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Terroir

Terroir

Titel: Terroir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Heymann-Loewenstein
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U ND WO BLEIBT DER SITTLICHE N ÄHRWERT ?
    Fragender Rheinländer
    Ein Begriff, so hat es Karl Marx in der Auseinandersetzung mit seinen idealistischen Zeitgenossen formuliert, sollte nicht nur logisch wahr sein, sondern auch historisch. Recht hat er. Denn mit Logik lässt sich fast alles machen. So ist es ein Leichtes zu begründen, warum der deutsche Wein so unglaublich gut ist und die Preise trotzdem im Keller sind. Warum der Krise des deutschen Weinbaus mit neuen Marketingaktivitäten begegnet werden muss. Warum wir im deutschen Weingesetz dringend zusätzlich zu dem aus Prädikatswein, Kabinett, halbtrocken, Hochgewächs und Müller-Thurgau bestehenden Sprachsalat noch neue Qualitätsbegriffe à la Steillagenwein und Grand Reserve benötigen und gleichzeitig zu den erlaubten siebenundachtzig Rebsorten – neben Cabernet Dorsa, Dorio, Cubin und Mitos sowie den himmlischen Sirius und Solaris – noch siebzehn neue zulassen müssen. Und es liegt in der Logik der Aufklärung des modernen Verbrauchers, ihn wissen zu lassen, ob der Wein nun „objektiv“ als trocken, halbtrocken, feinherb, mild, süß oder edelsüß anzusprechen ist und ob die Zusammensetzung der verschiedenen Zucker es erlaubt, die Empfehlung „für Diabetiker geeignet“ auszusprechen. Immens wichtig ist es zu kommunizieren, ob der Alkoholgehalt nun „objektiv“ gering, mittel, hoch oder extrem hoch ist, das heißt, ob wir es mit einem leichten, gehaltvollen, mittelschweren oder alkoholischen Wein zu tun haben. Und natürlich müssen wir „objektiv“ und exakt wissen, ob die Säure als lasch, weich, harmonisch,fruchtig oder als Zieht-mir-den-Hintern-in-Runzeln rüberkommt und ob der – gleich ist es zu Ende – Polymerisationskoeffizient der Flavonoidfraktion seiner Phenole es gebietet, von einem weichen, kräftigen oder gar adstringierenden Geschmack zu sprechen, und und und …
    Und jetzt soll der Verbraucher auch noch wissen/können/müssen/sollen, ob es sich um einen Terroirwein handelt? Na dann, Prosit!
    Ja. Prosit! Denn der Begriff Terroir ist sinnvoll. Heute. Und mit einem ganz anderen Inhalt als noch vor zwanzig Jahren. Und vielleicht ist der Begriff in dreißig Jahren historisch überholt und wird ganz anders besetzt. Terroir ist keine weitere Taste eines originalverkorksten Marketingklaviers, sondern beschreibt die Gegenbewegung zu industrialisiertem Fastfood in der Weinwelt. Während immer mehr Wein zur Spielwiese von Food-Designern verkommt und auch die letzten Relikte von Weinkultur auf dem Altar der Globalisierung geopfert werden, erwächst die Sehnsucht nach ehrlichem, authentischem, kulturbeseeltem Wein – nach Terroirwein.
    Terroirwein kennt kein Rezept, er entsteht nicht durch lineares Programmieren auf der Basis eines axiomatischen Denkmodells, sondern entwickelt sich an der Grenzfläche von Handwerk und Intuition, zwischen Kontrolle und Laissez-faire, zwischen Ordnung und Chaos.
    Daher kann auch ein Terroirbuch keinen wissenschaftlichen Diskurs im traditionellen Sinn beschreiben. Das schöpferische Zusammenwirken von Weinberg, Rebe, Klima und Mensch lädt vielmehr zur Betrachtung aus verschiedenen Perspektiven ein, erlaubt ein Verstehen, Begreifen und Erspüren des komplexen Begriffs Terroir auf ganz unterschiedlichen Wirklichkeitsebenen.

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M AGIE, M ATRIX ODER M YSTERIUM ?
    Edward Witten
    W as ist Wein? Was ist guter Wein? Wer an der Oberfläche von Aussagen wie „Ein Wein muss gut schmecken“ oder „ökologisch hergestellt“ sein, nur ein klein wenig kratzt, wird schnell feststellen, dass die Zeiten einfacher Antworten vorbei sind und man Gefahr läuft, sich in einem Dschungel von Fragen zu verlieren. Was heißt schon „gut schmecken“? Soll mir der Wein schmecken, meinen Gästen, dem Weinfreak oder dem offiziellen Prüfer der Landwirtschaftskammer? Und was ist, wenn der Geschmack nach Rezepten hergestellt wurde, die, sagen wir es mal vornehm, nicht so ganz in mein Weltbild passen? Dann schmeckt der Wein gut, ist es aber nicht? Seltsam. Aber wenigstens ökologisch hergestellt soll er sein. Aber wer, bitteschön, definiert „öko“? Die Behörden in Brüssel oder Berlin, die basisdemokratische Diskussionsrunde oder der Guru? Oder mein eigenes Gefühl bei der Sache? Aber wie fühlt es sich an, zwischen Aluminiumphosphat, Kupfersulfat und Natriumbikarbonat als Spritzmittel gegen Rebkrankheiten zu entscheiden? Giftig? Und wenn, wie giftig und für wen? Für den Winzer, den Regenwurm oder den Weintrinker? Und wenn

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