Tausend und eine Nacht, Band 4
Ausgaben sich vermindert hatten, gab er mir einen Drachmen täglich, und als das Jahr zu Ende war, bot er mir seine Tochter als Frau an und gab mir Teil am Geschäft. Ich nahm das Anerbieten an, heiratete das Mädchen und besorgte den Laden, war jedoch nicht glücklich, denn mein Herz war zerknirscht, so daß ich auch, wenn mein Schwiegervater mich zum Trinken einlud, ihm nicht folgte. So vergingen zwei Jahre. Eines Tages sah ich viele Leute mit Speisen und Getränken vorübergehen und als ich fragte, was dies bedeute, sagte man mir: Dies ist der Tag der Lebenslustigen, an dem die wohlhabenden und fröhlichen jungen Leute am Ufer des Obollakanals unter den Bäumen zechen. Da überkam mich die Lust, dies auch zu sehen, denn ich dachte, vielleicht sehe ich unter den vielen Leuten auch meine Geliebte. Der Gemüsehändler, dem ich mein Verlangen danach äußerte, richtete mir Speisen und Getränke her und ich begab mich an das Ufer, um mit anderen den Kanal zu befahren. Da erblickte ich den Kapitän des Schiffes, auf welchem der Haschimite und die Sklavin sich befunden hatten. Ich rief ihm zu und er erkannte mich und fragte mich, ob ich noch am Leben? Dann umarmte er mich und ließ sich meine Abenteuer erzählen. Als ich damit zu Ende war, sagte er: Da du sehr betrunken warst, glaubten wir, du seiest ins Wasser gestürzt und darin umgekommen. Ich fragte dann nach meiner Sklavin und er sagte mir: Als man dich vermißte, zerriß sie ihre Kleider, verbrannte ihre Laute und fing an zu weheklagen und sich zu schlagen. Als wir in Baßrah anlangten, sagten wir ihr: Lasse jetzt dein Weinen und dein Weheklagen! Sie erwiderte: Ich werde mich jetzt schwarz kleiden und mir an der Seite dieses Hauses ein Grab graben lassen und in der Nähe desselben leben und nie mehr singen. Wir widersetzten uns ihrem Vorsatz nicht und so lebt sie jetzt bis zu dieser Stunde. Ich ließ mich dann zu ihr führen und fand sie in dem vom Hauptmann bezeichneten Zustand. Als sie mich sah, stieß sie einen furchtbaren Schrei aus, so daß ich glaubte, sie sei des Todes. Ich hielt sie lang in meinen Armen und der Haschimite sagte: Nimm sie hin! Ich erwiderte: Schenke ihr die Freiheit, wie du mir versprochen hast und gib mir sie zur Ehefrau. Er tat dies und schenkte uns kostbare Gerätschaften, viele Kleider und Diwane und fünfhundert Dinare, indem er hinzusetzte, so viel bestimmte er uns für jeden Monat, jedoch unter der Bedingung, daß wir in seiner Gesellschaft leben und er die (ehemalige) Sklavin singen höre. Er wies uns dann eine Wohnung an, in die er alles Nötige an Mobilien bringen ließ und in welche sich auch meine Gattin begab. Ich ging hierauf zum Gemüsehändler und erzählte ihm, was sich mit mir zugetragen und bat ihn, mir es nicht als Sünde anzurechnen, wenn ich seiner Tochter, ohne daß sie etwas verschuldet habe, nach Entrichtung ihrer Morgengabe, einen Scheidebrief gebe. Als dies geschehen war, kehrte ich zum Haschimiten zurück und lebte wie früher mit dem Mädchen in großem Wohlstand, Gott verscheuchte jeden Kummer von uns, überhäufte uns mit seiner Gnade und belohnte unsere Geduld, indem er uns an das Ziel unserer Wünsche gelangen ließ.
Das Märchen von Maruf.
In Kahirah lebte einst ein Schuhflicker, mit dem Namen Maruf, der eine sehr böse und schlechte Frau hatte, die ihn auf alle mögliche Weise kränkte. Er ließ sich alles gefallen, um öffentliche Szenen zu vermeiden, wurde aber auch immer ärmer, weil er, um Frieden zu haben, alles, was er verdiente, für seine Frau ausgeben mußte. Eines Tages sagte ihm Fatma, so hieß diese böse Frau: »Heute muß ich einen Honigkuchen von Bienenhonig haben.« Er antwortete: »Gott gebe mir die Mittel dazu, so will ich dir ihn verschaffen; im Augenblick besitze ich aber keinen Drachmen. Doch Gott wird mir helfen.« – »Ich lasse mich nicht auf solche Redensarten ein«, erwiderte Fatma; »bringst du mir diesen Abend keinen Honigkuchen, so erwartet dich eine bittere Nacht.« – »Gott ist gnädig«, sagte Maruf tief seufzend; dann betete er das Morgengebet, ging in seine Butike und flehte Gott um Arbeit an, daß er in den Stand gesetzt werde, seiner Frau einen Honigkuchen zu kaufen. Aber sein Gebet blieb unerhört: Er saß bis mittags in seiner Butike, ohne daß ihm die geringste Arbeit gebracht wurde, so daß er nicht einmal Brot, viel weniger Kuchen kaufen konnte. Mit Tränen in den Augen schloß er seine Butike und machte sich auf den Weg nach Hause. Da winkte ihm ein
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