Taylor Jackson 02 - Der Schneewittchenmörder
Dummes, ja?“
Sie nickte. Er kam näher, noch näher. Eine Duftwolke umgab ihn; er hatte länger nicht gebadet, und sie versuchte, nicht zu würgen. Ganz ruhig. Lass ihn nach hinten greifen …
Taylor sprang auf die Füße und stieß den Stuhl unter sich weg. Dustys Schock hielt lange genug an, um einen Überraschungsangriff zu landen. Ihre rechte Hand wirbelte um seinen Kopf und bekam sein linkes Ohr zu fassen, mit der linken packte sie sein Kinn und drückte es mit aller Kraft von sich weg. Sie war größer als er und hatte eine bessere Hebelwirkung, als er erwartete. Bevor er sich zur Wehr setzen konnte, sprang sein Kopf nach hinten, und sein Genick brach mit einem hörbaren Knacken.
Taylor stieß die angehaltene Luft aus und ließ Dustys Kopf los. Er fiel in einem Haufen zu ihren Füßen.
Sie ging drei Schritte zurück und schaute ihn an. Noch nie hatte sie einen Menschen mit bloßen Händen getötet; es hatte nie einen Grund gegeben. Normalerweise trug sie ihre Waffe bei sich, die für sie die schmutzige Arbeit erledigte. Noch mehr Blut an ihren Händen.
Sie schüttelte den Gedanken ab. Sie hatte keine Zeit, sich jetzt hierüber Gedanken zu machen. Sie musste hier raus. Ohne einen Blick zurück rannte sie zur Tür. Vor ihr erstreckte sich ein langer Flur, der in einer weiteren Tür mündete. Durch das darüberliegende Fenster schien Licht. Sie rannte weiter und stand mit einem Mal in der eiskalten Winterluft.
Mit ein paar tiefen Atemzügen versuchte sie, die Beklemmung wegzuatmen. Ihr Atem bildete dichte Wolken, wie ein Drache, der Rauch ausspuckte. Die vor ihr liegende Straße war einsam und verlassen. Links und rechts von ihr standen mit Graffiti beschmierte Gebäude; Tags von Gettokünstlern und Gangstern verliehen der Gegend beinahe ein Gefühl von Heimat.
Ein dunkelbrauner Fluss breitete sich vor ihr aus, und die Lichter der Wolkenkratzer auf der anderen Seite lockten wie Millionen freundlicher Leuchtkäfer. Es gab nur einen Ort auf der Welt, der so aussah. Sogar ohne die bekannten Wahrzeichen, die sich in den Himmel erhoben, war es unverkennbar. Nun wusste sie, wo sie war.
Die vom Fluss kommende kalte Brise wirbelte ihre Haare durch. Gänsehaut breitete sich auf ihren Armen und Beinen aus. Ohne einen Moment des Zögerns ging sie die fünf Stufen zur Straße hinunter, wandte sich in südliche Richtung und nahm dann die erste Straße gen Osten, die kam. Wenn sie sich vom Fluss entfernte, würde sie bald auf Zivilisation stoßen.
36. KAPITEL
New York, New York
Montag, 22. Dezember
13:00 Uhr
In der kleinen Straße hinter dem Restaurant war er von dem Riesen abgeholt worden, den alle nur Atlas nannten. Atlas hatte ihm die Augen verbunden und war eine gefühlte Ewigkeit umhergefahren, bevor sie endlich an einem Lagerhaus am Fluss ankamen, vor dessen Tür L’Uomo sie bereits erwartete. L’Uomo entließ seinen Fahrer und hielt die schmutzige Stahltür für seinen Besucher auf. Unhöflichkeit war eine Eigenschaft, die man ihm nicht nachsagen konnte.
Sie gingen durch ein Gewirr mehrerer Flure, das an einer Tür endete. Zur Rechten gab es eine weitere Tür, und L’Uomo trat zu ihr, drehte den Knauf und bedeutete seinem Gast, näher zu kommen.
„Bitte.“
Besser, der ganze Aufwand lohnt sich auch, dachte der jüngere Mann. Er trat durch die Tür und ging dann einen langen Korridor hinunter, an dessen Ende ihn eine Stahltür mit einem eingelassenen Fenster erwartete. Er trat näher heran. L’Uomo war hinter ihm und lud ihn mit einer Geste ein, durch das Fenster zu schauen. So wenig es ihm auch gefiel, diesem Mann den Rücken zuzudrehen, er hatte keine andere Wahl. Lupenglas, ging ihm durch den Kopf.
Seine Augen brauchten einen Moment, um sich anzupassen. Auf dem Boden lag ein Körper. Ein männlicher Körper. Was zum Teufel …?
Er drehte sich zu L’Uomo um.
„Sie haben mich den ganzen Weg von den Toten hierher gebracht, um mir eine Leiche zu zeigen? Was für ein krankes Spiel spielen Sie denn jetzt schon wieder? Soll das eine neue Drohung sein? Tut mir leid, aber das interessiert mich nicht mehr.“
Einen Moment sah L’Uomo verwirrt aus, dann schaute er selber durch die Scheibe.
„Verdammt! Wo ist sie?“
Er riss die Tür auf und stürmte in die Halle. Der Mann namens Dusty lag in einem Haufen auf dem Boden, den Rücken der Decke zugewandt. Sein Kopf war zu drei Vierteln herumgedreht, offensichtlich nicht der natürliche Winkel.
L’Uomo schrie frustriert auf. Er war kein Mann, der
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