Tekhnotma - Zeit der Dunkelheit: Roman (German Edition)
umfasste ihren Hals und zog sie zu mir heran. Aus dem Augenwinkel sah ich die Tätowierung an der Schulter. Meine Finger glitten wie von selbst darüber hinweg und ich spürte an der Stelle des Bildes etwas Hartes unter der Haut. Was war das? Als ob etwas in die Haut eingenäht wäre, etwas von der Größe einer Erbse, nur nicht rund, sondern eher länglich … Egal, jetzt war keine Zeit dafür.
Ich schrie ihr ins Ohr:
»Kletter runter und sag Tschak, dass er nicht bremsen soll!«
»Aber sie können doch nicht über die Brücke fahren!«, entgegnete sie mir schreiend.
»Aber sie könnten laufen! Und uns von dem Hügel da hinten beschießen, wenn wir langsam vorbeifahren!«
»Tschak sagt, der Motor hält das nicht lange aus!«
»Egal, er darf erst bremsen, wenn wir hinter dem Hügel da sind! Vorher nicht!«
Sie nickte, reichte mir die Magazine und stieg wieder runter. Ich war noch dabei, das MG nachzuladen, als sie noch einmal auftauchte und ihre schmale kalte Hand an meine Wange legte.
»Jegor, dir geht es schlecht«, sagte sie und blickte mir in die Augen. »Du bist weiß wie ein Laken und zitterst. Komm runter in den Waggon.«
»Einer muss hier oben bleiben, bis wir auf der anderen Seite sind«, widersprach ich. »Ich komme gleich, geh jetzt.«
Sie verschwand. Die Lok schwankte hin und her, als sie von der Brücke rollte. Auf dieser Seite des Bruchs gab es keinen Bahndamm. Ich warf das leere Magazin durch die Luke ins Innere der Lok. Meine Wunde pulsierte heftig, der Schmerz zog sich bis zur linken Schulter hoch. Ich konnte den linken Arm kaum heben. Trotzdem richtete ich mich so gut es ging auf und blickte zurück. Die Teutonen standen am Rande des Bruchs und die Mönche folgten uns zu Fuß, sprangen von Schwelle zu Schwelle. Einer rutschte aus und hing plötzlich bis zur Hüfte in der Luft.
Weit hinter ihnen, noch hinter den Ljuberzer Feldern sah ich neue Fahrzeuge. Ich konnte nicht mal zählen, wie viele. Wer war das? Noch mehr Mönche? Waren die Clans jetzt auch ausgerückt?
Die Diesellok rollte die Gleise lang, umfuhr den Hügel. Die Räder pochten, der Wind pfiff. Ich richtete den Lauf auf die Kuppe des Hügels, obwohl dort kein Mensch zu sehen war.
Hinter dem Hügel kam eine Art Bahnhof in Sicht: Ein Verladebahnsteig, auf dem ein verrosteter Minidumper mit geschmolzenen Reifen und einer verbogenen Ladegabel stand, außerdem ein niedriges Lagerhaus aus Ziegel, ein zylinderartiger Turm aus dunklem Metall auf einem fünf Meter hohen Dreifuß. Vom oberen Rand des Turms bis zur Erde zog sich ein Förderband. Und zur Seite der Gleise hin war ein Loch ausgeschnitten, an das sich eine Rinne aus Metall anschloss, die auf die Gleise zuragte. Irgendetwas wurde mit Hilfe dieser Vorrichtungen in Eisenbahnwaggons geladen – Sand oder Kies.
Oben auf dem Rand des Turms stand ein Mann und zielte mit einem Gewehr auf die Lok.
Ein Stück weiter schleppten Männer einen mächtigen Holzstamm den Bahnsteig entlang.
Ich zog den Kopf ein, um nicht von der Rinne getroffen zu werden, und gab eine Salve auf den Turm ab. Der Mann machte einen Satz nach hinten, schoss aber nicht zurück. Die Leute am Bahnsteig hievten gerade den Stamm auf die Gleise, dann gingen sie in Deckung. Der Motor heulte auf und die Lok beschleunigte. Mir war klar, was jetzt passieren würde, ich wollte mich aufrichten, um mich in die Luke zu schieben, aber im selben Moment krachten die Vorderräder schon in den Stamm.
Die Lok zuckte zusammen, als wäre sie mit voller Fahrt in eine Betonmauer gerast. Ich wurde auf dem Bauch liegend nach vorne geschleudert, rutschte über die Luke hinweg und wäre fast mit dem Kopf gegen den Schornstein gedonnert. Die Lok schaukelte heftig hin und her, meine Beine rutschten zur Seite und glitten über den abschüssigen Rand des Kabinendachs. Ich umfasste das Schornsteinrohr. Vor Schmerz in der linken Seite wurde mir schwarz vor Augen. Ich hatte keine Kraft mehr, meine Finger lösten sich, im letzten Moment stieß ich mich mit den Knien von der Kabine ab, um nicht unter die Räder der Lok zu geraten, dann fiel ich.
Zum Glück wuchs an dieser Stelle Gras neben den Gleisen, was meinen Sturz milderte. Meine verletzte Seite fühlte sich an, als wäre sie gerade frisch angeschossen worden. Als hätte jemand einen Meißel aufgesetzt und triebe ihn mit festen Schlägen in mein Inneres. Ich schrie auf, wälzte mich hin und her, presste schließlich das Gesicht ins Gras und biss mir die Lippen blutig. Endlich drückte ich
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