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Tatjana

Tatjana

Titel: Tatjana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Cruz Smith
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was du meinst.«
    Sie war diejenige, die das Internetcafé fand, ein in das Flimmern der Bildschirme getauchtes Kellerlokal. Fluoreszierende Aufkleber schmückten die Wände. An einem Tresen gab es Espresso und Kräutertee. In Lavalampen hoben und senkten sich Blasen. Nur zwei andere Nutzer waren da. In getrennten Nischen, mit Kopfhörern, umweht von Zigarettenqualm und den fruchtigen Schwaden aus Wasserpfeifen, nahmen die Stammgäste des Cafés einander nicht wahr.
    Arkadi rief zunächst in seiner Wohnung an. Er brachte nur ein »Hallo, Schenja« heraus.
    Die Stille am anderen Ende dehnte sich so lange, dass Arkadi schon befürchtete, sich verwählt zu haben, bis Schenja flüsterte: »Bist du das, Arkadi? Du lebst?«
    »Ich fürchte, ja.«
    »Ich auch.«
    Auf einem Schild an der Wand stand »Kein Bloggen, kein Flamen, kein Skypen«. Doch die Kellnerin, ein Mädchen mit kahl geschorenem Kopf und blau tätowierten Armen, erklärte, das sei nur für Touristen gedacht, nicht für Königs, die gebürtigen Kaliningrader.
    Sobald die visuelle Verbindung hergestellt war, tauchten Schenja, Viktor und ein hübsches, rothaariges Mädchen auf dem Schirm auf.
    »Das ist Lotte, nehme ich an«, sagte Arkadi. »Sie muss eine gute Freundin sein.«
    Während der gegenseitigen Vorstellung wurde Arkadi von Lotte mit unverhohlener Neugier gemustert. Was für einen Anblick er abgeben musste, dachte Arkadi. Ein abgehalfterter Gaul neben der schönen Tatjana. Sie musterte Schenja auf fast die gleiche Weise. Viktors Miene blieb unbewegt, und er behielt die Treppe des Cafés im Auge.
    Von Alexis Männern war nichts zu sehen. Das hier ist nicht ihre Szene, dachte Arkadi. Alexi war nicht Grischa. Er war berechnend, aber ihm wurde nicht dieselbe Loyalität oder derselbe Respekt entgegengebracht. Er war pervers, und selbst in der Unterwelt nutzte sich das ab. Männer, die ungeachtet des schlechten Wetters unermüdlich die Straßen hätten absuchen sollen, verzogen sich in eine Hotelbar auf einen Drink, um die Kälte aus ihren Knochen zu treiben.
    Schenja hielt das Notizbuch so, dass Tatjana es erkennen konnte. Sie hatte es früher schon gesehen. Trotzdem war es erstaunlich, in welcher Schnelligkeit sie die Seiten überflog.
    »Lotte hat rausgekriegt, dass die Symbole mit Doppelpunkt für die Leute stehen, die bei dem Treffen gesprochen haben. Das waren die Partner«, erklärte Schenja.
    »Der Erste unter den Partnern muss Grischa Grigorenko gewesen sein.«
    »Der Mann mit dem Zylinder und dem Strich drunter.«
    »Als Nächstes der Mann ohne Strich drunter«, sagte Tatjana. »Ape Beledon. Alt und tödlich. Der Halbmond könnte Abdul sein. Abdul verdient ein Vermögen mit Videos und noch mehr damit, Gasleitungen zu schützen, die durch Tschetschenien verlaufen.«
    »Ich habe keine Ahnung, für wen die Steine stehen«, gab Schenja zu.
    »Bausteine. Die Schagelmanns, Isaak und Valentina, haben ein Bauunternehmen. Sie bauen Straßen, Hochhäuser, Einkaufszentren. Sie wollten sogar mein Wohnhaus abreißen. Bei den letzten beiden Partnern bin ich mir nicht so sicher. Der Stern steht für die Staatsmacht, jemand auf einem hohen Posten im Verteidigungsministerium oder ein führender Kopf im Kreml. Einer von denen, die überall ihre Finger drin haben. Und China. Joseph Bonnafos sprach Chinesisch, aber auch Russisch, Französisch, Deutsch, Englisch und Thai.«
    »Und die Wespe?«, fragte Viktor.
    »Bernstein«, sagte Lotte.
    Schenja verkündete stolz: »Wir glauben, es ging um eine Vereinbarung zwischen der chinesischen Regierung und einem Geschäftsunternehmen, das dem Kreml nahe steht.«
    »Könnte es die Kurische Renaissance sein?«, fragte Arkadi. »Die Kurische Bank? Kurische Investments?«
    »Nein.«
    »Kurischer Bernstein«, warf Tatjana ein.
    Am anderen Ende entstand eine lange Pause. Dann rief Lotte: »Das ist es.«
    »Ich habe dieses seltsame Unternehmen seit Jahren im Auge gehabt«, sagte Tatjana. »Nach außen hin ist Kurischer Bernstein ein praktisch zum Erliegen gekommener Tagebau auf der Nehrung. Gräbt man ein bisschen tiefer, kommt zum Vorschein, dass er auch die Dachgesellschaft für die Kurische Bank, Kurische Investments, Kurische Renaissance und den Rest ist. Das Ganze war Grischas Erfindung, eine Möglichkeit, Geld in alle Richtungen zu verschieben. Wer sollte ihn aufhalten? Er war ein Milliardär mit Verbündeten auf allen Ebenen. So weit bemerkenswert, aber nicht einzigartig. Moskau hat Dutzende Grischas. Das, worauf Joseph Bonnafos

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