte, du bist ein Kaf – ich meine, ich dachte, du bist kein Muslim.«
    »Bin ich auch nicht, aber ich kann trotzdem beten.«
    Wir fuhren zum Haus zurück und Hannibal rannte nach oben, um Wudu zu machen. Während ich darauf wartete, dass ich an der Reihe war, versuchte ich mir über die Situation klar zu werden. Er war also kein Muslim. Nur sein Vater war einer. Warum machte Hannibal dann Wudu? Warum betete er mit uns? Warum hatte er den Speck, die Würstchen oder den Schinken weggelassen? Warum war ihm, und nicht Jehangir oder auch mir, aufgefallen, dass es Zeit für Asr war?
    Jehangir legte einen Teppich für den Imam aus und zwei weitere dahinter.
    »Allahu Akbar, Allahu Akbar, la ilaha illa Allah …« Hannibal bedeutete mir, das Gebet zu leiten. Ich schüttelte den Kopf und blieb neben Jehangir stehen, und erst in dem Augenblick fiel mir auf, was das bedeutete.
    »Allaaaahu Akbar«, sprach Hannibal in Richtung Qibla, und das Gebet hatte begonnen. Ich tat es ihm nach und faltete meine Hände über meinem Bauchnabel. Als es Zeit war, im Stillen die al-Fatiha zu sprechen, überdachte ich, welche Übertretungen des Fiqh wir uns bislang hatten zuschulden kommen lassen. Wenn überhaupt, dann beteten wir alle zusammen, Männer und Frauen Seite an Seite, sogar die Füße und die Schultern berührten sich dabei! Wir beteten hinter einem weiblichen Imam, sogar wenn sie ihre Menstruation hatte. Wir beteten hinter einem Schiiten, wenn Amazing Ayyub das Gebet leitete, und manchmal hinter einem bekifften Haschaschin, der so high war wie die Berge von Ghuraf. Aber das hier war die Krönung. Ich betete hinter einem Imam, der noch nicht mal

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