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Bisduvergisst

Bisduvergisst

Titel: Bisduvergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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    Mitte Juni hatte ich die Schnauze voll. Der Sommer war noch nicht aus seinem Mauseloch herausgekommen. Ich hörte Irish Folk rauf und runter und wurde allmählich depressiv. Seit Tagen war Nero im LKA abgetaucht.
    Mit Hauptkommissar Nero Keller hatte ich im Herbst etwas angefangen, das man Beziehung nennen konnte. Oder Bedürfnisbefriedigung. Oder Mutprobe. Leider stand sein Job als Experte für Internetkriminalität am Landeskriminalamt unseren zweisamen Bedürfnissen im Weg, denn zur Zeit hatte seine Abteilung dermaßen viel zu tun, dass kein Land in Sicht war. Offenkundig fuhrwerkten eine Menge Kriminelle im Cyberspace herum.
    Er wenigstens hatte an seiner momentanen Tätigkeit Spaß. Was ich von mir nicht behaupten konnte.
    Ich schrieb kaum.
    Das lag nicht daran, dass ich ein Faulpelz geworden wäre. Im Gegenteil: Ich konnte ganz schön was wegschaffen. Aber die Anfragen für Buchprojekte, die mir zurzeit auf den Schreibtisch flatterten, behagten mir einfach nicht. Nichts als Ratgeber – man konnte den Eindruck gewinnen, dass kein Mensch mehr fähig war, kraft seines gesunden Menschenverstandes zu überleben. Als Ghostwriterin hatte ich die Gattung Ratgeber zu meiner Spezialität gemacht, was daran lag, dass sie flott zu schreiben waren, und ich mit der mir angeborenen Überzeugungsgabe auch schwierigen Kunden klarmachen konnte, dass ich wusste, was ich tat. Doch mittlerweile ging mir das Genre furchtbar auf die Nerven. Ob ich meinen Kunden einen Text über die Überwindung des inneren Schweinehunds, den Umgang mit Schwiegermüttern oder das Burn-out-Syndrom des Gorillas schrieb – alles erschien mir banal und unecht, überflüssig zudem, und mit dem Gedanken, etwas Überflüssiges zu schreiben, kam ich nicht zurecht. Ein wenig Sinn sollte schon sein im Leben.
    Ich ging in die Küche und braute mir die fünfte Tasse Kaffee an diesem Vormittag. Ich brauchte Rituale und Traditionen. Sie verhalfen mir zu innerer Klarheit.
    Erst gestern waren zwei Anfragen reingekommen. Wie immer in letzter Minute. Die Möchtegern-Autoren bemerkten irgendwann, dass sie trotz ihres Expertenwissens nicht imstande waren, ein Buch zu schreiben. Weil sich ein Buch nicht so lässig schrieb, wie man eine Bloody Mary mixte. Weil man als Schreiberling ein bisschen Handwerk beherrschen musste. Wenn diese Erkenntnis über die Leute hereinbrach, hechteten sie ins World Wide Web und tippten ›Ghostwriting‹ in eine Suchmaschine. Und landeten, wenn ich Glück hatte, bei mir.
    ›Die Buddha-Diät‹, lautete der Arbeitstitel eines Buches, dessen Autorin mitten in der Gliederung stecken geblieben war. Daraufhin hatte sie mich beauftragt, das Opus zu verfassen. Es war versehen mit einer krausen Unterüberschrift, die garantierte, dass durch Meditation beim gleichzeitigen Verzehr bestimmter Absude in einer Woche zehn Kilogramm fallen würden. Ich sah an mir herunter. Bei mir bestimmt nicht. Purzeln würden auf keinen Fall die Problemzonen. Aber von den anderen Rundungen wollte ich nichts abgeben. Mir kämen nur die Proportionen durcheinander.
    Das Buch wäre leicht zu schreiben und würde einen Batzen Geld bringen. Ich lehnte mich an mein Barbrett und sah in die Landschaft hinaus. Wahrscheinlich hatte irgendeine feindliche Macht die Sonne vom Himmel geklaut. Die Alpen, die ich noch vor wenigen Tagen direkt vor mir aus dem Boden hatte wachsen sehen, waren abgetaucht. Ich ahnte weit entfernt die leeren Pferdekoppeln und den Kirchturm von Ohlkirchen, dem nächsten Kaff hier in meiner Ecke. Es regnete Bindfäden. Südbayern soff ab.
    Buddha-Diät, du liebe Zeit. Demnächst mailten sie mir Vorschläge wie ›Essen wie die Muttergottes‹ oder ›Die liebsten Rezepte des Herrn Jesus‹. Ich fand es nicht blasphemisch, ich fand es albern. Abgesehen davon konnte ich nicht gut kochen. Vielleicht schleppte ich deswegen einige Kilos zu viel mit mir herum. Ich stand mit meiner Mikrowelle auf gutem Fuß, selbst Nero hatte daran nichts auszusetzen, wir waren beide keine Köche. Da achteten wir eher das Gläschen Rotwein. Dagegen konnte keiner was haben. Sollte außerdem gesund sein. Ich hatte selber ein Buch geghostet, das den Titel ›Rotwein heilt‹ trug.
    Im Arbeitszimmer piepte der Rechner. Ich ging hinüber, die Tasse mit dem dampfenden tiefschwarzen Kaffee in der Hand, und rief die neu eingetroffene Mail ab.
    ›Sehr geehrte Frau Laverde, ich wurde über Ihre Homepage auf Sie aufmerksam und würde mich freuen, wenn ich Sie für mein Buchprojekt Das

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