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Test: Phantastische Erzahlungen

Test: Phantastische Erzahlungen

Titel: Test: Phantastische Erzahlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Kyberwespen hergestellt, ja selbst Kyberf iegen, die von mechanischen Spinnen weggefangen wurden, wenn sie sich zu stark vermehrten. Auf dem Planeten rauschte das Kyberdickicht der Kyberhaine, Kybertruhen sangen und Kyberguslas – doch außer diesen Einrichtungen zivilen Charakters gab es doppelt soviel militärische, denn der König war ein überaus streitbarer Feldherr. Er besaß in den unterirdischen Gewölben des Schlosses eine strategische Rechenmaschine von geradezu außergewöhnlicher Tapferkeit; er verfügte außerdem über kleinere Einheiten von Kybermaschinengewehren, über gewaltige Kybernonen und sonstige Waf en aller Art und hatte Kasematten voller Pulver. Nur eins bereitete ihm Kummer, und er litt sehr darunter, daß er nämlich überhaupt keine Widersacher oder Feinde hatte und niemand auch nur im entferntesten daran dachte, seinen Staat zu überfallen, wobei sich unweigerlich der schreckliche Mut des Königs, sein strategisches Genie sowie die geradezu außergewöhnliche Schlagkraf der Kyberwaf en sogleich of enbart hatten. Da es ihm an echten Feinden und Eindringlingen gebrach, befahl der König seinen Ingenieuren, künstliche zu bauen, und trug mit ihnen Kämpfe aus, die für ihn immer siegreich waren. Und da dies wirklich furchtbare Feldzüge und Schlachten waren, mußte die Bevölkerung große Unbill erdulden. Die Untertanen murrten, wenn gar zu viele Kyberfeinde ihre Siedlungen und Marktf ecken zerstörten, wenn der synthetische Gegner sie mit f üssigem Feuer übergoß, und sie wagten sogar dann ihre Unzufriedenheit zu äußern, wenn der König selbst als ihr Erlöser erschien, den künstlichen Feind aufs Haupt schlug und dabei alles, was ihm in die Quere kam, in Feuer und Rauch aufgehen ließ. Auch dann klagten also die Undankbaren, obgleich das alles nur geschah, um sie zu befreien.
      So wurde der König seiner Kriegsspiele auf dem Planeten überdrüssig, und er entschloß sich, nach den Ster nen zu greifen. Er träumte bereits von kosmischen Kriegen und kosmischen Feldzügen. Sein Planet hatte einen großen Mond, der ganz öd und wüst war; der König erlegte nun seinen Untertanen große Abgaben auf, um Mittel zu erlangen, mit denen er auf diesem Mond ganze Heere zu bauen und einen neuen Kriegsschauplatz anzulegen gedachte. Die Untertanen zahlten diese Abgaben gern, denn sie hof en, König Poleander werde sie nun nicht mehr ständig mit Kybernonen befreien und nicht mehr die Stärke seiner Waffen an ihren Häusern und ihren Häuptern erproben. Und den königlichen Ingenieuren gelang es auch, eine vortref liche Maschine auf dem Mond zu konstruieren, die selbst mannigfaltige Truppen und automatische Waf en erzeugen sollte. Der König unterzog die Tüchtigkeit der Maschine sogleich verschiedenen Prüfungen. Einmal befahl er ihr telegraf sch, einen Elektrosalto auszuführen, denn er war neugierig, ob es wahr sei, was die Ingenieure behaupteten, daß nämlich die Maschine alles könne. Wenn sie alles kann, überlegte er, dann soll sie springen. Bei der Übermittlung der Depesche unterlief jedoch ein kleiner Irrtum, und die Maschine erhielt nicht den Befehl, einen Elektrosalto auszuführen, sondern einen Elektrodrako, einen Elektrodrachen, und die Maschine setzte diese Empfehlung, so gut sie es vermochte, in die Tat um.
      Der König war damals gerade wieder auf einem Feldzug; er befreite jene Provinzen des Königreichs, die von den Kyberknechten erobert worden waren, und so vergaß er völlig den Auf rag, den er der Mondmaschine gegeben hatte. Da begannen plötzlich gewaltige Felsen vom Mond auf den Planeten herabzuprasseln. Der König staunte sehr, denn ein Gesteinsbrocken f el auf einen Flügel seines Schlosses und vernichtete seine ganze Kollektion von Kyberschraten – Heinzelmännchen mit Rückkopplung. Er telegraf erte daher sogleich höchst verärgert der Mondmaschine, wie sie denn wagen könne, so zu handeln. Sie antwortete jedoch nicht, denn sie war gar nicht mehr auf dieser Welt: Der Drache hatte sie inzwischen mit Haut und Haar verschlungen und in seinen eigenen Schwanz umgewandelt.
      Der König sandte sofort eine bewaf nete Expedition auf den Mond. An ihre Spitze stellte er eine andere Maschine, die ebenfalls sehr tapfer war, und sie sollte den Drachen vernichten. Aber es blitzte nur einmal und donnerte, und vorbei war es mit der Maschine und der ganzen Expedition; der Elektrodrache führte nämlich nicht zum Schein Krieg, sondern in vollem Ernst, und er hegte die schlimmsten

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