Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tatjana

Tatjana

Titel: Tatjana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Cruz Smith
Vom Netzwerk:
anspielte, hätte ein Coup sein sollen, der Grischa von allen anderen abhob. Es hätte aber auch zu einer ähnlichen Katastrophe führen können wie auf der Kursk .«
    »Ich glaube, Kurischer Bernstein plant, ein chinesisches Atom-U-Boot hier zu reparieren«, sagte Schenja. »Da wird ein Preis von zwei Milliarden Dollar erwähnt. Wäre Grischa damit nicht eine Klasse für sich?«
    Das ist nicht die einzig mögliche Interpretation, dachte Arkadi. Tatjana dachte es auch, wie er ihrem Gesicht ansah. Doch es war eine Summe, die Respekt hervorrief. Selbst Arkadi spürte es kurz.
    »Was nichts an der Tatsache ändert, dass Grischa trotzdem nur ein Dieb war. Sie sind alle Diebe«, knurrte Viktor. »Irgendwie war die Reparatur nur ein Plan, Geld zu stehlen. Viel Geld.«
    »Wird Alexi irgendwo im Notizbuch erwähnt?«, fragte Arkadi. »Hat er nicht das Gefühl, der rechtmäßige Erbe zu sein und dass alles, was Grischa besaß, jetzt ihm gehört? Alexi hat von Anfang an versucht, sich einzumischen. Schenja, als er dich und Lotte dazu gebracht hat, das Notizbuch zu übersetzen, gab es da etwas, hinter dem er besonders her war?«
    »Hinter allem.«
    »Was hat er dich als Letztes gefragt?«
    »Wo das Treffen stattfindet. Auf Grischas Jacht, der Natalja Gontscharowa , habe ich ihm gesagt.«
    »Abdul ist in Kaliningrad«, warf Viktor ein. »Sein Konzert hat er schon gegeben. Er bleibt noch wegen irgendwas da.«
    »Ich arbeite weiter daran«, versprach Schenja. »Atom-U-Boot, das ist ziemlich krass. Vielleicht habe ich alles falsch verstanden. Vielleicht sind’s nur Gummientchen in einer Badewanne.«
    »Komm nach Hause«, sagte Viktor zu Arkadi.
    »Gute Nacht«, sagte Tatjana.
    Der Monitor füllte sich wieder mit einem Bildschirmschoner der Milchstraße. Arkadi fiel auf, dass Tatjana das U-Boot Kaliningrad und dessen fehlgeschlagene Testläufe für sich behalten hatte, statt Schenjas Vermutungen weitere Nahrung zu geben. Sie sah das große Bild; alles andere war Ablenkung. Tatjana dachte in Größenordnungen von Nationen und Geschichte, während Arkadi sich auf das kleine Bild von drei Kindern und einem Mann in einem Metzgerwagen konzentrierte.

30
    A lle Autos in Selenogradsk waren schlafen gegangen, bis auf schwarze Limousinen, die ständig durch die Straßen fuhren. Arkadi und Tatjana hatten seit Tagen nicht geschlafen und gingen das Risiko eines Motels ein, das mit Plastikschwänen geschmückt war und sich » Das Vogelhaus « nannte. Der Empfangstresen war mit Broschüren über die heimische Tierwelt bestückt und bot Weckrufe für früh aufstehende Vogelbeobachter an.
    Sie ließen ihre Schuhe und Tatjanas Waffe neben dem Bett, Tatjana legte den Kopf an Arkadis Schulter und war fast augenblicklich eingeschlafen, noch bevor er die Nachttischlampe ausknipsen konnte.
    Arkadi ging auf, dass Tatjana und er zu zynisch waren. Als erwachsene Russen war ihre Skala, wenn man es so nennen wollte, durch Erfahrung auf » das Schlimmste « eingestellt, auf Katastrophen statt Erfolg. Schenja zum Beispiel zäumte das Pferd von hinten auf. Dass Kurischer Bernstein ein Atom-U-Boot für China reparieren wollte, war schlimm genug. Das Schlimmste war jedoch die Möglichkeit, dass Kurischer Bernstein die Reparatur eines russischen Atom-U-Boots nach China auslagern würde. Arkadi erinnerte sich an den Namen des defekten U-Boots. Die Kaliningrad . Das klang überhaupt nicht chinesisch.
    Beim Einschlafen hörte er, wie der Rumpf eines U-Boots zerquetscht und verbogen wurde, das Geräusch der Eismaschine im Flur.
    Der morgendliche Verkehr nach Kaliningrad staute sich, da Polizisten in gelben Westen Autos, Lastwagen und Fahrräder kontrollierten.
    »Wir müssen uns trennen«, sagte Arkadi. »Sie werden nach Paaren auf Fahrrädern suchen. Ich fahre als Erster. Wenn es kein Problem gibt, warte zehn Minuten und schau, ob du eine Mitfahrgelegenheit findest.«
    »Ich weiß, wie man das macht.«
    »Sei vorsichtig.« Wobei er merkte, dass er auf taube Ohren stieß.
    Für den Lastwagenfahrer war es ein weiterer Tag mit schlechtem Wetter, rutschigen Pflastersteinen, Bony Maronie im Radio und einem Frühstück, das aus einem klebrigen Pfirsichkuchen bestand. Er nahm die Frau mit, weil sie von hinten gut aussah und von vorne auch nicht so schlecht, wie sie da mit erhobenem Daumen per Anhalter mitgenommen werden wollte. Die Polizisten winkten den gesamten Verkehr an den Straßenrand wie eine Herde Elefanten. Sie warf ihr Fahrrad hinten in den Laderaum, stieg vorne

Weitere Kostenlose Bücher