1009 - Kometen-Geister
Ich jedenfalls sah ihn, und ich sah auch, wie er sich voranbewegte. Er wollte mich aus dem Weg haben, deshalb ruderte er mit dem rechten Arm. Es kam zu keiner Berührung, da ich freiwillig zur Seite trat.
Ich ließ ihn passieren.
Der Mann, den ich auf Mitte Zwanzig schätzte, bewegte sich mit ungewöhnlichen Schritten. Steif und dennoch federnd, als wollte er jeden Bodenkontakt nutzen, um sprunghaft voranzukommen.
Sein Gesicht war vom Profil her scharf geschnitten, was allerdings auch am Kinn liegen konnte, das ziemlich spitz hervorsprang.
Den großen Eingang hatten wir passiert, und der Kunde verhielt sich so wie die anderen auch. Er holte sich einen Wagen, den er durch die Gänge schieben konnte.
Ich folgte ihm langsam. Mein Gefühl war mies, ungut. Natürlich gab es viele bunten Vögel auf der Welt, besonders in den Staaten, in denen ich mich aufhielt, aber dieser Kerl hier gefiel mir ganz und gar nicht. Auffällig gekleidet, okay, das nahm man noch hin, doch er machte auf mich auch den Eindruck, als hätte er irgend etwas vor, das mit den Gesetzen nicht gerade im Einklang stand.
Zwar wollte ich ihm nicht direkt auf den Fersen bleiben, doch ich hätte schon gern gesehen, was er noch vorhatte.
Die Musik wurde von einer weichen Frauenstimme unterbrochen, die Sonderangebote anpries, als wären diese die besten der Welt. Ich hörte nicht hin und schob meinen Wagen weiter. Vorbei an der langen Kühltheke, in der die Milchprodukte aufbewahrt wurden, auch an den Ständen mit dem Tierfutter, und ich bemerkte aus den Augenwinkeln die Kunden, zumeist Frauen, die Lebensmittel in ihre Wagen füllten.
Irgend jemand in meiner Nähe lachte laut. Es war ein Kind, das einen bunten Pappclown in Menschengröße entdeckt hatte, der für Süßigkeiten Reklame machte.
Eine Propagandistin hatte sich einen Platz gemietet und versuchte, Produkte aus Seetang an den Kunden zu bringen.
Ich sah den Typ wieder. Er hatte sich in die Nähe der Propagandistin gestellt und schaute sich unschlüssig um. Dabei machte er den Eindruck eines Mannes, der sich verlaufen hatte, was ich aber nicht glaubte. Mir kam er vor wie auf dem Sprung stehend, wie jemand, der nur auf den günstigsten Zeitpunkt wartet, um etwas Schlimmes in Gang zu setzen. Er schob seinen Wagen auf die Propagandistin vor. Mir fiel auf, daß der Jeans-Typ und ich die einzigen Kunden waren, in deren Wagen keine Waren lagen.
Die Frau hinter ihrer kleinen Theke war blond, sie trug Ohrringe aus grünen Steinen. Ihr Lächeln klebte im Gesicht fest. Wahrscheinlich lächelte sie auch noch im Schlaf und pries dort ebenfalls ihre Waren an.
Sie sah den Kunden. »Hi, Sir, Sie sollten sich für einen Moment mit mir unterhalten. Es geht um Ihre Gesundheit und auch um ein langes Leben. Glauben Sie mir.«
»Ach ja?«
Die Antwort mußte die Frau gestört haben, denn das Lächeln zerbrach allmählich. Das Gefühl des Unbehagens überkam die Propagandistin. Sie sah aus wie jemand, der unter Furcht litt.
Der Kerl schob seinen Wagen weiter, bis er beinahe den Verkaufsstand berührte. »Was hast du denn anzubieten, Süße? Warum bist du so besorgt? Was ist mit meiner Gesundheit?«
»Die soll doch erhalten bleiben - oder? Das will schließlich jeder von uns, meine ich.«
»Kann sein.«
»Aber wenn Sie nicht wollen…« Die Verkäuferin machte jetzt einen Rückzieher. Es sah so aus, als wollte sie sich hinter ihrem Stand verkriechen.
Auch andere Kunden waren auf die beiden aufmerksam geworden. Ich beobachtete die Szene nicht mehr allein. Plötzlich hatten die Menschen viel Zeit. Sie spürten, daß sich zwischen den beiden so unterschiedlichen Personen etwas Ungewöhnliches anbahnte, das die übliche Routine und Monotonie des Alltags auflockerte.
Der Kerl schob seinen Wagen schwungvoll zur Seite. So hart, daß er gegen einen anderen prallte.
Dann beugte er sich vor und lachte die Blonde an. »Ich will aber, Süße. Ich will sehen, welche Scheiße du den Leuten hier andrehst.« Er winkte energisch. »Los, her mit den Proben! Ich will sie essen, sie probieren. Das brauche ich jetzt. Verstehst du das? Ich will es haben.«
»Nein, bitte…«
»Doch!« schrie er.
»Der Kerl ist irre!« flüsterte eine ältere Frau in meiner Nähe. »Das ist bestimmt einer von denen.«
Einer von denen? Was meinte sie damit? Ich hatte den Satz genau registriert, aber ich fragte nicht mehr nach, weil sich die Ungeduld des Mannes noch mehr steigerte. »Kriege ich deinen Fraß nun - oder nicht?« Er wartete die
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