Tyler Moreno
1 Wer bist du?
TY
"Wer ist das?", fragte Shane und deutete auf eine zierliche Frau, die abseits der Gruppe stand und Fotos schoss.
"Schau sie nicht mal an, du Wichser!", schnauzte Gregor ihn sofort an.
Das war für den heutigen Tag schon zu viel für Ty. Er wusste, er war impulsiv und leicht auf die Palme zu bringen, aber an diesem Tag lief von vornherein alles schief. Da kam es ihm gerade gelegen, seinem Freund Shane beizustehen und Gregors großes Maul zu stopfen.
Er stieß Gregor mit beiden Händen vor die Brust.
"Lass ihn in Ruhe oder du bekommst es mit mir zu tun!", zischte er ihm entgegen.
Ihm war entgangen, wie sich der Streit zwischen den beiden entwickelt hatte. Es war ihm egal. Er freute sich einfach darauf, die angestaute Energie loszuwerden.
Gregor jedoch war bereits so in seiner Wut gefangen, dass er sich von seinen 1,95 Meter und den gestählten Muskeln nicht einschüchtern ließ.
Ty hatte keine Angst vor der Auseinandersetzung. Er war Sicherheitschef in der Firma seines Freundes Ryan und hatte in seiner Jugend mehr als einen Kampf in Fight Clubs bestritten.
Gregor baute sich vor ihm auf und hob gerade die Hände, um Ty ebenfalls von sich zu stoßen, als sich eine winzige Hand auf seine Armbeuge legte. Gregor erstarrte mitten in der Bewegung.
Ty folgte mit seinem Blick, der Hand entlang, den Arm hinauf um zu sehen, welches kleine Mädchen sich in ihren Streit einmischte.
Kein Mädchen, einfach nur eine winzige, schmale Frau. Vielleicht gerade einmal 1,55 Meter groß.
Ihre dünnen Beine steckten in schwarzen Leggins und darüber trug sie einen riesigen, unförmigen schwarzen Strickpullover, der ihr bis zur Mitte der Oberschenkel reichte.
Sie sieht aus wie ein Fass auf Stelzen, dachte er.
Aus dem Ungetüm an Pullover ragte ein schmaler Hals. Ihr Gesicht war blass und ungeschminkt.
Schön, ja, aber nicht herausgeputzt wie bei den meisten Frauen in ihrem Alter. Er schätzte sie auf ungefähr 23 Jahre. Sie hatte unscheinbare dunkelbraune Augen mit extrem langen Wimpern. Eine kleine Stupsnase und schöne, volle Lippen in einem dunklen Rot-Ton.
Ihre dunkelbraunen Haare waren zu einem nachlässigen Knoten hochgesteckt und einige Strähnen hatten sich gelöst.
Ihre Hand ruhte immer noch auf Gregors Arm und ihr Blick war fest mit seinem verhakt. Sie schienen mit ihren Blicken zu kommunizieren und verstanden sich anscheinend wortlos.
Gregor stöhnte gequält auf, wandte sich ab und ging. Ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben, hatte diese kleine Frau Gregor von einem tollwütigen Hund in einen getretenen Welpen verwandelt. Und auch ohne ein Wort an den Rest zu wenden, wandte sie sich ab und ging wieder auf ihren Sitzplatz am Rand der Gruppe.
Ty, dessen Wut in Verblüffung umgeschlagen war, schüttelte fassungslos den Kopf.
"Was bitte war das?", wandte er sich an Alexa.
Diese schüttelte traurig lächelnd den Kopf.
"Lass es lieber, Ty. Wenn es um Nina geht, sieht Gregor immer rot. Tu am besten so, als wäre sie gar nicht da"
Alexa sah ihn eindringlich an.
Ty blickte zurück zu Nina, die wieder ihren Beobachtungsposten eingenommen hatte. Sie saß einfach nur da und fotografierte die Menge.
So zu tun, als wäre sie nicht da, fand Ty gar nicht so einfach. Bisher war sie ihm nie aufgefallen. Er war sich gar nicht so sicher, ob sie bei den bisherigen Zusammentreffen der beiden Gruppen jemals anwesend gewesen war.
Gregor ging zu ihr, ließ sich vor ihr auf die Knie fallen und sprach mit ihr.
Nein, dachte Ty, nicht mir ihr, eher auf sie ein.
Sie legte den Kopf schief und schien ihm aufmerksam zuzuhören. Mitten in seinem Redefluss legte Nina ihm eine Hand auf die Wange und lächelte zaghaft. Gregor legte daraufhin seinen Kopf in ihren Schoß und Nina streichelte ihm über die Haare.
Ty sah noch einige Minuten zu, ehe er sich wieder an Alexa wandte.
"Was wird das?", fragte er verwirrt.
"Lass sie einfach in Ruhe, Ty. Wirklich, es ist besser für alle, wenn du dieses Thema einfach auf sich beruhen lässt", antwortete Alexa.
"Warum die Geheimniskrämerei?"
"Gott Ty, wenn du keine Ruhe geben willst, dann geh wenigsten zu Sky. Gregor ist eh noch sauer auf mich."
Ty wandte sich ab und holte sich erst mal ein Bier. Seine Gedanken kreisten um den seltsamen Vorfall. Er setzte sich zurück an das Lagerfeuer, wählte seinen Platz aber so, dass er Nina im Blick behielt.
Gregor saß mittlerweile neben ihr und sprach wieder auf sie ein, während Nina sich eine Zigarette drehte.
"Ty, komm, wir
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