Taylor Jackson 03 - Judasmord
Brandanschlag verloren hatten. Ein ganzer Häuserblock mit Läden ging in Flammen auf – darunter auch ihre Wohnung, die sich direkt über ihrem Postershop befunden hatte. Zurück blieb eine obdachlose Familie, die ein dankbaresZiel für Hass und Spott bot. Jasmines iranische Mutter hatte ein Diplom in Molekularbiologie von der American University in Beirut, ihr irakischer Vater war ein ehemaliger Nuklearmediziner, der während des ersten Irakkriegs in den Neunzigern in den USA Asyl gesucht hatte. Hier durften sie dann einen Postershop eröffnen und Taxi fahren. Beide besuchten die notwendigen Kurse, um US-Amerikaner zu werden, als sie ihren Laden verloren. Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte für das leicht zu beeindruckende Mädchen, das im Laufe seines kurzen Lebens so oft entwurzelt worden war.
Für den Geschmack ihrer Eltern war Jasmine schon immer zu radikal gewesen. Sie hasste es, dass es ihren Eltern nicht erlaubt war, ihre akademischen Laufbahnen in diesem neuen Land weiterzuverfolgen. Also stritt sie sich konstant mit ihnen. Sie gab ihren Nachnamen auf und nahm den Namen Allôns an; ihre neuen amerikanischen Freunde akzeptierten ihn, ohne nachzufragen. Sie glaubten Jasmine, als sie behauptete, Französin zu sein. Ausländer war Ausländer im Süden der Vereinigten Staaten, was vor allem für Menschen aus Europa galt. Kaum einer der Einwohner war so weit gereist, um sie voneinander unterscheiden zu können, wenn sie nicht einen extrem starken Akzent oder irgendwelche sonstigen Merkmale hatten, wie zum Beispiel das Kopftuch muslimischer Frauen.
Nachdem der Laden fort war und die Zukunft der Familie unsicher, hatte Jasmine endgültig nichts mehr gehalten. Sie beging die ultimative Sünde und verliebte sich in einen weißen Jungen. Sie überließ es ihren Eltern, sich mit den aktuellen Problemen herumzuschlagen, und lief mit ihrem brandneuen Freund weg.
Natürlich geschah genau das, wovor ihre Eltern sie gewarnt hatten: Der junge Mann brachte sie mit Dingen in Berührung, zu denen sie keinen Zugang haben sollte – hauptsächlich Sex und Drogen. Es war die uralte Geschichte, ein Klischee – Teenager und ihr Übermut. Sie wurde abhängig von Crack und fing an, ihrem Freund zu glauben, wenn er ihr erzählte, sie könne sich Geld für noch mehr Crack verdienen, indem sie ihren Körper auf der Straße anbot. Zu klug, um eine Nutte zu werden, besorgte sie sich ein „Vorstellungsgespräch“ in einem Stripklub, log, was ihr Alter und ihre Drogenprobleme anging, und wurde als Haupttänzerin im Déjà Vu an der Demonbreun Street angeheuert. Dort zeigte sie fünf Abende die Woche und in derMatinee am Wochenende, was Gott ihr gegeben hatte – und das alles nur wenige Häuserblocks vom zerstörten Leben ihrer Eltern entfernt.
Jasmines kurzer Ausflug auf die schiefe Bahn endete, als Taylor sie dabei erwischte, wie sie auf dem Parkplatz hinter dem Déjà Vu gleichzeitig an einer Crackpfeife und einem Streifenbeamten saugte, der gerade Mittagspause machte und es eigentlich besser hätte wissen müssen.
In Jasmines Augen lag irgendetwas, das Taylor verfolgte. Was dazu führte, dass sie ein gutes Wort für sie einlegte, als es um einen Urteilsspruch ging. Sie schaffte es, sie auf Bewährung freizubekommen, indem sie versprach, ein Auge auf das Mädchen zu haben. Sie half Jasmine, in die Schule zurückzukehren, besorgte ihr einen Job als Tellerwäscherin in einem Restaurant und sah zu, wie das Mädchen seine Drogensucht besiegte. Und sie klatschte am lautesten, als Jasmine mit einem Abschluss in Bewegungswissenschaft das College verließ. Jasmine war eine echte Erfolgsgeschichte. Davon hatte sie nicht allzu viele vorzuweisen.
Als Jazz sich noch auf Plateauschuhen um Stangen gewunden hat, hatte sie dreitausend Dollar die Nacht verdient. Jetzt kostete eine Stunde Massage bei ihr einhundertfünfzig Dollar. Taylor allerdings behandelte sie umsonst.
Jasmine hatte ihre Vergangenheit nicht vergessen, und so half sie jungen Mädchen, die in einer ähnlichen Situation steckten wie sie damals, einen neuen Weg zu finden. Ihre Eltern, die inzwischen eingebürgert waren, hatten ein neues Zuhause und auch eine neue Berufung gefunden – sie führten eine Resozialisierungseinrichtung für die Mädchen, von denen Jasmine dachte, dass sie empfänglich wären für ein neues Leben.
Taylor wandte sich nicht oft an Jasmine, um Informationen von ihr zu bekommen. Sie respektierte die Veränderungen, die das
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