Tausendundeine Wuestennacht
vermochte so vieles, hatte sie sogar vergessen lassen, dass sie Angst vorm Reiten hatte. Reiten? In Raffas Armen hatte sie das Gefühl gehabt zu fliegen.
Aber sie durfte nicht zu viel in diesen Ausflug hineinlegen. Raffa wollte ihr nur die Schätze seines Landes näherbringen, damit sie es wirksam vermarkten konnte.
Er reichte ihr die Hand. „Kommen Sie mit.“
„Wohin?“ Nachdem das Pferd friedlich seinen Durst gestillt hatte, fühlte Casey sich auf einmal scheu und unsicher.
„Ich möchte Ihnen etwas zeigen. Dafür müssen Sie eine kleine Klettertour auf sich nehmen.“
„Klettertour?“ Beunruhigt blickte Casey die Steilwand hinauf.
„Wenn Sie möchten, trage ich Sie.“
„Danke, aber ich laufe ausgezeichnet“, versicherte sie ihm und ging voraus.
Mit wenigen Schritten holte er sie ein. „Es gibt hier einen Bergpfad, aber das ist er nicht.“
Suchend blickte sie sich um.
„Man muss wissen, wo er ist.“
„Und Sie wissen es natürlich.“
Eindringlich blickte Raffa sie an. „Ich denke schon.“
„Dann zeigen Sie ihn mir.“
Er rührte sich nicht, und Casey atmete tief ein. Es fiel ihr schwer, sich ihre Gefühle nicht anmerken zu lassen. Sie begehrte Raffa verzweifelt –, aber empfand er ebenso für sie?
Eine Windbö erfasste die Büsche um sie herum.
„Bitte, Raffa, kann ich Sie etwas fragen?“, flüsterte Casey.
Der Augenblick der Wahrheit war gekommen.
„Raffa … was würden Sie sagen, wenn ich Sie bitten würde, mit mir zu schlafen?“
„Ich würde sagen, Sie sollten sich Ihrer Sache ganz sicher sein, da Sie noch Jungfrau sind.“
Casey dachte darüber nach. „Woher wollen Sie das wissen?“
Nun lächelte Raffa. „Jahrelange Erfahrung?“
„Bitte machen Sie sich nicht über mich lustig! Nicht jetzt.“
Auf diesen Moment hatte er gewartet, seit er ihr zum ersten Mal begegnet war. Aber sah sie ihre Situation realistisch? Es war schön gewesen, zu beobachten, wie Casey sicherer wurde, ihm mehr und mehr vertraute, sich ihm sogar nackt präsentiert hatte. Aber war er für sie nur der Märchenprinz jenseits jeder Wirklichkeit? Es war besser, wenn er noch wartete.
„Soll ich vorgehen?“, schlug er vor und deutete zum Bergpfad.
Casey nickte nur und versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.
Auf halbem Weg nach oben bogen Raffa und Casey um eine Krümmung, und eine natürliche breite Plattform kam in Sicht. Sie war wettergeschützt und auch gegen den Wasserfall abgeschirmt, der an einer Seite in die Tiefe toste. Jahrelange Begehung hatte den Felsboden geglättet.
„Ich dachte, wir könnten hier ein Lager aufschlagen.“
„Für die Nacht?“, fragte Casey beunruhigt.
„Sie haben doch sicher Hunger?“
„Hunger? Ja.“ Sie war erleichtert. „Und wo finde ich eine … Toilette?“
„Hinter jedem Busch. Warm baden können Sie ein Stück den Hang hinunter, kalt duschen auch.“
„Ich werde jetzt erst mal ein Feuer machen.“
„Sie?“ Raffa wollte wieder nach unten gehen, um Dinge für das Aufschlagen des Lagers zu holen, und blieb stehen.
„Warum nicht?“ Sie mochte keine Erfahrung in der Liebe haben, aber ein Lagerfeuer bauen konnte sie. Als Beweis holte sie einen Feuerstein aus der Tasche.
Raffa lachte. „An Ihren Feuerstein hatte ich nicht mehr gedacht“, gestand er und ging weiter.
Fasziniert blickte Casey ihm nach. Er bewegte sich so geschmeidig wie ein Berglöwe. Als er außer Sicht war, hielt sie schützend die Hände vor die kleine Flamme, die sie mit Hilfe aufgelesener Reiser entfacht hatte.
Zum ersten Mal nach langer, langer Zeit gönnte Raffa sich die ersehnte Freizeit an seinem Lieblingsort in der Wüste. Noch vor Jahren, während seiner Militärzeit, war er oft hergekommen, um innerlich aufzutanken.
Forschend blickte er zum Plateau hinauf, wo eine Rauchsäule anzeigte, dass Casey Erfolg hatte. Er lächelte. Sie war voller Überraschungen, und er genoss es, mit ihr zusammen zu sein. Aber so einfach war die Situation nicht. Nur eins stand jetzt für ihn fest: Sie bekam den Posten. Über Einzelheiten war er sich noch nicht im Klaren, doch so schnell würde sie A’Qaban nicht verlassen.
Mit Decken, Essen, Getränken und anderen Vorräten beladen, kehrte Raffa zu Casey zurück, die kauernd das Feuer in Gang zu bringen versuchte. „Sind Sie sicher, dass Sie keine Hilfe brauchen?“ Er hockte sich zu ihr und widerstand der Versuchung, sie zu berühren.
„Wenn Sie mich darauf ansprechen …“ Sie wandte sich ihm zu.
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