Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tausend und eine Nacht, Band 4

Tausend und eine Nacht, Band 4

Titel: Tausend und eine Nacht, Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Weil
Vom Netzwerk:
meinem siebten Jahr in der Welt umher, bis ich hierher kam. Hier beschloß ich, mich anzusiedeln, weil ich bald sah, daß die Bewohner dieser Stadt, welche Ichtian Alchuta heißt, sehr gute rechtschaffene und mildtätige Leute sind; auch bemerkte ich, daß man hier gar nichts von einer Lüge weiß. Ich gab mich daher für einen fremden Kaufmann aus und bat einen der hiesigen Kaufleute, mir tausend Dinare zu leihen, bis meine Waren ankommen würde. Für dieses Geld kaufte ich Waren, mietete mir einen Laden und fing an zu handeln, bis ich reich wurde. Benutze auch du nun den Umstand, daß dich hier niemand kennt, und gib dich nicht für einen vor seiner Frau geflüchteten Schuhflicker aus; sage auch nicht, daß du in einer Nacht von einem Genius hierhergetragen wurdest, denn man würde dich nur verspotten, und diejenigen, welche es glauben, würden sich vor dir als einem verhexten Menschen fürchten und deine Nähe scheuen. Morgen will ich dir tausend Dinare geben und einen Maulesel mit einem meiner Diener leihen. Du reistest dann auf den Bazar, wo ich dich erwarten und mit vieler Auszeichnung aufnehmen will; ich werde dich nach allerlei Waren fragen, worauf du stets antwortest, du erwartest sie demnächst. Die Kaufleute werden mich dann fragen, wer du seist: Da will ich ihnen viel Gutes und Schönes von dir erzählen und dir ein geräumiges Magazin für deine Waren verschaffen; stelle dich nur recht reich: Wenn ein Bettler zu dir kommt, so gib ihm recht viel Almosen, damit man meinen Worten glaube. Ich werde dann dir zu Ehren eine große Mahlzeit geben, die angesehensten Kaufleute einladen und sie mit dir bekannt machen. Du kannst nach Belieben handeln, denn du findest überall Kredit und in kurzer Zeit kannst du ebenso reich sein, wie ich.« Am folgenden Morgen benahm sich Maruf so, wie Ali mit ihm verabredet hatte, und dieser nannte Maruf den ersten Kaufmann der Welt und sagte von ihm, er habe Handelshäuser in Ägypten, in Indien, in Arabien und China, und besitze so viele Waren, daß kein Feuer sie verzehren könne. »Neben ihm«, sagte Ali, »bin ich ein ganz untergeordneter Krämer!« Als die Kaufleute Ali so sprechen hörten, faßten sie eine hohe Meinung von Maruf und boten ihm alle ihre Waren an: Auch warteten sie ihm einer nach dem anderen mit allerlei Kuchen und Sorbetten auf.
    Während Maruf sich mit dem Obersten der Kaufleute unterhielt, kam ein Bettler vor Alis Laden und bat um ein Almosen. Die Kaufleute gaben ihm einige Pfennige, Maruf aber griff in die Tasche und reichte ihm eine ganze Hand voll Dinare hin, was den Kaufleuten noch eine höhere Meinung von seinen Reichtümern beibrachte. Bald kamen aber so viel Bettler, daß Maruf, der einem jeden eine Handvoll Geld schenkte, nichts mehr von den tausend Dinaren übrigblieb. Da schlug er die Hände zusammen und sagte: »Wie es scheint, gibt es hier viele Arme; hätte ich das gewußt, so hätte ich einen ganzen Sack voll Dinare mitgebracht; was soll ich nun tun, wenn ein Armer mich um etwas bittet, da ich kein Geld mehr bei mir habe?« – »Sage ihm: Gott stehe dir bei!« antwortete der Vorsteher der Kaufleute. »Das kann ich nicht«, versetzte Maruf; »willst du mir nicht für die Armen tausend Dinare leihen, bis meine Waren ankommen?« – »Recht gern!« antwortete der Vorsteher und schickte sogleich einen seiner Diener nach Hause, um das Geld zu holen, Maruf verteilte auch dieses Geld wieder unter die Armen, welche vor der Moschee, wo er sein Mittagsgebet verrichtete, sich um ihn drängten. Er ließ sich dann von einem anderen Kaufmann wieder tausend Dinare leihen, die er bei dem Nachmittagsgebet austeilte, dasselbe tat er beim Abend- und Nachtgebete, so daß er an diesem Tag fünftausend Dinare verschenkte. Ali sah ihm mit Bewunderung zu, durfte aber, ohne sich selbst zum Lügner zu machen, nichts sagen. Des Nachts war eine große Mahlzeit bei Ali, während welcher Maruf nicht aufhörte, von seinen vielen Waren und Edelsteinen zu reden. Am folgenden Tag wendete er sich wieder an andere Kaufleute und fuhr so fort, bis er sechzigtausend Dinare entlehnt hatte. Als aber noch immer keine Waren ankamen, verloren doch die Kaufleute ihr Vertrauen zu ihm und fragten Ali, warum denn Marufs Waren so lange ausblieben. Ali wußte ihnen nichts zu sagen als: »Habt Geduld, sie werden bald ankommen.« Als er aber allein mit Maruf war, machte er ihm Vorwürfe darüber, daß er so viele Schulden mache, die er nie zu zahlen imstande wäre, da er nichts besitze noch

Weitere Kostenlose Bücher