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Terroir

Terroir

Titel: Terroir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Heymann-Loewenstein
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geschmacklich extrem unterschiedlichen Böden als ein Terroir zu definieren? Aber was macht nun ein Winzer, dessen Parzelle ausschließlich über Tonschiefer definiert ist? Wo wir die rauchigen undwürzigen Düfte des Ürziger Würzgartens doch weitgehend dem Porphyr verdanken?
    Auch die Sünden der Flurbereinigungsverfahren der 60 er- und 70 er-Jahre werden immer offensichtlicher, wie das Beispiel Bopparder Hamm, eine der begnadetsten Lagen des Mittelrheins, zeigt. Geologisch gesehen stehen hier neben vielen anderen Schiefern auch die Laubach-Schichten an. Dieses ursprüngliche Meeressediment bildete sich gegen Ende des Devon vor circa vierhundert Millionen Jahren im relativ flachem Wasser an der südlichen Küste von Laurussia. Dieser große Kontinent entstand durch die Kollision von zwei nach Norden triftenden Landmassen, die sich im Kambrium, das heißt vor gut fünfhundert Millionen Jahren, von der antarktischen Landmasse lösten. Hundert Millionen Jahre hat Laurussia gebraucht, um den Äquator zu erreichen. Schon damals war es dort schön warm. Die tropischen Temperaturen krochen dem uralten Gestein tief ins Gebälk und ließen es stark erodieren. Und ganz wie in den tropischen Böden von heute oxidierte das zweiwertige Eisen bis hin zum rötlich gefärbten Hämatit. Das tropische Laurussia scheint so rot gewesen zu sein, dass die Geologen ihm auch den Namen Old-Red-Kontinent gegeben haben. (Nein, nicht was Sie jetzt denken, auch wenn Friedrich Engels mal gesagt hat, dass man in der Geschichte auf die Dialektik manchmal sehr lange warten muss. Russland ist zwar aus Laurussia entstanden, aber der Rote Oktober hatte nichts mit Hämatit zu tun.)
    Viele der rötlichen Sande erodierten durch Wind und Wetter ins Meer und füllten den südlich gelegenen Rheinischen Trog. Im nun sehr flachen Meer kam es durch den ausreichend hohen Sauerstoffgehalt zu einem enormen Reichtum von Flora und Fauna. Es scheint aber auch sehr stürmisch gewesen zu sein, sodass die Korallen, Muscheln und Algen immer wieder unter dem aufgewühlten Schlick begraben wurden. Woher wir das alles wissen? Nun, vor dreihundertfünfundzwanzig Millionen Jahren, im Karbon, war der ebenfalls aus südlichen Gefilden nach Norden triftende Kontinent Gondwana unserem Old-Red-Kontinent so weit auf die Pelle gerückt, dass die Landmassen kollidierten. Ein neuer Kontinent mit dem Namen Pangea entstand. Und beim Zusammenstoß wurden die Meeressedimente des Rheinischen Trogs mit so großem Druck zusammengepresst, dass aus dem Meeresboden das Felsmassiv entstand, das wir heute Rheinisches Schiefergebirge nennen.
    So müsste man den Stein aufheben können
und in wilder Hoffnung halten,
bis er zu blühen beginnt,
wie die Musik ein Wort aufhebt und es durchhellt mit Klangkraft.
    Ingeborg Bachmann
    Steine werden unter anderem durch den relativen Anteil von Bodenpartikelchen beschrieben, die der Größe nach in Ton, Schluff und Sand unterteilt werden. Zwischen einem reinen Tonschiefer und einem hundertprozentigen Sandstein gibt es ein wunderbares semantischen Wirrwarr aus schluffigen oder sandigen Tonschiefern, schluffigen Sandsteinen oder tonigen und sandigen Schluffen. Auf die zuletzt genannte Bezeichnung hört ein großer Teil der Steine der Laubach-Schicht. Bedingt durch ihren geringen Tongehalt sind sie wie so viele Felsen des Rheinischen Schiefergebirges damit morphologisch streng genommen gar kein richtiger Schiefer. Aber dieser unwissenschaftliche Begriff hat sich nun mal eingeführt, und letztlich geht es in diesem Zusammenhang ja auch weniger um die exakte gesteinskundliche Definition als um eine önologische Relevanz. Und die lautet: Das Rheinische Schiefergebirge war im Devon ein Meeressediment, dessen sich in Jahrmillionen entwickelte heterogene Zusammensetzung heute in den verschiedenen Weinbergen auf so faszinierende Art und Weise geschmacklich unterschiedlich wahrgenommen werden kann.
    Zurück zur Laubach-Schicht. Durch den hohen Anteil immer wieder unter dem Schlick begrabener Korallen- und Muschelkolonien beträgt der Kalkgehalt der Steine circa acht Prozent. Im Vergleich dazu enthalten tonige Schiefer nur ein halbes Prozent Kalzium. Kein Wunder, dass die Felsen der Laubach-Schicht auch eine hellere, graue Färbung aufweisen.
    Wegen der vielen Fossilien, die oftmals nicht nur als Negativabdruck, sondern erstaunlicherweise trotz des sauren Regens immer noch als Original mit Kalkgehäuse gefunden werden, erfreuen sich die Steine großer Beliebtheit als

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