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Teranesia

Titel: Teranesia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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Pickel.
    Madhusree sprang auf das vordere Dinghi, holte sich eine frische Spritze und eine leere Kulturflasche, dann wechselte sie wieder auf das zweite Schlauchboot. Sie ging in die Hocke und stach den Pickel auf, aus dem sie dann ein paar Milliliter grauer Flüssigkeit zog, die sie in die Kulturflasche spritzte. Zurück auf dem vorderen Boot füllte sie die Flasche mit Nährlösung.
    »Wenn du einen Weg nach draußen findest, werde ich dir geben, was du brauchst. Nur ein paar richtige Mutationen, und du kannst wie Eiter an die Oberfläche kommen. Mein Bruder wird für dich die Arbeit übernehmen; du musst dich nur in unsere Hände geben. Ich werde dir mehr davon verschaffen, als du dir jemals träumen lässt.«
    Wie viel von seinem Körpergewicht hatte es inzwischen übernommen? Fünf Prozent? Drei bis vier Kilogramm? Sie hatte genügend Nährlösung dabei, um eine Kultur von dieser Größe zu erhalten, vielleicht einen halben Tag lang. Genug, um es abzulenken, um es in Schach zu halten.
    Wenn es wirklich allwissend war, konnte sie nicht gewinnen: Es würde den Köder erkennen und damit weitermachen, seinen Körper für den größeren langfristigen Reproduktionsvorteil umzuprogrammieren. Aber jeder Nachkomme, den es auf diese Weise produzieren konnte, lag noch mehrere hundert Zellgenerationen in der Zukunft, ein ferner Gipfel inmitten einer bedrohlichen Landschaft der Ausrottung. Es konnte weit genug vorausschauen, um zu erkennen, dass eine Explosion der somatischen Zellteilung seinen Wirtskörper töten würde. Ihm blieb also keine andere Wahl, als dafür zu sorgen, dass sein Wirt weiterexistierte und sich vermehrte. Aber wenn sie ihm einen Weg in eine geschützte Umgebung anbot, wo es Nahrung fand und sich reproduzieren konnte, Zelle für Zelle, ohne auf derartige Einschränkungen Rücksicht nehmen zu müssen, würde die Landschaft der Möglichkeiten eine neue Gestalt annehmen. Ein neuer Gipfel, nicht so hoch, aber wesentlich näher.
    Sie musste diesen Gipfel so groß wie möglich machen. Hoch genug, um das Gen vom Weg in die Freiheit abzubringen. Hoch genug, um Prabirs Kinder dahinter verschwinden zu lassen.
    Das würde ihr mit den Mitteln, die ihr an Bord zur Verfügung standen, nicht gelingen. Aber gegen Mitternacht würden sie Yamdena erreicht haben. Sie konnte selbst all die exotischen Peptide für das Medium synthetisieren, die Wachstumsfaktoren, die Zelladhäsionsmodulatoren. Was sollte sie als Basis nehmen, als Substrat? Was würde ihren Zwecken genügen? Gelatine? Agar-Agar? Sie würde die Türen sämtlicher Läden der Stadt eintreten, bis sie gefunden hatte, was sie brauchte.
    *
    Als sie sich dem Hafen von Darwin näherten, öffnete Prabir die Augen. Das erste, was er wahrnahm, war Madhusree, umgeben von Kulturflaschen und Einmachgläsern und anderen zusammengerafften Glasgefäßen, die auf dem Deck des Trawlers standen, dann die Nadel, die Eiterflüssigkeit aus seiner Armvene leitete.
    »Bist du noch da?«, fragte sie ihn. »Bist du es noch?«
    Sie betrachtete sein Gesicht. Die Haut war erschlafft und mit Lymphe gefüllt, wo die Zellen des Panzers sie überdehnt hatten, bevor sie seinen Körper verließen, um anderswo ein leichteres Leben zu führen, aber sie glaubte, dass die Anspannung der darunterliegenden Muskeln ihr einen Eindruck von seiner Mimik verschafften.
    »Kalkutta«, murmelte er sabbernd. »Nächstes Jahr. Du kannst dich nicht davor drücken.«
    Madhusree umarmte ihn und zitterte vor Erleichterung. »Wie ich mich freue, dass du wieder da bist!«
    Sie klammerte sich an ihn; ihr Glück war purer Egoismus, aber sie hatte viel mehr als ihren Bruder wiedergewonnen. Was bei ihm funktionierte, musste auch bei anderen funktionieren, beim nächsten Menschen, der sich infizierte. Sie würden sich nie mehr von dem Gen befreien können, sie konnten niemals hoffen, es völlig auszulöschen. Solange sie aus DNS bestanden, solange sie ein Teil der Natur waren, würden sie angreifbar bleiben.
    Aber diesmal hatten sie es ausgetrickst.
    Sie hatten die erste Schlacht gewonnen.
    »Wie?«, fragte Prabir. »Wie hast du es gemacht, Maddy?«
    Sie lehnte sich zurück und sah ihn an. Die schlaffe Maske seines Gesichts war zu einem erstaunten Grinsen verzerrt, als wäre sie es, die ihn von den Toten hatte wiederauferstehen lassen.
    »Mit einer Erkenntnis, die du mich gelehrt hast. Die du von ihnen gelernt hast.« Sie legte ihre Hand an seine Stirn, um ihn lächelnd zu streicheln.
    »Das Leben ist

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