Thailand. Stefan Loose Reiseführer E-Book (EPUB)
überdauert.
Daneben wurden stets alte Bauwerke und Skulpturen neu bearbeitet und dem Zeitgeschmack angepasst oder verblichene Wandmalereien übermalt. Nicht selten wurden mehrere Chedis übereinander errichtet, denn mit der Produktion von Neuem erwarb man sich einen größeren Verdienst als mit dem Restaurieren verfallener Werke. Dennoch zeugen zahlreiche Skulpturen und Tempelruinen von dem ästhetischen Empfinden der Menschen vergangener Jahrhunderte und beeindrucken die Betrachter durch ihre hohe künstlerische Qualität und Ausdruckskraft.
Kunstepochen in Thailand
1.– 6. Jh.
Indische Einflüsse
6.–11. Jh.
Dvaravati / Mon
8.–13. Jh.
Srivijaya (Süden)
8.–14. Jh.
Lopburi / Khmer
(8.–10. Jh. früh; 11.–13. Jh. mittel;
13.–14. Jh. spät)
13.–15. Jh.
Sukhothai
(13.–14. Jh. früh, 14.–15. Jh. spät)
? –14. Jh.
Haripunchai (Norden)
? –13. Jh.
Lanna (Norden)
14.–16. Jh.
Chiang Saen (Norden)
14.–15. Jh.
U Thong
14.–18. Jh.
Ayutthaya
18.–20. Jh.
Bangkok / Ratanakosin
Vor der Gründung des Thai-Reiches
Früheste steinzeitliche Funde , die bis zu eine Million Jahre alt sind, wurden in der Provinz Kanchanaburi gemacht. Nahe dem Dorf Ban Chiang im Nordosten Thailands entdeckte man bis zu 7000 Jahre alte Tonscherben, Waffen, Schmuck und andere Hinterlassenschaften einer der ältesten Siedlungen Südostasiens. Bereits vor 4500 Jahren, früher als in China und Indien, stellte man hier Werkzeuge und Waffen aus Bronze her.
Im ersten Jahrtausend unserer Zeitrechnung hatten sich kulturell hoch stehende Reiche entwickelt. Der Süden Thailands stand im 8. Jh. unter dem Einfluss des Srivijaya -Reiches von Palembang (Süd-Sumatra), eines der ersten buddhistischen Reiche, dessen Kunst besonders von indischen Einflüssen geprägt war. Bereits früher hatten sich in Zentral-Thailand (NakhonPathom, Lopburi, U Thong), im Irrawaddy-Delta und Tenasserim-Gebirge zahlreiche Mon-Fürstentümer zu einem lockeren Verband im Dvaravati -Reich zusammengeschlossen. Die Skulpturen und Bauwerke aus jener Zeit sind durch eine klare Linienführung sowie symmetrische, stark stilisierte Muster gekennzeichnet. Die Buddhastatuen, überwiegend in stehender Haltung, wirken recht massiv und breitflächig. Typisch sind die spiralförmigen, großen Locken sowie die zusammenlaufenden, wellenförmig geschwungenen Augenbrauen.
Die erstarkenden Khmer in Kambodscha begannen im 9. Jh. ihren Machtbereich zu festigen und nach Westen hin auszudehnen. Sie verdrängten die Mon und beherrschten die Flussebene des Menam Chao Phraya, bis sie im 13. Jh. von den Thais zurückgedrängt wurden. In Phimai, Lopburi, Sukhothai und an anderen Orten sind Zeugnisse der vom Mahayana-Buddhismus beeinflussten Khmer-Architektur erhalten geblieben, die als Lopburi -Stil bezeichnet wird. Typisch sind reich dekorierte, phallusförmige Tempeltürme, die Prangs, die auf einem rechteckigen Unterbau aufsitzen und in deren Nischen Buddhafiguren stehen. Türstürze und Fenster sind mit figürlichen Darstellungen reich dekoriert. Die Buddhabildnisse aus jener Epoche weisen, ebenso wie die Bildnisse anderer Gottheiten, stark individuelle Züge auf. Häufig tragen sie Hals- und Armketten sowie einen kegelförmigen Kopfschmuck, dessen Abschluss am Haaransatz parallel zu den fast geraden Augenbrauen verläuft. Die wulstigen, großen Lippen und flachen, breiten Nasen geben dem rechteckig geformten Gesicht einen strengen Ausdruck.
Parallel dazu entwickelte sich im nördlichen Lanna -Reich ein eigener Kunststil. Bereits vor der Gründung von Sukhothai hatten die Thais in der Gegend von Chiang Saen unter dem Einfluss der benachbarten Birmanen und des Mon-Reiches Haripunchai einen indisch beeinflussten Stil entwickelt.
Sukhothai-Periode
Mit der Gründung von Sukhothai durch den Thai-König Ramkhamhaeng war die Grundlage für die Entwicklung einer eigenen Thai-Kultur geschaffen. Typisch für die Tempelarchitektur der Sukhothai-Zeit ist der Lotosknospen-Turm. Die Buddhaskulpturen vollziehen einen deutlichen Wandel, wobei der Khmer-Stil fast völlig umgekehrt wird. Die Gesichter erhalten einen weiblichen, verklärten Gesichtsausdruck. Die spiralförmigen Haarlocken türmen sich über dem ovalen Gesicht in Form einer Stupa und enden in einer stilisierten Flamme. Über einer langen, spitzen Nase vereinigen sich die hochgeschwungenen Augenbrauen, die Lider sind halb geschlossen, während die Mundwinkel leicht nach oben gezogen sind. Die harmonisch fließenden Linien zwischen
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