Teufelsjagd
Gedanken zu ordnen.
»Was haben wir hier?« flüsterte er. Er tauchte die Feder in das Tintenfaß.
Punkt 1: Derjenige, der sich als Bellman bezeichnet, nagelt seine Briefe an die Portale von Kirchen und Colleges in ganz Oxford— gehässige Angriffe auf den König, aber wen kümmert das schon, abgesehen von diesem selbst?
Punkt 2: Welche der Lehrer von Sparrow Hall konnten sich so schnell in Oxford bewegen? Tripham? Appleston? Sicherlich nicht Barnett, der sein Leben hin und her gerissen zwischen der Sünde und der Reue verbringt? Oder Lady Mathilda mit ihrem Krückstock?
Oder der stille Master Moth? Der jedoch einfältig zu sein scheint und nicht einmal lesen kann.
Punkt 3: Ascham wußte etwas. Nach welchem Buch suchte er?
Warum schrieb er >P A S S E R…< mit seinem eigenen Blut, als er im Sterben lag? Und warum wurde Passerel so still in der St. Michael ‘s Church ermordet?
Corbett hob seine Feder an. Ranulf war gegangen. Er hatte gesagt, er müsse beten. Corbett hoffte, daß ihm nichts zustoßen würde. Er lächelte grimmig, als er sich an Ranulfs Kaltblütigkeit Norreys gegenüber erinnerte.
Punkt 4: Langton? Warum wurde er vergiftet? Und warum hatte er einen Warnbrief an mich bei sich?
Punkt 5: Alle diese Morde sind das Werk des Bellman. Aber warum?
Corbett legte die Feder hin und rieb sich die Augen. Er schaute auf die Stundenkerze, doch diese war so schadhaft, daß er die Markierungen kaum erkennen konnte. Er stand auf, zog seinen Wams aus, bekreuzigte sich und legte sich aufs Bett, denn er wollte eine Weile ruhen und dann Weiterarbeiten, wenn Ranulf zurück war. Er dachte an Maeve, Eleanor und Uncle Morgan in Leighton. Vielleicht saß Maeve gerade in ihrem Söller und sprach mit ihrem Onkel? Oder in ihrem Schlafzimmer? Es wurde stets so spät, bis Maeve ins Bett kam. Sie war ständig mit etwas beschäftigt und mußte immer noch was für den nächsten Tag vorbereiten. Corbett schloß die Augen, um, wie er sich vornahm, nur einen Moment zu schlafen.
Als er erwachte, waren die Fensterläden zu und die Kerzen gelöscht. Ranulf schlief tief in seinem Bett neben der Tür. Corbett hörte Geräusche unten aus dem Hof. Er öffnete die Läden, und die Sonne blendete ihn einen Augenblick. »Gott sei mir gnädig«, murmelte er, »aber ich habe gut und tief geschlafen.«
»Wirklich jenseits«, scherzte Ranulf und warf seine Decke vom Bett. »Ich war noch vor Mitternacht zurück, Herr. Die Schankstube war leer. Ihr habt geschlafen wie ein Toter.«
Ranulf wurde sich klar darüber, was er da gesagt hatte, und er entschuldigte sich. Er ging auf den Gang und kam mit einem frischen Krug Wasser zurück. Corbett entschloß sich, sich nicht zu rasieren, sondern wusch sich nur eilig. Er zog frische Hemden an, überließ dann Ranulf die Waschschüssel und begab sich nach unten in die menschenleere Schankstube. Er hatte einen halben Teller Brühe gegessen, als Bullock in die Schenke stürmte.
»Sir Hugh, Ihr kommt besser mit! Und Ihr auch!« brüllte er Ranulf an, der gerade auf der Treppe erschien. »Wir haben den Bellman gefunden!«
Corbett stieß seinen Teller weg und sprang auf.
»Den Bellman? Wie das?«
»Folgt mir!«
Sie eilten hinter ihm her auf die Straße. Ranulf lief noch einmal zurück, um ihre Schwertgürtel zu holen. Er war wieder bei ihnen, als sie gerade in die Gasse einbogen, die zur Sparrow Hall führte.
»Wer ist es?« Corbett klammerte sich an den Ärmel des Sheriffs.
»Es ist Appleston. Ihr wißt schon, der uneheliche Sohn von de Montfort!«
»Und Ihr könnt das auch beweisen?«
»Wir haben alle Beweise der Welt«, antwortete der Sheriff. »Aber das wird ihm oder Euch nicht mehr viel nützen.« Tripham, Churchley, Barnett und Lady Mathilda warteten auf sie in dem kleinen Aufenthaltsraum.
»Wir haben ihn direkt nach Sonnenaufgang gefunden«, sagte Tripham mit seiner meckernden Stimme. Er erhob sich und rang mit den Händen. »So viele Morde!« jammerte er. Das Gesicht des Konrektors war bleich und ausgezehrt. »So viele Morde! So viele Morde! Der König wird sich damit nicht abfinden.«
»Ein weiterer Mord?« fragte Corbett und schaute sich in der Runde um.
»Kein Mord«, erwiderte Lady Mathilda. »Appleston hat den Ausweg des Feiglings gewählt. Alfred Tripham wird es Euch zeigen.«
Der Konrektor führte sie die Treppe hinauf. Auf dem ersten Treppenabsatz waren zwei Diener damit beschäftigt, Laken zusammenzulegen und in eine Truhe zu packen. Sie drückten sich an die Wand, als
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