Teufel - Thriller
den Schnee fallen. Es schneite unvermindert. Die dicken Flocken tanzten vor seinen Augen. Der Gedanke an den Abstieg auf der anderen Seite über die rutschigen Steine war kein erfreulicher. Doch dann sah er genauer hin. Da stand ein massives Eisengerüst, das fast bis zur Mauerkrone reichte.
Der Mann grinste und richtete sich auf. »Herzlichen Dank, Professor«, murmelte er, »für das verspätete Weihnachtsgeschenk.«
Die Planken unter seinen Füßen waren rutschig und trügerisch. Als er gegen etwas stieß, das laut klappernd in der Tiefe verschwand, hielt er den Atem an. Vielleicht war das Gerüst doch keine so gute Idee gewesen.
Zwei Etagen später geschah es. Sein Rucksack blieb an einer der Querstreben hängen und riss ihn zurück. Er verlor das Gleichgewicht, stolperte über eine Schubkarre voller Werkzeug und schlug der Länge nach hin. Mit Getöse stürzten Hämmer, Steine, Haken, leere Bierflaschen in die Tiefe. Der Lärm hätte Tote geweckt.
»Verdammt, verdammt, verdammt«, zischte der Unbekannte und schaute über den Rand der Planke in den Burghof. Ein helles Quadrat aus Licht erschien auf der unberührten Schneefläche. Dann schoss ein kleiner Hund bellend aus der Tür und verschwand sofort bis zur Schwanzspitze im Schnee.
Ein verschlafener Professor Sina lugte um die Ecke. Der Eindringling blieb regungslos liegen. Er schob sich etwas vom Rand des Gerüsts zurück, näher in den Schatten der Mauer. Dabei stieß er eine Kelle an, die scheppernd an den Stützen entlang zu Boden fiel.
Das Geräusch schallte durch die Nacht und weckte Sina vollständig. Er stürzte in die Wohnküche zurück, griff nach seinem Bogen und riss eine Handvoll vorbereiteter Pfeile aus dem bereitstehenden Köcher.
Seit ihm am Neujahrsmorgen ein steter Touristenstrom den letzten Nerv geraubt hatte, war er für den Ernstfall gerüstet. Er war schließlich in die Einschicht gezogen und wollte nicht als Geheimtipp in einschlägigen Reiseführern enden.
Aber wer oder was war da draußen auf dem Gerüst?
Georg schnappte sich drei Brandpfeile, hielt sie in die Glut des Kamins und rannte auf den Burghof. Mit einem fauchenden Geräusch zog der erste Pfeil seine Lichtspur durch die Nacht und blieb in einem der Holzbretter des Gerüsts stecken.
Sina versuchte etwas zu erkennen, dann schickte er den nächsten Pfeil hinterher.
Mit großen Augen beobachtete der Eindringling den halb bekleideten Mann mit dem Bogen. »Der ist ja völlig irre«, flüsterte er entsetzt, als die Brandpfeile in seine Richtung rasten und wenige Meter von ihm entfernt im Holz stecken blieben. »Der fackelt noch das ganze Gerüst ab…«
Bevor er weiter darüber nachdenken konnte, war Sina bereits wieder verschwunden. An ein unentdecktes Eindringen war nicht mehr zu denken. Sein eigentliches Ziel, die Akte des Balthasar Jauerling, schien mit einem Mal unerreichbar. Der Unbekannte überlegte, sich wieder über die Mauerkrone zurückzuziehen. Oder sollte er es doch auf einen Kampf ankommen lassen? Und wo war der Hund?
In diesem Augenblick erschien Sina wieder auf dem Burghof, mit einem entschiedenen Gesichtsausdruck und einer Handvoll lodernder Pfeile. Von irgendwoher unter dem Gerüst ertönte gedämpftes Bellen.
Der Angreifer kramte kurz in seinem Rucksack, zog eine Handgranate hervor und entsicherte sie. Nach einem kurzen Moment entschied er sich für einen offenen Angriff. Er richtete sich auf und sah Sina im tiefen Schnee stehen und den nächsten Pfeil auf die Sehne legen.
»Das würde ich nicht tun, Herr Professor«, rief er, und seine Stimme brach sich an den Burgmauern. Georg erstarrte. Er sah eine dunkle Gestalt auf dem Gerüst kauern, eine Hand erhoben.
»Wir können uns wie zwei zivilisierte Menschen unterhalten, oder diese Handgranate wirft Sie bei der Renovierung dieser Ruine um mindestens drei Monate zurück.« Die Stimme des Mannes klang spöttisch. »Und von Ihrem Hund können Sie sich gleich verabschieden.«
»Diese Mauern haben bereits andere Kugeln gesehen und schlimmere Explosionen überstanden. Selbst Friedrich III. hat Monate gebraucht, um die Burg zu erstürmen«, gab Sina zurück und spannte ungerührt den Bogen. »Ich bin schneller in Sicherheit als Sie. Was Tschak betrifft, der ist längst im nächsten Hof. Werfen Sie!«
Stille senkte sich über den Hof. Fast lautlos stieg der Angreifer in Richtung Mauerkrone das Gerüst empor. Die Handgranate ließ er dabei nicht los. Er wollte weg von den Brandpfeilen, deren Flammen seine
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